AGB-Recht bei Unternehmern: Indizwirkung der §§308, 309 BGB

Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen bekanntlich einer grundsätzlichen Inhaltskontrolle. Dabei finden sich in den §§308, 309 BGB Kataloge unzulässiger AGB. Diese Normen sind aber nicht auf Unternehmer anzuwenden, wie §310 Abs.1 BGB klarstellt:

§ 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 8 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer (…) verwendet werden.

Gleichwohl finden auch bei Unternehmern die §§308, 309 BGB eine Berücksichtigung. Der BGH hat dies aktuell nochmals verdeutlicht und erläutert.

Die Entscheidung des BGH zu AGB unter Unternehmern

Der BGH erläutert das Verhältnis der §3308, 309 BGB:

Auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer verwendet werden, findet § 308 BGB keine Anwendung (§ 310 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Solche Geschäftsbedingungen unterliegen jedoch der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB, und zwar auch insoweit, als dies zur Unwirksamkeit von Vertragsbestimmungen führt, die in § 308 BGB aufgeführt sind. Dabei ist auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Bräuche angemessen Rücksicht zu nehmen (§ 310 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Das bedeutet, dass bei der Inhaltskontrolle im unternehmerischen Verkehr die in den Klauselverboten zum Ausdruck kommenden Wertungen berücksichtigt werden sollen, soweit sie übertragbar sind. Den Klauselverboten kommt im Rahmen der Inhaltskontrolle somit Indizwirkung für die Unwirksamkeit der Klausel auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr zu. Fällt eine Klausel bei ihrer Verwendung gegenüber Verbrauchern unter eine Verbotsnorm der §§ 308, 309 BGB, so ist dies ein Indiz dafür, dass sie auch im Falle der Verwendung gegenüber Unternehmern zu einer unangemessenen Benachteiligung führt, es sei denn, sie kann wegen der besonderen Interessen und Bedürfnisse des unternehmerischen Geschäftsverkehrs ausnahmsweise als angemessen angesehen werden(BGHZ 174, 1 = NJW 2007, 3774 Rn. 11 f. mwN).

Bedeutung für AGB im kaufmännischen Verkehr

Die Auswirkungen sind durchaus beachtlich: Wenn eine AGB-Klausel zwischen Unternehmern geprüft wird, ist durchaus ein Blick auf die Kataloge in den §§308, 309 BGB zu werfen. Wenn hier ein Verstoss festgestellt wird, ist dies erst einmal ein Indiz für eine Unwirksamkeit der jeweiligen AGB. Sodann ist durch das Gericht zu prüfen, ob das Indiz für eine unangemessene Benachteiligung durch Notwendigkeiten bzw. Interessen im geschäftlichen Verkehr widerlegt werden kann.

Das bedeutet weiterhin nicht, dass „durch die Hintertüre“ die §3308, 309 BGB unreflektiert Anwendung im unternehmerischen Verkehr finden. Gleichwohl sind sie eben nicht vollkommen bedeutungslos und sie bedeuten gerade, dass das Gericht sich aktiv mit der Interessenlage der Parteien auseinander zu setzen hat. Für Unternehmen besteht hier ein durchaus beachtliches Risiko, dass einem eigene AGB sprichwörtlich „um die Ohren fliegen“.

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner