Amtsgericht Eschweiler zum vorzeitigen Abbruch einer eBay-Auktion

Beim Amtsgericht Eschweiler (26 C 111/13) ging es um eine vorzeitig beendete (abgebrochene) eBay-Auktion. Dabei stritten Anbieter und Höchstbietender darum, ob der Höchstbietende – er hatte 1 Euro geboten zum Zeitpunkt des Abbruchs der eBay-Auktion – den PKW, immerhin einen VW Golf 4 Cabrio, geliefert bekommen muss. Das Amtsgericht Eschweiler sprach den Anspruch zu: Der Kaufvertrag ist zu 1 Euro zu Stande gekommen.

Ich setze die Rechtsprechung zum Thema „Abbruch einer eBay-Auktion“ inzwischen als bekannt voraus, ansonsten kann sie hier bei uns nachgelesen werden: Wer eine eBay-Auktion ohne rechtlich anerkannten Grund vor dem eigentlichen Ende abbricht, der hat einen Vertrag mit dem zu diesem Zeitpunkt Höchstbietenden abgeschlossen. Die Entscheidung aus Eschweiler nehme ich hier nur insoweit auf, als dass es eine der wenigen aus unserer Region zum Thema ist – und auch interessante Details bereit hält.

Nachträglicher bekannt gewordener Mangel berechtigt zum Abbruch
Das Amtsgericht Eschweiler vertritt im Ergebnis den Standpunkt, dass eine eBay-Auktion auch dann abgebrochen werden kann, wenn die Kaufsache von Anfang an einen Mangel hatte, der erst später dem Verkäufer bekannt wurde. Hintergrund ist, dass nicht jede abgebrochene eBay-Auktion zu einem (ungewollten) Vertragsschluss führt, sondern nur dann, wenn kein anerkannter Grund für den Abbruch vorliegt. Bisher anerkannt sind jedenfalls die Fälle, in denen unverschuldet nach Auktionsbeginn die Kaufsache dem Verkäufer gestohlen wurde oder diese beschädigt wurde. Unklar ist, wie man mit einem versteckten Schaden umgeht, der schon von Anfang an vorhanden war, dem Verkäufer aber nach Auktionsbeginn erst bekannt wurde. Das Gericht hierzu:

Umstritten ist, ob auch Umstände, die bereits bei Einstellung des Angebots vorlagen, die der Verkäufer aber erst später entdeckte und zuvor nicht kannte und auch nicht kennen musste, von dem Widerrufsvorbehalt umfasst sind oder nicht […] Dabei legt ein Vergleich mit dem gesetzlichen Leistungsstörungsrecht nahe, dass die Konstruktion eines Widerrufsrechts für von Anfang an bestehende Leistungshindernisse, die erst nachträglich bekannt werden, ohne dass dies vom Verkäufer zu vertreten ist, vorzugswürdig ist, weil ein solcherart handelnder Verkäufer auch für den Fall, dass die Mängel erst nach Vertragsschluss erkannt worden wären, auch nicht gemäß § 311 a Abs. 2 BGB haften müsste […]

Dabei bezieht sich das Amtsgericht Eschweiler ausdrücklich auf eine frühere Entscheidung des LG Bonn (hier bei uns) und stimmt dieser inhaltlich zu.

Pflicht Bieter zu kontaktieren
Weiterhin sieht das Gericht den Anbieter in der Pflicht: Dieser müsse vor einem Auktionsabbruch die bisherigen Bieter kontaktieren und über die Sachlage informieren. Weiterhin trifft ihn eine erweiterte Darlegungslast:

Tut der Anbieter dies nicht, muss er konkrete Angaben zu den Gründen und zum zeitlichen Verlauf (Start der Auktion, Zeitpunkt der Kenntniserlangung, Zeitpunkt der Reaktion) machen.

Beharren auf Kaufpreis nicht sittenwidrig
Das Traumauto für 1 Euro – hier spricht natürlich einiges an Empfinden dafür, dass es treuwidrig sein könnte, bei einem derartigen Missverhältnis von Preis/Leistung von einer Treuwidrigkeit zu sprechen, wenn der enttäuschte Bieter auf Erfüllung besteht. Zu Recht verweist das Amtsgericht darauf, dass die gängige Rechtsprechung hier kein Problem hat:

Insbesondere ist der niedrige Kaufpreis kein Grund, wegen Sittenwidrigkeit von einer Nichtigkeit des Vertrags auszugehen. Denn die Beklagte hätte ohne Weiteres einen Mindestpreis festsetzen können, um einen Verkauf des Fahrzeugs unter Wert zu verhindern. Auf eine verwerfliche Gesinnung des Klägers kann nicht allein deshalb geschlossen werden, weil es ihm auf einen „Schnäppchenpreis“ ankam, denn gerade das Erzielen von „Schnäppchen“ soll über das Auktionsportal von eBay ermöglicht werden […] Dabei entspricht es durchschnittlichen taktischen Erwägungen, wenn nicht bereits zu Beginn der Auktion ein hohes Gebot, sondern lediglich ein schrittweise zu erhöhendes Maximalgebot abgegeben wird. Die Möglichkeit der Steigerung des höchsten Gebots hat vorliegend die Beklagte dadurch vereitelt, dass sie vor regulärem Ablauf die Auktion beendet hat […] Darüber hinaus ist den Teilnehmern einer Internetauktion regelmäßig bewusst, dass die Ermittlung der Höhe der Gegenleistung auch von anderen Faktoren als allein dem üblichen Marktwert eines Artikels abhängt […]

Fazit: Erst denken, dann Auktion beenden
Ich musste in der Vergangenheit einige solcher Fälle durchfechten. Allgemein lässt sich sagen, dass nur dringend angeraten werden kann, nicht blind eBay-Auktionen zu beenden. Es gibt gute Gründe eine Auktion zu beenden, insbesondere wenn der Anbieter unverschuldet Gefahr läuft, bei Ende der Auktions Schadensersatzpflichtig zu werden. Rein wirtschaftliche Interessen genügen aber nicht – und das Ergebnis kann ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden sein, insbesondere wenn es um den Verkauf von PKW geht.

Beachten Sie dazu bei uns:

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner