Bekanntlich werden gerichtliche Entscheidungen – inzwischen regelmässig und bei geklärten rechtlichen Grundlagen – veröffentlicht. Dies kann für Betroffene aber durchaus ärgerlich sein, etwa wenn eine Entscheidung wenig populär ist und durch die in der gerichtlichen Entscheidung geschilderten Umstände Rückschlüsse auf Parteien möglich sind. Verständlich daher, wenn man identifizierende Rückschlüsse verhindern möchte.
Tatsächlich gilt auch, dass wenn eine gerichtliche Entscheidung veröffentlichungswürdig ist, eine veröffentlichungsfähige Fassung unter Anonymisierung und Neutralisierung erfolgt. Das funktioniert auch meistens ganz gut – doch in markenrechtlichen Angelegenheiten ist die Entscheidung ohne Darstellung der beteiligten Kennzeichen regelmässig schwierig zu verstehen; daher ist es gängige Praxis, die Kennzeichen darzustellen oder so zu beschreiben, dass man genau weiss worum es geht. Somit wird die gesamte Entscheidung aber hinsichtlich der betreffenden Partei identifizierbar. Ist das zulässig?
Das OLG Frankfurt (20 VA 21/17) sieht es als bei der Veröffentlichung von Entscheidungen in markenrechtlichen Streitigkeiten grundsätzlich nicht zu beanstandendes Vorgehen, wenn Abbildungen und Nennung von Marken und geschäftlichen Zeichen ebenso wie Registernummer der Marken nicht anonymisiert und neutralisiert werden.
Das OLG macht deutlich, dass aus seiner Sicht darauf abzustellen ist, ob eine solche Unkenntlichmachung sachlich überhaupt geboten ist. Dabei sieht das Gericht natürlich, dass durch die Nennung des Kennzeichens die Prozesspartei als deren Inhaber (jedenfalls nach einer Recherche) identifizierbar wird – doch ist dies eben auch der Grund des Kennzeichens, es soll ja Publizität sichern und eine Zuordnung (rechtlich) absichern. Vielmehr – und den Aspekt finde ich richtig und wichtig – ist ja sogar zu sehen, dass die Entscheidung auch möglicherweise hinsichtlich des Schutzumfangs einer Marke ergeht und die Öffentlichkeit gerade hieran konkretes Interesse hat:
Gerichtliche Entscheidungen, die Feststellungen zur Kollision einer angemeldeten oder eingetragenen Marke (§ 9 Abs. 1, § 14 Abs. 2 MarkenG) mit anderen Marken, Zeichen, Angaben usw. treffen, sind nicht nur im Hinblick auf die Klärung abstrakter Rechtsfragen für die Öffentlichkeit von Interesse, sondern gerade auch im Hinblick auf den Schutzumfang, den die konkrete – wie gesagt notwendigerweise öffentlich gemachte – Marke beanspruchen kann. An derartigen gerichtlichen Entscheidungen setzt sich nach Auffassung des Senats die Publizität der Marke wie auch der im Markenregister veröffentlichten Daten fort.
Der Markeninhaber als Beteiligter des Rechtsstreits hat die Wiedergabe der Marke bei einer Veröffentlichung der Entscheidung durch das Gericht einschließlich weiterer Informationen, welche diese im Markenregister identifizierbar machen, daher in aller Regel hinzunehmen. Ein Eingriff in sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung liegt im Hinblick auf die Offenbarung seiner Stellung als Inhaber der betroffenen Marke schon gar nicht vor, da diese Information – wie gesagt – ohnehin öffentlich ist. Es hat im Hinblick auf die sich daraus zwangsläufig mittelbar ergebende Information, dass er Partei des markenrechtlichen Prozesses ist, wegen der genannten grundlegenden rechtlichen Folgen der Stellung als Inhaber einer Marke im Grundsatz zurückzutreten, zumal auch diese Information wegen des Öffentlichkeitsgrundsatzes der §§ 169, 173 GVG ebenfalls bereits öffentlich geworden ist.
OLG Frankfurt, 20 VA 21/17
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