Beginn regelmäßiger Verjährungsfrist bei Anspruch auf Zahlung von Vertragsstrafe nach „Hamburger Brauch“

Dass die regelmäßige Verjährungsfrist bei einem Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe nach „Hamburger Brauch“ nicht zu laufen beginnt, bevor der Gläubiger die Höhe der vom Schuldner verwirkten Vertragsstrafe festgelegt hat und der Vertragsstrafeanspruch damit fällig geworden ist, konnte der BGH (I ZR 141/21) klarstellen.

Sachverhalt

Der Kläger, ein Berufsfotograf, hatte eine Unterlassungserklärung von dem Beklagten erhalten, der ein Lichtbild des Klägers unbefugt auf eBay verwendet hatte. Trotz der Unterlassungserklärung blieb das Bild bis Mai 2014 auf verschiedenen eBay-Seiten abrufbar. Der Kläger forderte erst im Dezember 2016 und erneut im Dezember 2017 und Oktober 2019 die Zahlung einer Vertragsstrafe, was der Beklagte verweigerte. Der Kläger reichte schließlich im Dezember 2019 Klage ein.

Entscheidung des BGH

Der BGH hat entschieden, dass bei einem Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe nach „Hamburger Brauch“ die regelmäßige Verjährungsfrist erst beginnt, wenn der Gläubiger die Höhe der Vertragsstrafe festgelegt hat und der Anspruch damit fällig geworden ist:

  • Nach § 199 Abs. 1 BGB beginnt die Verjährung mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat.
  • Bei einer Vertragsstrafe nach „Hamburger Brauch“ ist der Anspruch erst dann entstanden und damit verjährungsrelevant, wenn der Gläubiger die Höhe der Vertragsstrafe festgelegt hat.
  • Die Festlegung der Vertragsstrafe durch den Gläubiger im Dezember 2016 setzte die Verjährungsfrist in Gang, sodass die Verjährung frühestens Ende 2019 eintrat. Das Berufungsgericht hatte fälschlicherweise angenommen, die Verjährung beginne bereits mit der letzten Zuwiderhandlung im Mai 2014.

Aus der Entscheidung

Die Entscheidung betont die Bedeutung der Fälligkeit für den Beginn der Verjährungsfrist bei Vertragsstrafeansprüchen nach „Hamburger Brauch“. Gläubiger müssen daher die Vertragsstrafe rechtzeitig festlegen, um die Verjährung zu verhindern:

In einem solchen Fall bestimmt bei einer Zuwiderhandlung des Schuldners der Gläubiger gemäß § 315 Abs. 2 BGB gegenüber dem Schuldner die angemessene Höhe der nach § 339 Satz 2 BGB verwirkten Vertragsstrafe formlos durch eine einseitige empfangsbedürftige Erklärung (…) Verweigert der Schuldner unberechtigt die Annahme einer schriftlichen Vertragsstrafenbestimmung seitens des Gläubigers, muss er sich gemäß § 242 BGB so behandeln lassen, als sei ihm die Erklärung zugegangen (…)

Ein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe wegen schuldhaften Verstoßes gegen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung, die … wegen der Beanstandung einer Urheberrechtsverletzung abgegeben worden ist, verjährt als ausschließlich vertraglich begründeter Anspruch nach den zivilrechtlichen Regelungen der §§ 194 ff. BGB (…) Gemäß § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre. Sie beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (Nr. 1) und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (Nr. 2).

Besteht die geschuldete Leistung in einem Unterlassen, so tritt gemäß § 339 Satz 2 BGB die Verwirkung der Vertragsstrafe mit der Zuwiderhandlung ein. Mit dem schuldhaften Verstoß des Schuldners gegen seine strafbewehrte Unterlassungserklärung fällt die Vertragsstrafe automatisch an, so der BGH:

Das gilt auch im Fall eines Vertragsstrafeversprechens nach „Hamburger Brauch“, bei dem der Gläubiger die Höhe der angefallenen Vertragsstrafe gemäß § 315 Abs. 1 und 2 BGB noch konkretisieren muss (…) Ein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe nach „Hamburger Brauch“ wird – anders als ein Anspruch auf Zahlung einer festen Vertragsstrafe – nicht schon mit der Zuwiderhandlung fällig, sondern erst, wenn der Gläubiger nach § 315 Abs. 1 und 2 BGB sein Leistungsbestimmungsrecht gegenüber dem Schuldner verbindlich ausgeübt und die Höhe der verwirkten Vertragsstrafe wirksam konkretisiert hat (…)

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner