Betreiben sozialer Medien mit Kommentarfunktion durch eine öffentliche Verwaltung

In einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) wurde entschieden, dass das Betreiben sozialer Medien mit Kommentarfunktion durch eine öffentliche Verwaltung als technische Einrichtung zur Überwachung der Beschäftigten angesehen werden kann und daher unter die Mitbestimmung des Personalrates fällt (Aktenzeichen: 5 P 16/21).

Sachverhalt

Im spezifischen Fall ging es um die Nutzung sozialer Medien durch das Direktorium der Deutschen Rentenversicherung Bund, welches die Seiten für verschiedene Zwecke wie die Gewinnung von Nachwuchskräften betrieb. Der Hauptpersonalrat forderte ein Mitbestimmungsverfahren hinsichtlich der Kommentarfunktion dieser sozialen Medien, da er der Ansicht war, dass diese Funktion zur Überwachung des Verhaltens oder der Leistung der Beschäftigten genutzt werden könnte.

Gerichtliche Entscheidung

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) hatte ursprünglich gegen den Personalrat entschieden, indem es feststellte, dass die Kommentarfunktion in den sozialen Medien keine technische Überwachungseinrichtung darstelle, da keine automatische Datenerhebung oder -auswertung erfolge. Der Personalrat legte jedoch Rechtsbeschwerde ein.

Das BVerwG hob den Beschluss des OVG auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung zurück. Das Bundesverwaltungsgericht betonte, dass die Einordnung als technische Überwachungseinrichtung nicht generell abgelehnt werden könne, sondern von den Umständen des Einzelfalls abhänge. Insbesondere sei zu prüfen, ob die Kommentarfunktion tatsächlich eine Überwachung des Verhaltens oder der Leistung der Beschäftigten ermöglichen könnte.

Rechtliche Analyse

Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung des Persönlichkeitsschutzes der Beschäftigten im Kontext moderner Kommunikationstechnologien. Das Gericht erkannte an, dass die Kommentarfunktion in sozialen Medien das Potenzial hat, zur Überwachung der Beschäftigten zu dienen, wenn diese Funktion es erlaubt, Verhaltens- oder Leistungsdaten zu sammeln. Damit ist die Einrichtung oder Anwendung dieser Funktion mitbestimmungspflichtig nach § 75 Abs. 3 Nr. 17 des Bundespersonalvertretungsgesetzes in der alten Fassung (BPersVG a.F.) bzw. § 80 Abs. 1 Nr. 21 BPersVG in der neuen Fassung.

Fazit und Auswirkungen

Dieses Urteil hat wesentliche Implikationen für die Mitbestimmungsrechte in der öffentlichen Verwaltung, insbesondere im Hinblick auf den Einsatz neuer Technologien zur Kommunikation und Information. Öffentliche Einrichtungen müssen nun die potenziellen Überwachungsmöglichkeiten durch soziale Medien ernst nehmen und sicherstellen, dass die Mitbestimmungsrechte des Personalrats gewahrt werden, bevor solche Technologien eingeführt oder angewendet werden.

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner