Bezahlen mit NFC: Rechtsprobleme im Vorbeigehen

Es ist absehbar, dass es sich hierbei weniger um einen Hype als langfristige Perspektive handelt: Das „kontaktlose Bezahlen“ mittels Near Field Communication (NFC) im Alltag, speziell im Bereich der kleinen alltäglichen Zahlungen, auch „Micropayment“ genannt. Bereits seit Jahren ist absehbar, dass Bargeld und Zahlungen abstrakter werden, dass man weniger mit echtem Geld zahlt, als mit digitalisierten Zahlungsströmen. Das einfachste Beispiel ist die heute längst übliche Bezahlung seiner Einkäufe an der Supermarktkasse „mit der Karte“.

Das Ergebnis ist zweischneidig: Einmal einen sicherlich vereinfachten und beschleunigten Zahlungsvorgang, andererseits ist zu erleben, dass immer mehr (junge) Menschen das Gefühl für den Umgang mit Geld verlieren und zudem erhebliche neue Sicherheitsprobleme auftreten. Dabei stehen wir mit vergleichsweise primitiven Techniken wie Skimming gerade einmal am Anfang, es ist zu erwarten, dass massenhafte Infiltration der Zahlstationen in den Geschäften bald ein zunehmendes Problem ist.

Mit dem Bezahlen per „NFC“ wird das ohnehin problematische Feld wohl noch weiter eröffnet. Dabei wird der bisherige digitale Zahlungsvorgang noch weiter vereinfacht, es geht darum PIN/Unterschrift endgültig überflüssig zu machen. Vorteil: Das Bezahlen geht noch schneller. Nachteil: Es fällt das einzige Prüfkriterium bei der Karteninhaberschaft bzw. Verfügungsbefugnis weg. Bei Girokarten versuchen die Banken diese Frage wohl auf eine interessante Art in den Griff zu bekommen – es sind (derzeit) nur Zahlungen bis 20 Euro auf dem Weg möglich. Da man mit dieser Summe aber weder einen ernsthaften Familieneinkauf, geschweige denn eine Tankfüllung, bewältigen kann, ist meines Erachtens absehbar, dass diese Summe letztlich irgendwann erhöht werden wird.

Kern des Problems, und damit die rechtliche Frage, wird am Ende sein, wie man damit umgeht, wenn jemand sich kurzzeitig der Karte eines anderen bemächtigt und dank nicht vorgenommener Kontrolle über das Geld verfügt. Dass es strafbar ist, sollte ausser Frage stehen, so auch erste Urteile.

Ich sehe hier letztlich eine Situation vergleichbar zum Entwenden eines 20-Euro-Scheins aus einem Portmonee: Einen Anspruch auf Rückzahlung gegenüber dem Händler kann ich bei dem Geprellten Karteninhaber nicht erkennen- es mangelt hier an einer vertraglichen Beziehung. Es verbliebe damit bei einem bereicherungsrechtlichen Anspruch gegenüber demjenigen, der mit der Karte unerlaubt zahlte. Ob Ansprüche gegenüber der Kartenausgebenden Bank bestehen kann m.E. regelmässig dahin stehen, da hier §675v I BGB greifen wird – anders ist dies dann, wenn eine Verfügung nach Anzeige des Abhanden-kommens der Karte vorgenommen wird (§675v III S.1 BGB). Interessant wäre die andere Konstellation, in der nicht vorsätzlich, sondern durch einen technischen Fehler versehentlich mit einer anderen Karte gebucht werden würde, also etwa von der Karte eines Nachbarn in der Schlange an der Kasse. Technisch soll dies ausgeschlossen sein, die Zeit wird zeigen, ob dieser Fall eines Tages auftritt. Diese Konstellation wäre rechtlich als ungerechtfertige Bereicherung zu werten, die zwischen Zahlungsdienstleister des Supermarkts und betroffenem Kunden zurück abzuwickeln wäre.

Anmerkung: So interessant der technische und rechtliche Ausblick auch ist, verbleibt zu hoffen, dass die Konsumenten sich wieder ein Stück weit auf das Geld als Wert besinnen. Es mag noch so nützlich sein: Die Digitalisierung des Alltags zeigte in den Vergangenen Jahren zunehmend, dass es dazu verleitet, den Wert der betroffenen Güter zunehmend herab zu schätzen. Der nun einsetzende Trend beim Geld als Zahlungsmittel hat da bei Musik ein gutes Vorbild erlebt. Damit ist nicht die Diskussion um Urheberrechte gemeint, sondern alleine die Tatsache, dass meine persönliche Erfahrung zeigt, dass gerade junge Menschen mit Festplatten voll Musik am Ende die einzelnen Stücke, Stile oder auch Ideen weniger genießen als zu der Zeit in der man sich ein einzelnes Album mit Vorfreude holte und genoss. Vielleicht ist es in vielerlei Hinsicht gut, wenn man manches auch einfach in der Hand halten kann?

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner