BGHZ 26, 349 – Herrenreiter

Der Herrenreiter-Fall behandelt im Detail die Frage des „allgemeinen Persönlichkeitsrechts“ und führte letztlich zur höchstrichterlichen Bestätigung, dass es bei Verletzung dieses Rechts ein Schmerzensgeld geben könne.

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Nachdem durch Art. 1, 2 GG das Recht zur freien Selbstbestimmung der Persönlichkeit als ein Grundwert der Rechtsordnung anerkannt ist, ist es gerechtfertigt, in analoger Anwendung des § 847 BGB auch dem durch die unbefugte Veröffentlichung seines Bildes Verletzten wegen eines hierdurch hervorgerufenen, nicht vermögensrechtlichen Schadens eine billige Entschädigung in Geld zu gewähren.

Sachverhalt
Der Kläger ist Mitinhaber einer Brauerei in K. Er betätigt sich als Herrenreiter auf Turnieren. Die Beklagte ist Herstellerin eines pharmazeutischen Präparats, das nach der Vorstellung weiter Bevölkerungskreise auch der Hebung der sexuellen Potenz dient. Sie hat zur Werbung für dieses Mittel in der Bundesrepublik, u.a. auch in K., ein Plakat mit der Abbildung eines Turnierreiters verbreitet. Dem Plakat lag ein Originalphoto des Klägers zugrunde, das von dem Presseverlag S. auf einem Reitturnier aufgenommen worden war. Eine Einwilligung zur Verwendung seines Bildes hatte der Kläger nicht erteilt.
Der Kläger nimmt die Beklagte für den Schaden in Anspruch, der ihm durch die Verbreitung des Werbeplakats entstanden ist. Er macht geltend, daß ihm bei der gegebenen Sachlage nur der Weg bleibe, Ersatz dessen zu fordern, was er erlangt haben würde, wenn er der Beklagten die Benutzung seines Bildes gestattet hätte. Da seine geschäftliche und gesellschaftliche Stellung es ihm nicht gestatteten und seine Vermögensverhältnisse ihn auch in keiner Weise dazu nötigten, sein Bild für Werbezwecke, insbesondere für das Präparat der Beklagten, zur Verfügung zu stellen, würde er dies, wenn überhaupt, nur für ein angemessenes Entgelt getan haben. Dieses sei schätzungsweise auf mindestens 15 000 DM zu bemessen.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, einen angemessenen, vom Gericht festzusetzenden Betrag als Schadensersatz zu zahlen.
Die Beklagte hat behauptet, daß die Gesichtszüge des Klägers infolge von Retuschierungen auf dem Plakat nicht zu erkennen gewesen seien. Sie hat weiter jedes Verschulden in Abrede gestellt und vorgetragen: Sie habe das Plakat weder selbst entworfen und hergestellt noch das Bild von dem Verlag S. erworben. Damit habe sie vielmehr das Werbeunternehmen H. beauftragt. Diese Firma sei seriös, fachkundig und zuverlässig, so daß sie, die Beklagte, sich darauf verlassen habe, daß Rechte Dritter nicht verletzt würden. Sie habe nicht wissen können, daß das Plakat auf Grund einer Photographie entworfen worden sei, auch nicht, daß das Photo einen Herrenreiter darstelle. Erst im Laufe des Prozesses habe sie erfahren, daß es sich tatsächlich um ein Bild des Klägers handle. Daraufhin habe sie unverzüglich jede Weiterverwendung der Reklame untersagt.
Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1000 DM als Schadensersatz zu zahlen. Das Oberlandesgericht hat die Beklagte verurteilt, 10 000 DM an den Kläger zu zahlen. Die Revision der Beklagten blieb erfolglos.

Aus den Gründen:
Das Berufungsgericht entnimmt in Übereinstimmung mit dem Landgericht dem beanstandeten Plakat, daß die Darstellung des Reiters die Person des Klägers trotz der vorgenommenen Retuschierungen noch erkennen lasse. Es geht deshalb rechtlich bedenkenfrei davon aus, daß die Verbreitung des Plakates ohne die Zustimmung des Klägers dessen persönlichkeitsrechtliche Befugnisse an seinem Bild verletzt habe und die Beklagte gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 22 KunstUrhG zum Schadensersatz verpflichtet sei, wenn ihr ein Verschulden zur Last zu legen sei (vgl. RG JW 1929, 2257; BGHZ 20, 345, 347 ff.). Das hat das Berufungsgericht aus der Erwägung bejaht, die Beklagte habe nicht die nach den Umständen gebotene Sorgfalt beobachtet, weil sie das von dem Werbeunternehmen H. angefertigte Plakat in den Verkehr gebracht habe, ohne sich darüber zu vergewissern, ob die abgebildete Person mit der beabsichtigten Verwendung ihres Bildes einverstanden sei.

Als Schaden billigt das Berufungsgericht dem Kläger unter dem Gesichtspunkt der entgangenen Lizenzgebühr einen Betrag zu, den er hätte verlangen können, wenn zwischen den Parteien ein Vertrag zu angemessenen Bedingungen zustande gekommen wäre. Das Berufungsgericht hält diese bei Verletzung von Urheberrechten entwickelte Art der Schadensberechnung im vorliegenden Fall für gerechtfertigt, weil es für den Kläger schwer nachweisbar sei, ob und in welcher Höhe ein Schaden in seinem Vermögen entstanden sei. Es schätzt den angemessenen Betrag im Gegensatz zum Landgericht, das 1000 DM als ausreichend angesehen hat, auf 10 000 DM.

Der Revision ist, wenngleich sie damit im Ergebnis keinen Erfolg haben kann, zuzugeben, daß diese Begründung des Berufungsgerichts rechtlich zum Teil der Besonderheit der Sachlage nicht gerecht wird.

1. Die Revision bestreitet nicht, daß der Schaden auch bei Verletzung der persönlichkeitsrechtlichen Befugnisse am eigenen Bild nach dem Entgelt bemessen werden kann, das bei Abschluß einer Vereinbarung vermutlich zu entrichten gewesen wäre. Sie ist indessen der Ansicht, daß diese Methode der Schadensberechnung, die der erkennende Senat in dem Urteil vom 8. Mai 1956 (BGHZ 20, 345 ff. — Dahlke) bei unbefugter Verbreitung eines Bildes für zulässig erklärt hat, nicht in Betracht kommen könne, wenn feststehe, daß der Abgebildete die Verwendung seines Bildes zu Werbezwecken aus besonderen Gründen niemals gestattet hätte. Würden im Streitfall tatsächlich eingetretene Vermögensschäden in Rede stehen, so wäre dieser Revisionsangriff nicht begründet. Denn nach ständiger Rechtsprechung und der in der Rechtslehre vertretenen Auffassung handelt es sich bei der Anerkennung des Anspruchs auf angemessene Vergütung nicht um die Anwendung der allgemeinen Bestimmungen des Schadensersatzrechtes, sondern um ihre gewohnheitsrechtliche Ergänzung für den Fall der Verletzung von vermögenswerten Ausschließlichkeitsrechten, die auf der Billigkeitserwägung beruht, daß der Verletzer durch die Verletzung nicht besser gestellt sein soll, als er im Falle einer ordnungsgemäß nachgesuchten Erlaubnis gestanden hätte. Der Anspruch auf angemessene Vergütung ist deshalb in allen Fällen eines unerlaubten Eingriffs in Ausschließlichkeitsrechte gegeben, wenn die Erlaubnis üblicherweise von der Zahlung eines Entgelts abhängig gemacht wird und der Eingriff demgemäß nach den Gepflogenheiten des täglichen Lebens bei der Art des verletzten Rechts — wenn überhaupt — nur gegen eine Vergütung gestattet wird (BGHZ 20, 345, 353 ff.). Es ist keineswegs erforderlich, daß ein Vertrag bei einwandfreiem Verhalten des Verletzers tatsächlich zustandegekommen wäre (vgl. auch Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht S. 307).

2. Der Revision ist indessen darin beizutreten, daß das Berufungsgericht durch die von ihm gewählte Berechnungsmethode in Wahrheit nicht die wirtschaftliche Einbuße des Klägers zu ermitteln versucht hat, vielmehr die Vergütung nach der ideellen Beeinträchtigung des Klägers bemessen hat. Insbesondere die Begründung des Berufungsurteils für die Höhe des dem Kläger entstandenen Schadens zeigt, wie die nachfolgenden Erörterungen ergeben werden, daß auch nach Ansicht des Berufungsgerichts der Kläger tatsächlich einen irgendwie faßbaren Vermögensschaden nicht erlitten hat. In Wahrheit verlangt er nicht Ersatz eines gar nicht vorhandenen Vermögensschadens, sondern begehrt eine fühlbare Genugtuung für einen widerrechtlichen Eingriff in seine durch § 22 KunstUrhG, Art. 1 und 2 Grundgesetz geschützte Persönlichkeitssphäre.

Er begehrt Genugtuung dafür, daß ihn das weitverbreitete Plakat, indem es ihn ohne sein Wissen in der Pose des Herrenreiters für das — auch sexuelle — Kräftigungsmittel der Beklagten werben, man könnte fast sagen: reiten ließ, in eine weithin demütigende und lächerliche Lage gebracht hat. Bei einer solchen Fallgestaltung ist es aber in der Tat sinnwidrig, einen Schadensersatzanspruch auf Grund der Fiktion eines abgeschlossenen Lizenzvertrages zuzubilligen. Diese Art der Schadensberechnung kommt nur in Betracht, wenn davon ausgegangen werden kann, daß ein Vermögensschaden irgendwelcher Art zugefügt worden ist und nur der oftmals schwierige Nachweis der Höhe dieses Schadens erleichtert werden soll. Sie versagt, wenn eine Beeinträchtigung vermögensrechtlicher Belange überhaupt nicht in Frage steht. Sie versagt im vorliegenden Falle auch um deswillen, weil sie dem Kläger ein Verhalten unterstellen müßte, das er — und nicht nur er, sondern auch alle andern in der gleichen beruflichen und gesellschaftlichen Stellung befindlichen Personen — als kränkend und als erneute Persönlichkeitsminderung empfinden müßten. Sie müßte unterstellen, daß der Kläger sich für viel Geld doch freiwillig in die unwürdige Lage gebracht hätte, gegen die er sich nun wehrt. Dem Klaganspruch kann deshalb nicht auf Grund der vom Berufungsgericht gewählten Berechnungsmethode mit Hilfe der Fiktion einer entgangenen Lizenzgebühr stattgegeben werden.

3. Auch eine Klagebegründung aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung verbietet sich im Hinblick darauf, daß der Kläger eine vermögensrechtliche Benachteiligung nicht erfahren hat und demzufolge auch eine Vermögensverschiebung als Voraussetzung der in §§ 812 ff. BGB normierten Ansprüche nicht gegeben ist.

4. Versagt hiernach die Art der Schadensberechnung, die das Berufungsgericht seinen Feststellungen über die Schadenshöhe zugrunde gelegt hat und erweist sich, daß dem Kläger in Wahrheit kein vermögensrechtlicher Schaden entstanden ist, so geht die entscheidende Frage dahin, ob der Kläger Ersatz des immateriellen Schadens verlangen kann, der sich für ihn aus der mit der Abbildung seiner Person auf den Werbeplakaten verbundenen Beeinträchtigung seiner Persönlichkeit ergeben hat. Für den vorliegenden Sachverhalt bejaht der Senat diese Frage.

Bereits in der Entscheidung BGHZ 13, 334, 338 hat der Senat ausgesprochen, daß die durch das Grundgesetz Art. 1, 2 geschützte Unantastbarkeit der Menschenwürde und das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit auch als bürgerlich-rechtliches, von jedem im Privatrechtsverkehr zu achtendes Recht anzuerkennen ist, soweit dieses Recht nicht die Rechte anderer verletzt oder gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. Diesem sog. allgemeinen Persönlichkeitsrecht kommt mithin auch innerhalb der Zivilrechtsordnung Rechtsgeltung zu und es genießt als „sonstiges Recht“ den Schutz des § 823 Abs. 1 BGB (vgl. auch BGHZ 24, 72 ff.).

Die Art. 1 und 2 des Grundgesetzes schützen, und zwar mit bindender Wirkung auch für die Rechtsprechung, das, was man die menschliche Personhaftigkeit nennt; ja sie erkennen in ihr einen der übergesetzlichen Grundwerte der Rechtsordnung an. Sie schützen damit unmittelbar jenen inneren Persönlichkeitsbereich, der grundsätzlich nur der freien und eigenverantwortlichen Selbstbestimmung des Einzelnen untersteht und dessen Verletzung rechtlich dadurch gekennzeichnet ist, daß sie in erster Linie sogenannte immaterielle Schäden, Schäden, die sich in einer Persönlichkeitsminderung ausdrücken, erzeugt. Diesen Bereich zu achten und nicht unbefugt in ihn einzudringen, ist ein rechtliches Gebot, das sich aus dem Grundgesetz selbst ergibt. Ebenso folgt aus dem Grundgesetz die Notwendigkeit, bei Verletzung dieses Bereiches Schutz gegen die der Verletzung wesenseigentümlichen Schäden zu gewähren.

Auf dem begrenzten Gebiet des Bildnisschutzes ist dies von dem Gesetzgeber übrigens bereits lange vor Inkrafttreten des Bonner Grundgesetzes und zu einer Zeit, als man das bürgerlich-rechtlich zu schützende allgemeine Persönlichkeitsrecht noch nicht anerkannte, durch die Sonderregelung der §§ 22 ff. des Kunstschutzgesetzes aus dem Jahre 1907 ausdrücklich festgelegt worden. Denn wenn nach § 22 KunstUrhG Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden dürfen, so beruht dieser Schutz im Kern auf dem Grundsatz der Freiheit der Person in ihrem höchstpersönlichen Lebensbereich, zu dem vor allem auch das äußere Erscheinungsbild des Menschen zu rechnen ist. Die unbefugte Veröffentlichung des Bildes eines Menschen stellt, wie in der Rechtslehre seit langem anerkannt ist, einen Eingriff in die Freiheit der Selbstbestimmung und der freien Betätigung der Persönlichkeit dar (Osterrieth, Das Kunstschutzgesetz, § 22 KunstUrhG). Das Unzulässige der eigenmächtigen Bildnisveröffentlichung durch einen Dritten liegt darin, daß damit dem Abgebildeten die Freiheit entzogen wird, auf Grund eigener Entschließung über dieses Gut seiner Individualsphäre zu verfügen.
Würdigt man unter diesem Blickpunkt die die Persönlichkeit beeinträchtigende Verletzung des Rechts am eigenen Bild, so läßt sich in diesem Bereich für die Frage, wie die Zubilligung des Ersatzes auch immaterieller Schäden im einzelnen begründet werden könne, schon an die Regelung anknüpfen, die § 847 BGB für den Fall der „Freiheitsentziehung“ trifft und kraft deren er dem Verletzten auch wegen eines nicht vermögensrechtlichen Schadens eine billige Entschädigung in Geld gewährt. Zwar versteht das Bürgerliche Gesetzbuch hier unter Freiheitsentziehung die Entziehung der körperlichen Bewegungsfreiheit sowie die Nötigung zu einer Handlung durch Gewalt oder Bedrohung (BGB-RGRK § 823 Anm. 7), während es sich bei dem Tatbestand des § 22 KunstUrhG um eine Freiheitsberaubung im Bereich eigenverantwortlicher Willensentschließung handelt.

Bereits vor dem Inkrafttreten des Grundgesetzes ist jedoch schon mehrfach die Ansicht vertreten worden, daß als Freiheitsverletzung im Sinne des § 847 BGB jeder Eingriff in die ungestörte Willensbetätigung anzusehen sei (vgl. u.a. Staudinger, Anm. II A 2 c zu § 823 BGB). Nachdem nunmehr das Grundgesetz einen umfassenden Schutz der Persönlichkeit garantiert und die Würde des Menschen sowie das Recht zur freien Entfaltung der Persönlichkeit als einen Grundwert der Rechtsordnung anerkannt und damit die Auffassung des ursprünglichen Gesetzgebers des Bürgerlichen Gesetzbuches, es gäbe kein bürgerlich-rechtlich zu schätzendes allgemeines Persönlichkeitsrecht, berichtigt hat und da ein Schutz der „inneren Freiheit“ ohne das Recht auf Ersatz auch immaterieller Schäden weitgehend unwirksam wäre, würde es eine nicht erträgliche Mißachtung dieses Rechts darstellen, wollte man demjenigen, der in der Freiheit der Selbstentschließung über seinen persönlichen Lebensbereich verletzt ist, einen Anspruch auf Ersatz des hierdurch hervorgerufenen immateriellen Schadens versagen. Begründet die schuldhafte Entziehung der körperlichen Freiheit einen Anspruch auf Ersatz des ideellen Schadens, so ist kein sachlicher Grund ersichtlich, der es hindern könnte, die in § 847 BGB getroffene Regelung im Wege der Analogie auch auf solche Eingriffe zu erstrecken, die das Recht der freien Willensbetätigung verletzen, zumal auch bei dieser Freiheitsberaubung „im Geistigen“ in gleicher Weise wie bei der körperlichen Freiheitsberaubung in der Regel eine Naturalherstellung ausgeschlossen ist. Bei Beeinträchtigungen der vorliegenden Art, durch die in den natürlichen Herrschafts- und Freiheitsraum des Einzelnen unter schuldhafter Verletzung seines Persönlichkeitsrechtes eingegriffen wird, kann der nach dem Grundgesetz gebotene wirksame Rechtsschutz, solange es an einer gesetzlichen Sonderregelung fehlt, tatsächlich nur durch ihre Einbeziehung in die in § 847 BGB angeführten Verletzungstatbestände erzielt werden, weil ihre Schadensfolgen auf Grund der Natur des angegriffenen Rechtsgutes zwangsläufig in erster Linie auf immateriellem Gebiet liegen.
Die Bestimmung des § 35 KunstUrhG steht dieser Annahme nicht entgegen. Zwar kann der Verletzte nach dieser Vorschrift nur im Strafverfahren und unter der Voraussetzung, daß der Verletzte vorsätzlich gehandelt hat, wegen einer Verletzung seines Rechtes am eigenen Bild eine Buße fordern, mithin auch einen immateriellen Schaden ersetzt verlangen.

Diese Sonderregelung erweist indessen nur, daß der Gesetzgeber bereits im Jahre 1907 eine Verletzung des § 22 KunstUrhG für so einschneidend und bedrohlich angesehen hat, daß er es für geboten erachtet hat, dem Verletzten ausdrücklich auch einen Anspruch wegen des eingetretenen ideellen Schadens zu gewähren. Die Beschränkung des strafrechtlichen Bußanspruchs auf vorsätzliche Verletzungen steht im Einklang damit, daß der Gesetzgeber die Strafandrohung wegen einer Verletzung der Bestimmungen über den Bildnisschutz auf vorsätzliche Verstöße begrenzt hat. Dies zwingt aber keineswegs zu der Folgerung, daß das Gleiche auch für die zivilrechtlichen Ersatzansprüche, die im Kunstschutzgesetz überhaupt nicht geregelt sind, gelten müsse. Im Gegenteil. Da das Grundgesetz nunmehr das auch bürgerlich-rechtlich bedeutsame allgemeine Persönlichkeitsrecht anerkannt und ihm allgemein einen erheblich über die enge Regelung des § 35 KunstUrhG hinausgehenden auch bürgerlich-rechtlichen Schutz gewährt hat, kann aus der Sonderbestimmung des § 35 KunstUrhG nichts mehr gegen einen weitergehenden, bürgerlich-rechtlichen Schutz des Rechtes am eigenen Bild hergeleitet werden. Insoweit greifen vielmehr jetzt die allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über unerlaubte Handlungen ein. Das aber bedeutet, daß auf dem zivilrechtlichen Sektor jede schuldhafte Verletzung des Rechtes am eigenen Bilde in analoger Anwendung von § 847 BGB, wie sie aus den dargelegten Gründen jedenfalls nach Inkrafttreten des Bonner Grundgesetzes geboten erscheint, die Verpflichtung zum Ersatz auch immaterieller Schäden auslöst.

Soweit der Senat im Anschluß an die Rechtsprechung des Reichsgericht in der Dahlke-Entscheidung (BGHZ 20, 345, 352 ff.) ausgeführt hat, daß ein immaterieller Schaden nicht zu einem Geldersatzanspruch führen könne, wenn kein Fall vorliege, in dem das Gesetz den Anspruch eigens darauf erstrecke, wird dies nach Maßgabe der vorstehenden Erörterungen nicht aufrechterhalten. Dieser Ausspruch hatte im übrigen für die damalige Entscheidung keine tragende Bedeutung, da bei dem dort zu entscheidenden Tatbestand ein Vermögensschaden in Frage stand, der auf der Grundlage der üblichen Lizenzgebühr berechnet werden konnte.

III.
Die Höhe der an den Kläger als Schadensersatz zu zahlenden Vergütung hat das Berufungsgericht auf 10 000 DM geschätzt. Wenngleich es bei dieser Schätzung von der Möglichkeit einer Schadensberechnung nach der angemessenen Vergütung ausgegangen ist, die im Falle eines Vertragsabschlusses zu den üblichen Bedingungen zu zahlen gewesen wäre, treffen die vom Berufungsgericht insoweit angestellten Erwägungen in vollem Umfange auch auf die bei der Bemessung der Höhe einer billigen Geldentschädigung (§ 847 BGB) zu berücksichtigenden Umstände zu. Sie zeigen darüber hinaus, daß auch das Berufungsgericht in Wahrheit dem Kläger eine Entschädigung für den ihm entstandenen immateriellen Schaden zugesprochen hat.
Wie der Große Zivilsenat in seinem Beschluß vom 6. Juli 1955 (BGHZ 18, 149) ausgeführt hat; kommt dem Anspruch auf „Schmerzensgeld“ die Funktion zu, dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich für diejenigen Schäden, diejenige Lebens- (oder Persönlichkeits-)Minderung zu bieten, die nicht vermögensrechtlicher Art sind. Zugleich trägt er aber auch dem Gedanken Rechnung, daß der Schädiger dem Geschädigten Genugtuung für das schuldet, was er ihm angetan hat. In dem Beschluß wird betont, daß gerade der Genugtuungsfunktion, die aus der Regelung der Entschädigung für immateriellen Schaden gar nicht wegzudenken sei, ihre besondere Bedeutung zukomme, im übrigen aber bei der Festsetzung der Entschädigung grundsätzlich alle in Betracht kommenden Umstände des Falles berücksichtigt werden dürften. Dieser Ansicht schließt sich der erkennende Senat auch für den vorliegenden Fall an. Geht man hiervon aus, so ergibt sich, daß das Berufungsgericht alle insoweit maßgebenden Umstände für die Bemessung der Schadenshöhe rechtsfehlerfrei berücksichtigt hat. Das Berufungsgericht hat insbesondere ausgeführt, schon die Tatsache, daß der Kläger überhaupt nicht bereit gewesen sei, an irgendeiner Reklame mitzuwirken, müsse sich auf die Höhe der zu zahlenden Entschädigung maßgeblich auswirken. Als besonders schwerwiegend hat es angesehen, daß es sich um eine Werbung für ein als Sexualkräftigungsmittel geltendes Präparat gehandelt habe, bei dem ein Vergleich mit der Werbung für andere Erzeugnisse gar nicht möglich sei. Mit Recht hat das Berufungsgericht hervorgehoben, es sei unwahrscheinlich, daß Personen, die Gefahr liefen, für dieses Mittel auf einem Werbeplakat von einem größeren oder kleineren Personenkreis erkannt zu werden, ihr Bild für diese Reklame zur Verfügung stellen würden, da sie sich dann den Anspielungen aussetzten, zu denen das Präparat der Beklagten Anlaß gebe. Das Berufungsgericht hat darüberhinaus auch die gesellschaftliche Stellung des Klägers in Betracht gezogen und seine guten wirtschaftlichen Verhältnisse berücksichtigt. Auch hat es darauf verwiesen, daß sich der Kläger in einer Gesellschaftsschicht bewege, deren Mitglieder überwiegend miteinander bekannt seien und daher die Gefahr, sich lächerlich zu machen, besonders groß sei. Wenn das Berufungsgericht unter Berücksichtigung und Würdigung aller dieser für die Höhe eines Schmerzensgeldes maßgeblichen besonderen Umstände den von ihm geschätzten Schadensbetrag von 10 000 DM als angemessene Entschädigung (§ 287 ZPO) angesehen hat, so ist hierin ein Verstoß gegen Rechtsregeln nicht zu erkennen.

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner