EUGH zur DSGVO-Geldbuße gegenüber Unternehmen

Nur ein schuldhafter Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung kann zur Verhängung einer Geldbuße führen, so der EUGH (C-807/21 und C-683/21). Und: Gehört der Adressat der Geldbuße zu einem Konzern, bemisst sich die Geldbuße nach dem Jahresumsatz des Konzerns!

Der Gerichtshof präzisiert die Voraussetzungen, unter denen die nationalen Aufsichtsbehörden eine Geldbuße gegen einen oder mehrere für die Datenverarbeitung Verantwortliche wegen Verstoßes gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verhängen können. Insbesondere stellt er fest, dass die Verhängung einer solchen Geldbuße ein schuldhaftes Verhalten voraussetzt, der Verstoß also vorsätzlich oder fahrlässig begangen worden sein muss. Gehört der Adressat der Geldbuße zu einem Konzern, ist bei der Berechnung der Geldbuße auf den Umsatz des Konzerns abzustellen.

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Bußgeld durch das Umweltbundesamt bei Verstoß gegen Elektrogesetz oder Batteriegesetz

Umweltbundesamt – Bußgeld und Ordnungswidrigkeit aus Elektrogesetz: Bei Verdacht von Verstößen gegen das Elektrogesetz oder Batteriegesetz stehen Bußgelder im Raum, das „Sachgebiet Ordnungswidrigkeiten“ beim Umweltbundesamt versendet hier in einem ersten Schritt dann Anhörungsbögen. Diese werden versendet in Form der

  • Anhörung als Betroffener für den unmittelbar verantwortlichen
  • Anhörung als Nebenbeteiligten bei Beauftragten im Sinne des ElektroG

Unsere Kanzlei ist seit vielen Jahren im Umfeld von Umweltbundesamt-Bußgeldern tätig. Hier werden kurz einige Details beschrieben.

Hinweis: Daneben kommt bei mangelnder Registrierung bei der Stiftung EAR eine Abmahnung durch Mitbewerber in Betracht, weil es sich um einen Wettbewerbsverstoß handelt!

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Datenschutzrecht: Bussgelder wegen rechtswidriger Videoüberwachung

Langsam aber stetig mehren sich verhängte Bussgelder wegen rechtwidriger Videoüberwachung. Dabei geht es in erster Linie um Fälle in denen Arbeitnehmer und zumindest teilweise auch Kunden erfasst wurden. Die Bussgelder variieren stark, seit 2011 wurden einige Fälle bekannt, in denen Bussgelder im Bereich um die 10000 Euro verhängt wurden; Mitte 2014 gab es dann ein Bussgeld von gut 50.000 Euro gegen einen Waschanlagenbetreiber (plus nochmal 10.000 Euro wegen des Unterlassens des Bestellens eines erforderlichen Datenschutzbeauftragten).

Es wird der chronischen Mangelausstattung der datenschutzrechtlichen Aufsichtsbehörden zu verdanken sein, dass es trotz massenhafter Rechtsverstöße bisher nicht zu massenhaften Bussgeldern gekommen ist. Das Risiko ist gleichwohl Offenkundig.

Der beste Schutz für Unternehmen wird die Bestellung eines entsprechend geschulten Datenschutzbeauftragten sein. Dies nicht nur in den Fällen des §4f BDSG, sondern schon dann wenn eine sensible Datenerhebung erfolgt: Bei Videoüberwachung oder der Handhabung besonders sensibler Daten (etwa in Arztpraxen) sollte grundsätzlich die Möglichkeit genutzt werden, sich datenschutzrechtilchen Rat einzuholen, bevor etwa ein Bussgeld droht. In den nächsten Jahren wird davon auszugehen sein, dass hier weiterer und ganz erheblicher Arbeitsaufwand auf Unternehmen zukommt.

Sofern ein Bussgeldbescheid eingegangen ist, gilt es umsichtig und sofort zu handeln – mit einiger Überraschung muss ich feststellen, dass Unternehmen hier mitunter zu leichtfertig handeln und teilweise erst zu spät professionellen Rat einholen.

AG Schleiden: Verteidiger hat keinen Anspruch auf Konvertierung von Messvideos in gängiges Format

Das Amtsgericht Schleiden (13 OWi 140/12 [b]) hat entschieden, dass ein Verteidiger in einer Bussgeld-Angelegenheit keinen Anspruch darauf hat, dass ein erstelltes Messvideo in ein „gängiges Format“ konvertiert wird. Das Gericht hat insofern korrekt erkannt:

Es existiert weder ein Recht, noch eine Verpflichtung der Behörde oder des Gerichts, die in den Akten enthaltenen Datenträger bzw. die darauf befindlichen Daten durch eine Umformatierung abzuändern […] Folglich ist dem Verteidiger ein Messfilm in der Form vorzulegen, in dem er sich zum Zeitpunkt des Akteneinsichtsgesuchs befindet. Dies ist vorliegend geschehen.

Das bedeutet, der Verteidiger muss mit dem Leben, was ihm in diesem Bereich geliefert wird. Das Ergebnis wird aber perfide, denn es bedeutet, dass der Verteidiger letztlich die Daten gar nicht öffnen kann! Es geht hier nämlich nicht darum, dass man eine bestimmte Software benötigt, die einfach installiert werden muss. Vielmehr steht die entsprechende Software gar nicht zur Verfügung und der Verteidiger kann damit mit eigenen Mitteln überhaupt nicht auf den Film zugreifen. Das Gericht dazu:

Das Risiko, dass der Verteidiger die vorliegenden Daten mit eigenen Mitteln nicht zu öffnen vermag, entstammt seiner Risikosphäre. In einem solchen Fall ist es dem Verteidiger durchaus zuzumuten, sich mit einem privaten Sachverständigen, der über die Mittel, die betreffenden Daten zu öffnen verfügt, in Verbindung zu setzen oder eben bei der zuständigen Behörde, die dies angeboten hat, von seinem Akteneinsichtsrecht Gebrauch zu machen. Ebenso ist es dem Verteidiger zuzumuten, sich mit der Ordnungsbehörde vor Ort in Verbindung zu setzen und dort Einsicht in die Messdatei zu nehmen. Einen Anspruch auf eine Zurverfügungstellung der Software zur Öffnung der Dateien besteht nicht. Zum einen ist diese Software privaten Dritten gar nicht zugänglich, zum anderen stehen in diesem Bereich urheberrechtliche Interessen Dritter – der Firma Jenoptik – entgegen.

Hier wird die Entscheidung abwegig und erinnert an die frühere Zeit, als man noch gegen Windmühlen kämpfte, um Einsicht in Bedienungsanleitungen der Messgeräte zu erhalten. Zwar verbleibt dem Verteidiger der Einblick bei der Ermittlungsbehörde vor Ort, überzeugen vermag das aber nicht, da die detaillierte Kontrolle dem Verteidiger möglich sein muss. Die begrenzte Ansicht bei der zuständigen Behörde kann dem Anspruch nicht gerecht werden. Da zudem im Gerichtssaal eine Vorführung ebenfalls möglich sein muss, dürfte es mit dem Anspruch auf ein faires Verfahren schwer zu vereinbaren sein, dass letzten Endes jeder ausser dem Verteidiger Einsicht nehmen kann.

Auch das Argument, dass die Verschlüsselung der Originaldateien als Veränderungssperre verschwindet, ist nur ein Scheinargument – es geht ja nicht darum, ein zusätzliches Beweismittel zu schaffen, sondern nur darum, die zustehende effektive Verteidigung zu sichern. Der Anspruch, dass entsprechende Software einen MPEG-Film exportieren kann den man auf CD brennt, ist da keineswegs hoch gegriffen. Letztlich verbleibt es dabei, dass hier wohl erneut viele Jahre gestritten werden muss, bis eine rechtsstaatliche Lösung existiert.

Amtsgericht Aachen zum Bussgeldbescheid: Rechtsanwalt hat Einsichtsrecht und muss Kopien von Bedienungsanleitung nicht bezahlen

Es ist ein ständiges Ärgernis: Wer sich gegen einen Bussgeldbescheid wehren möchte, nachdem er „geblitzt“ wurde, benötigt zur technischen Beurteilung der Frage ob alles ordnungsgemäß war die Bedienungsanleitung. Die gibt es aber gar nicht so selbstverständlich, auch nicht für den Rechtsanwalt – gerne wird darauf verwiesen, dass mal das Urheberrecht der Anfertigung von Kopien oder der Herausgabe insgesamt entgegen steht. Inzwischen hatte auch das Landgericht Aachen (62 Qs 8/12 und 61 Qs 2/12) klar gestellt, dass die Bedienungsanleitung zum Akteneinsichtsrecht gehört.

Neuerdings wurde nunmehr dann „angeboten“, dass gegen Zahlung der Kopierkosten eine Kopie der Bedienungsanleitung angefertigt werden könnte. Gerade bei kleineren Bussgeldern steht das dann aber nicht mehr im Verhältnis zur Gesamtsache und Betroffene scheuen die Ausgaben. So war es auch in einer hier bearbeiteten Angelegenheit, in der die Verwaltungsbehörde, die Städteregion Aachen, 88,10 Euro erstattet haben wollte um Einsicht in die Bedienungsanleitung zu gewähren. Besonders pikant: Die Verwaltungsbehörde fertigte die angeblich zu bezahlenden Kopien auf ausdrücklichen Hinweis, dass man kostenfreie Akteneinsicht begehrt – und verlangte dann die Kosten.

Rechtsanwalt Dieter Ferner hat nun endlich beim Amtsgericht Aachen einen Beschluss erwirkt, der mit dieser Unsitte Schluss macht. In dem erfreulich deutlich gefassten Beschluss wird klar, dass dem Rechtsanwalt umfassend Akteneinsicht zu gewähren ist:

Einem Rechtsanwalt steht grundsätzlich ein umfassendes Akteneinsichtsrecht zu. Dieses umfasst […] auch Bedienungsanleitungen. […] Dabei muss es für den Verteidiger jederzeit die Möglichkeit geben, die Bedienungsanleitung in den Räumlichkeiten der Verwaltungsbehörde einzusehen. Der Verwaltungsbehörde bleibt es zudem unbenommen unter Beachtung des Urheberschutzes ein gewisses Kontingent an Kopien bereit zu halten um zeitgleich mehrere Akteneinsichtsgesuche bedienen zu können. Dabei ist es nicht erfotderlich diese Kopien zum Verbleibt beim Verteidiger anzufertigen. Ausreichend ist vielmehr, dass der Verteidiger die Möglichkeit der Akteneinsicht hat.
Die Versendung entsprechender Kopien ist dabei von der Kostenpauschale des §107 Abs. 5 OWiG gedeckt. Weitere Beträge können nicht in Rechnung gestellt werden, da diese Norm abschliessend ist […]

Der Beschluss ist Wegweisend in Aachen und reiht sich in eine zunehmende Zahl von Entscheidungen, die das Akteneinsichtsrecht entsprechend stärken. Fakt ist: Ohne Kontrolle der ordnungsgemäßen Aufbauten und des ordnungsgemäßen Betriebsablaufs ist eine Verteidigung kaum sinnvoll möglich. Schade ist, dass man derart hart um ein in einem Rechtsstaat selbstverständliches Recht kämpfen muss – in Aachen sollte die Rechtslage nunmehr klar sein.

Update: Der Kollege Frese machte mich darauf aufmerksam, dass er bereits eine solche Entscheidung in Aachen erstritten hatte (Beschluss hier) – umso fassungsloser muss man wohl sein, dass die Behörde es weiterhin versucht hat. 

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BGH VIII ZR 318/08 – „Radarwarngerät II“

Leitsätze

  1. Dem Verbraucher steht, sofern nicht Treu und Glauben (§ 242 BGB) etwas ande- res gebieten, ein Widerrufsrecht nach § 312d BGB auch dann zu, wenn der Fern- absatzvertrag nichtig ist.
  2. Das Widerrufsrecht besteht auch bei einem wegen beiderseitiger Sittenwidrigkeit nichtigen Fernabsatzvertrag, der den Kauf eines Radarwarngeräts zum Gegens- tand hat (Fortführung des Senatsurteils vom 23. Februar 2005 – VIII ZR 129/04, NJW 2005, 1490).

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