Wie sieht es eigentlich beim Crowdfunding aus: Man investiert Geld in ein Projekt, die Mindestsumme kommt zusammen und dann … gibt es Ärger. Etwa weil das Produkt seit Monaten überfällig ist. Oder: Das Produkt erscheint, ist aber vollkommen anders gestaltet oder bietet ganz andere Funktionen als ursprünglich beworben – kann man dann sein Geld zurück verlangen? Ein kurzer Überblick aus meiner Sicht zum Thema.
Vertragsnatur beim Crowdfunding
Ich erinnere an meine Sicht der Vertragsarten bei den verschiedenen Arten des Crowdfunding:
- Wenn der Geldgeber zahlt und im Gegenzug das Versprechen erhält, seine Zuwendung plus einen Aufschlag aus dem Gewinn oder Umsatz des Unternehmens bzw. Produktes zu erhalten, wird man ein (partiarisches) Darlehen im Sinne des §488 BGB annehmen können.
- Wenn der Geldgeber zahlt und im Gegenzug eine rein symbolische Gegenleistung erhält, etwa die Erwähnung im Abspann eines Films oder Spiels, wird man an eine Schenkung unter Auflage (§525 BGB) denken können.
- Wenn der Geldgeber zahlt und im Gegenzug das spätere Produkt erhalten soll, kann man durchaus an einen Kaufvertrag (§433 BGB) denken.
Je nach Vertragsart bestehen dann unterschiedliche Möglichkeiten.
Allgemein: Widerrufsrecht
Ganz allgemein, wenn man als Verbraucher Geld zuwendet, wird man meines Erachtens ein 2wöchiges Widerrufsrecht haben, da seit dem 13.06.2014 ein Widerrufsrecht bei ausserhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Geschäften zusteht (§§312b, 312g BGB). Aber: Dieses Widerrufsrecht ist relativ nutzlos, da die meisten Ärgernisse erst ganz erheblich nach der 2-Wochen-Frist entstehen werden. Insbesondere wenn man an Fälle denkt, in denen das Produkt schlicht anders als angekündigt entwickelt wurde, wird das Widerrufsrecht wenig nutzen, ausser
1) es wurde fehlerhaft belehrt, aber auch dann sollte man beachten, dass das Widerrufsrecht dann gut 1 Jahr später erlischt, §356 III BGB, oder
2) es handelt sich um Szenario 3, wo ein Kaufvertrag anzunehmen ist, dazu sogleich.
Darlehen: Ausserordentliches Kündigungsrecht
Wenn das Crowdfunding schief läuft und man hat das Szenario 1 gewählt, wird man über eine Kündigung nach §314 BGB aus wichtigem Grund nachdenken können. Eine solche Kündigung kommt namentlich dann in Betracht, wenn sich die Gesamtumstände erheblich und schwerwiegend verändern. Dies kann der Fall sein, wenn ein Produkt derart erheblich geändert wird, dass der Absatz erheblich gefährdet wird oder schlicht ein vollkommen anderer Absatzmarkt adressiert wird. Kleine optische Änderungen können hier nicht ausreichen, wohl aber eben alles gravierende. Daneben wird man an die ausserordentliche Kündigung nach §490 I BGB denken können, wenn sich die Vermögensverhältnisse beim unterstützten Projektbetreiber rapide verschlechtern – allerdings, wenn dieser Fall eintritt, wird wirtschaftlich wohl ohnehin nichts mehr zu holen sein.
Schenkung: Nichtvollziehung der Auflage
Wenn eine Schenkung angenommen wird, ist der Zahler keineswegs schutzlos: §527 BGB sieht die Möglichkeit vor, die gezahlte Summe zurückzufordern wenn die Auflage nicht eingehalten wurde. Fieser Nachteil – man wird warten müssen, bis man das Ergebnis sieht, also etwa den Filmabspann wo man erwähnt werden sollte. Doch es gibt eine kleine Hilfe, siehe sogleich.
Kaufvertrag: Ware kommt nicht oder ist verändert
Wenn man nun etwa für ein Spiel gezahlt hat in der Erwartung es zu erhalten – und bekommt monatelang nichts; oder statt des Ego-Shooters kommt das Prinzessinnen-Ankleide-Spiel, dann ist man in der Theorie gut abgesichert. Wer hier einen Kaufvertrag annimmt, der wird ein Widerrufsrecht einräumen müssen, dass erst dann zu laufen beginnt, wenn die Kaufsache auch ausgehändigt wurde (§365 Abs.2 Nr.1 a BGB). In diesem Fall steht also ein durchweg laufendes Widerrufsrecht zur Verfügung. Wie gesagt: In der Theorie, in der Praxis bleibt die spannende Frage, ob der unterstützte genügend solvent für die Rückerstattung ist.
Nothaken: Rücktrittsrecht
In Zeiten des Widerrufsrecht ist das gesetzlich verankerte Rücktrittsrecht stark aus der Mode gekommen – gleichwohl steht es bei allen Verträgen zur Verfügung und sollte bedacht werden. So ist ein Rücktritt bei fälliger nicht vertragsgemäßer Leistung nach Fristsetzung möglich (§323 I BGB). Die Frist ist aber entbehrlich, sofern der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert (§323 Abs.2 Nr.1 BGB), wobei ein Rücktritt auch vor Fälligkeit der Leistung möglich ist, wenn offenkundig ist, dass eine nicht vertragsgemäße Leistung eintreten wird (§323 Abs.4 BGB). Eben dies sehe ich in der besonders prekären Situation, dass der Anbieter zwingend klarstellt, in jedem Fall das Produkt erheblich von dem ursprünglich unterstützten Produkt abweichen zu lassen und dies eine nicht nur unwesentliche Auswirkung hat.
Fazit: Crowdfunding ist kein Glücksspiel
Zeitweilig wird es anders dargestellt, aber es ist kein Glücksspiel – der zahlende Teilnehmer beim Crowdfunding hat jedenfalls nach deutschem Recht durchsetzbare Rechte. Sofern der Vertragspartner in Deutschland oder in der EU angesiedelt ist, bieten sich denkbare Szenarien einer Rechtsdurchsetzung für deutsche Supporter.
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