Dashcams: Zu Zulässigkeit und Beweisverwertungsverbot bei Dashcam-Aufnahmen

Dashcam-Kameras erlaubt: Die Frage taucht immer häufiger auf: Sind eingebaute Kameras und damit erzeugte Aufnahmen in PKWs – so genannte Dashcams – zulässig? Oder darf man das vielleicht gar nicht? Erste Datenschützer haben schnell verkünden lassen, dass derartige Technik datenschutzrechtlich unzulässig ist. Nun mag man in der Tat fragen, wie sinnvoll oder auch anspruchsvoll es ist, wenn zunehmend durch solche Aufnahmen das „Hilfsheriff-Tum“ wieder Einzug hält. Andererseits wird es Situationen geben, in denen man schlicht dankbar ist, wenn solche Aufnahmen vorliegen (etwa bei einem streitigen Unfallhergang oder wenn man schlicht genötigt wird im Strassenverkehr).

Dazu bei uns:

Im Folgenden einige rechtliche Überlegungen zur Zulässigkeit derartiger Dashcams.

Vorüberlegung zur Nutzung von Dashcams

Es ist – wie immer im „Fotorecht“ – genau zu unterscheiden: Einmal zwischen dem Anfertigen der Bilder und dann zwischen dem „was man damit macht“. Beides ist grundverschieden zu betrachten und wer auch nur versucht ist, eine einheitliche Antwort zur Zulässigkeit zu geben, der ist bereits auf dem falschen Dampfer.

1. Rechtsmäßigkeit des Anfertigens der Aufnahmen durch Dash-Cams

Datenschutzrecht

Das Bundesdatenschutzgesetz gilt zwar grundsätzlich bei der Erhebung personenbezogener Daten, aber „es sei denn, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung der Daten erfolgt ausschließlich für persönliche oder familiäre Tätigkeiten“ (§1 II Nr.3 BDSG). Wer also zu rein privaten Zwecken handelt und solche Dashcams einsetzt, der könnte schon gar nicht datenschutzrechtlich relevant aktiv sein.

Allerdings hat der EUGH (C-212/13) inzwischen erkannt:

Soweit sich eine Videoüberwachung (…) auch nur teilweise auf den öffentlichen Raum erstreckt und dadurch auf einen Bereich außerhalb der privaten Sphäre desjenigen gerichtet ist, der die Daten auf diese Weise verarbeitet, kann sie nicht als eine ausschließlich „persönliche oder familiäre“ Tätigkeit (…) angesehen werden.

Da sich Dashcam-Aufnahmen grundsätzlich auf den öffentlichen Bereich beziehen, wäre mit dieser Rechtsprechung die Anwendbarkeit des Datenschutzrechts eröffnet. Auch schon früher hatte sich der EUGH („Lindqvist“, C-101/01, Rn.47) zur Frage geäußert, wann privates Handeln jedenfalls nicht mehr vorliegt und erkannte seinerzeit, dass hiermit

nur Tätigkeiten gemeint sind, die zum Privat- oder Familienleben von Einzelpersonen gehören, was offensichtlich nicht der Fall ist bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, die in deren Veröffentlichung im Internet besteht, so dass diese Daten einer unbegrenzten Zahl von Personen zugänglich gemacht werden.

Es wurde hier, im Einklang mit dem Wortlaut des Gesetzes und den zu Grunde liegenden Erwägungsgründen, darauf abgestellt, welche „Reichweite“ die erfassten Daten haben.

Auf Grund der aktuellen Rechtsprechung des EUGH wird man damit – jedenfalls bei durchgehenden Aufnahmen – wohl grundsätzlich die Anwendbarkeit des Datenschutzrechts erkennen müssen. Die Konsequenz ist, dass eine Zulässigkeit am §6b BDSG zu messen ist, der wiederum die Zulässigkeit eröffnet, wenn berechtigte Interessen im konkreten Fall zu erkennen sind, die eine Interessenabwägung auch „überstehen“ (dazu weiter unten). Dies hat auch das VG Ansbach (AN 4 K 13.01634) so gewertet und kam zu dem Ergebnis, dass jedenfalls durchgehende Aufnahmen wohl unzulässig sein werden.

Strafrecht

Auch strafrechtlich geht es kurz, da wenn dann die „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen“ betroffen sein wird (§201a StGB). Das aber setzt einen gegen Einblick besonders geschützten Raum voraus, der im Strassenverkehr nicht betroffen sein wird. Auch hier also kein tiefgehendes Problem, wenn man von Sonderkonstellationen absieht (etwa Missbrauch einer Dashcam, um den Fahrzeugfüher im zugehängten VW Bulli zu filmen).

Persönlichkeitsrecht

Es bleibt das allgemeine Persönlicheitsrecht, das letztlich im Ergebnis immer von einer Interessenabwägung zwischen den gegenläufigen Interessen gekennzeichnet ist. Insoweit fasse ich die Interessenabwägung als eigenen Unterpunkt zusammen, da diese auch datenschutzrechtlich relevant ist.

Interessenabwägung

Bei der Interessenabwägung wird erst einmal unterschieden, welche „Sphäre“ betroffen ist. Es gibt etwa die Intim- oder Privatsphäre, wo ein sehr hoher Schutz gewährleistet ist. Wer sich im Strassenverkehr bewegt, bewegt sich in seiner Öffentlichkeitssphäre, die er bewusst gewählt hat. Der Schutz ist hier bereits sehr niedrig. Dabei wird er letztlich so aufgenommen, wie er sich bewusst in die Öffentlichkeit begibt. Zwar muss niemand generell dulden, in der Öffentlichkeit gefilmt zu werden – andererseits ist es auch nicht per se unzulässig. Die Abwägung der Interessen macht es, oder anders: Das Filmen mag ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellen, ob es rechtswidrig ist, zeigt aber die Interessenabwägung. Ganz allgemein vermag ich dabei erst einmal nicht zu erkennen, warum die Aufnahme immer und ungefiltert unzulässig sein soll.

Dieser Wertung steht auch nicht eine Entscheidung des Amtsgericht Bonn (109 C 228/13) entgegen, die bei dem Thema vielfach angeführt wird: Hier ging es um Fotografien eines Fussgängers mit Hund, wobei durch die Fotografien Ordnungswidrigkeiten festgehalten wurden (Ausführen eines nicht angeleinten Hundes im Naturschutzgebiet). Festgestellt wurde vor Gericht dabei eine zielgerichtete systematische Überwachung eines abgegrenzten räumlichen Waldstücks, wobei eine Vielzahl von „Verstößen“ dokumentiert wurde. Zu Recht erkannte das Amtsgericht Bonn, dass hier letztlich der Eingriff rechtswidrig war: Es handelte sich um Bagatellverstöße die gerade einmal Ordnungswidrigkeiten darstellten. Die systematische Überwachung und der damit verbundene systematische Eingriff stehen hierzu in keinerlei Verhältnis, zumal ohnehin zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten nur die Behörden berufen sind. Die Entscheidung lässt sich damit nach meiner Einschätzung nicht  auf die Frage zu Dashcams übertragen bzw. gibt hier keine weiteren Erkenntnisse.
Allerdings hat das VG Ansbach (AN 4 K 13.01634) mit einer ähnlichen Argumentation vertreten, dass eine durchgehende Überwachung des Strassenverkehrs grundsätzlich unzulässig sein wird.

Problematisch könnte es also dann werden, wenn wieder ein besonderes Interesse des Betroffenen hinzukommt, das auch allgemein anerkannt ist. Dies sind etwa schutzwürdige Momente in denen man sich unbeobachtet wähnen durfte weil zivilisierte Mitmenschen wegsehen („Nasepopeln im Stau“). Oder wenn eine Sondersituation vorliegt, etwa wenn man nach einem Unfall verletzt ist oder gar schwer verletzt auf der Strasse liegt und in dieser Situation gefilmt wird. Losgelöst von solchen (künstlich gewählten) Sonderfällen vermag ich tief gehende Kritik nicht zu teilen.

Man könnte die Thematik aber auch entschärfen, indem die Kamera nicht durchgehend aufzeichnet, sondern nur ein Einzelfällen – etwa wenn die Kamera nur spontan manuell eingeschaltet wird oder automatisch in gefahrgeneigten Situationen, etwa wenn ein plötzliches Abbremsen registriert wird. In diesen Fällen sehe ich eine grundsätzliche datenschutzrechtliche und persönlichkeitsrechtliche Zulässigkeit.

Anmerkung: Es geht hier um eine grobe Würdigung der rechtlichen Aspekte! Nur weil etwas rechtlich möglich ist, muss es nicht gleichwohl auch getan werden. Es ist auch eine Frage von Charakter und Selbstverständnis, ob man alles, was man filmt, unbedingt nutzen muss, um sich als unerwünschter Hilfssheriff für jeden Fehler im Strassenverkehr zu etablieren.

2. Veröffentlichung der Aufnahmen von Dash-Cams

Bisher komme ich zu dem Ergebnis, dass Dashcams im Einsatz, also bei der Erstellung von Aufnahmen, zwar grundsätzlichen Bedenken begegnen (anders das AG München, 343 C 4445/13, wobei hier freilich etwas lebensfremd mit grundsätzlicher Anonymität der Erfassten argumentiert wird); man aber je nach Aufnahmeszenario zu einer Zulässigkeit der Aufnahmen gelangen kann.

Doch wie sieht es nun mit den Aufnahmen aus? Wenn man die etwa auf Youtube hochlädt? Ist das auch zulässig?

Datenschutzrecht und Dashcams

Nun gilt bereits im datenschutzrechtlichen Bereich Vorsicht walten zu lassen. Wenn die Bilder verbreitet werden im Internet, handelt man nicht mehr Privat. Der EUGH („Lindqvist“, C-101/01, Rn.47) hat entschieden, dass die Verbreitung personenbezogener Daten im Internet nicht mehr unter den Bereich privaten/familiären Handelns fällt. Damit ist man wiederum zum einen zwingend im Anwendungsbereich des BDSG tätig; zum anderen ist der Anwendungsbereich des Telemediengesetzes mit eigenen Datenschutzvorschriften ohnehin eröffnet, da es hier gar keine entsprechende Ausnahmeklausel für privates Handeln gibt. Da es letztlich auch kein allgemeines Anerkenntnis eines Interesses gibt, andere im Internet bloß zu stellen („digitaler Pranger“), würde die am Ende immer vorzunehmende Interessenabwägung im datenschutzrechtlichen Bereich wohl immer zu Lasten des Verbreiters des Videos gehen. Ich sehe hier eindeutig eine datenschutzrechtliche Unzulässigkeit.

Persönlichkeitsrecht und Dashcams

Ungeklärt ist, ob im Bereich des Persönlichkeitsrechts hier nun die Ausnahmevorschrift des §23 I Nr.2 KUrhG greift – waren die Personen auf den Aufnahmen nur Beiwerk zu einer Örtlichkeit die aufgenommen wurde? Man darf es sich hier nicht zu einfach machen. Es geht nicht um die Frage, ob der Hersteller der Aufnahme von Anfang an vor hatte, diese konkrete Person zielgerichtet aufzunehmen. Abzustellen ist alleine auf den objektiven Gehalt der erzeugten Aufnahme, losgelöt vom Willen desjenigen, der sich am Ende für die Aufnahme verantwortlich zeigt (Zum Beiwerk hier bei uns). Das bedeutet, es kommt meines Erachtens am Ende auf die Aufnahme an und das was man sieht, um zu entscheiden, ob die Ausnahmeregelung des KUrhG hier greift.
Ob als weitere Ausnahme ein Geschehnis der Zeitgeschichte vorliegt (§23 I Nr.1 KUrhG) ist ebenfalls eine Frage des Einzelfalls.

Fazit: Eine allgemeine Veröffentlichung der Daten im Internet wird wohl unzulässig sein.

3. Weitergabe der Dashcam Aufnahmen an die Polizei oder an das Gericht

Die Verwendung von Dashcam-Aufnahmen im Rahmen von Verfolgung oder gerichtlicher Auseinandersetzung wiederum ist meines Erachtens zulässig. Datenschutzrechtlich zur Wahrung berechtigter Interessen (§28 I Nr.2 BDSG) sowie zur Wahrung berechtigter Interessen eines Dritten (§28 II Nr.2a BDSG). Bei der Verfolgung von Straftaten ist die Weitergabe ohnehin datenschutzrechtlich unbedenklich (§28 II Nr.2b BDSG). Fraglich wird es im Persönlichkeitsrecht, wie man hier rechtlich die Weitergabe von Aufnahmen an das Gericht werten möchte – könnte dies dann unzulässig sein? Die Frage ist hoch umstritten, da das Gesetz für diesen Fall nichts ausdrücklich vorsieht.

Denken kann man hier jedenfalls an die Durchsetzung seiner Rechte im Zuge einer „Notwehr“, wenn nur dadurch ein falscher Vortrag der Gegenseite vor Gericht widerlegt werden kann (so habe ich u.a. vor dem AG Aachen die Verwertung entsprechender Filmaufnahmen erreicht, die aber aus einer Fotokamera und keiner Dashcam stammten). Auch hier muss wieder sauber Unterschieden werden zwischen dem Anfertigen und dem Verwenden der Aufnahmen! Bei der Rechtmäßigkeit des Anfertigens von dauerhaften Aufnahmen kann eine Notwehr als Rechtfertigung nur selten in Betracht kommen, da man eine konkrete Bedrohung für die eigene Rechtsposition benötigt, um bereits das Herstellen der Aufnahme zu rechtfertigen – das wird bei einer dauerhaft („präventiv“) laufenden Kamera gerade nicht der Fall sein. Wenn man sich aber an Hand eines konkreten Vortrags der Gegenseite auf eine einmal vorhandene Aufnahme beruft um damit den eigenen Sachvortrag zu beweisen, dürfte eine konkrete Situation vorliegen, mit der die Weitergabe der Aufnahme an das Gericht getragen werden könnte.

4. Beweisverwertungsverbot: Verwertbarkeit Von Dashcam-Aufnahmen im Gerichtsprozess

Selbst wenn man letztlich zum Ergebnis kommt, dass die Herstellung der Aufnahme und/oder die Weitergabe an das Gericht rechtswidrig ist: Wie geht man damit um, wenn der Gegner nun einmal dann doch eine CD mit einer Aufnahme bei Gericht vorlegt – ist dies dann unverwertbar? Auch hier kommt es letztlich auf die Umstände an, insbesondere die Natur der Streitigkeit, denn hier gibt es sehr unterschiedliche Regeln zum Beweisverwertungsverbot im Zivilprozess oder im Strafprozess.

Zivilrechtliche Streitigkeit

Mit dem Bundesgerichtshof läuft es in Zivilprozessen auf eine Abwägung der Interessen der Parteien hinaus. Der Bundesgerichtshof (VI ZR 378/01) hat dazu schon sehr früh zu rechtswidrig erlangten Beweismitteln hinsichtlich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ausgeführt:

Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die insbesondere zu mit Eingriffen in das verfassungsrechtlich gewährleistete Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verbundenen Lauschangriffen oder heimlichen Tonbandaufnahmen ergangen ist, ergibt sich jedoch, daß rechtswidrig geschaffene oder erlangte Beweismittel im Zivilprozeß nicht schlechthin unverwertbar sind. Über die Frage der Verwertbarkeit ist vielmehr in derartigen Fällen aufgrund einer Interessen- und Güterabwägung nach den im Einzelfall gegebenen Umständen zu entscheiden

Es gibt also weder eine grundsätzliche Verwertbarkeit noch Unverwertbarkeit – wieder einmal läuft es auf eine Interessenabwägung ab, die dann dem Einzelfall vorbehalten bleibt. Dabei wird das Zivilgericht verschiedene Positionen abwägen müssen, etwa ob überhaupt Positionen der Verteidigung/des Angriffs bestehen, welche Bedeutung der Rechtsstreit hat und wie intensiv der Eingriff durch die Aufnahmen insgesamt ist. Jedenfalls bei Verkehrsunfällen mit Schadenspositionen oberhalb des Bagatellbereichs wird meines Erachtens ein gewichtiges Argument für die Verwertbarkeit sprechen, auch wenn die erste Rechtsprechung hier zurückhaltend agiert.

Strafprozess & Ordnungswidrigkeiten

Anders ist es dagegen im Strafprozess. Hier gilt mit dem Bundesgerichtshof die so genannte Abwägungslehre, die besagt, dass in einem Strafprozess das Interesse der Strafverfolgung durch das Gericht abzuwägen ist mit der Intensität des Eingriffs. Dies führt dass, dass gerade im Strafprozess eher häufig im Hinblick auf das Strafverfolgungsinteresse die Umstände für eine Verwertung sprechen (so auch AG Nienburg, 4 Ds 155/14, hier bei uns). Diese Grundsätze lassen sich auch auf Verfahren bei Ordnungswidrigkeiten übertragen, wie etwa das OLG Stuttgart (4 Ss 543/15) hervorgehoben hat:

Aus einem Verstoß eines Verkehrsteilnehmers beim Betrieb einer dashcam (On-Board-Kamera) gegen das datenschutzrechtliche Verbot gem. § 6b BDSG, nach dem die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen nur in engen Grenzen zulässig ist, folgt nicht zwingend ein Beweisverwertungsverbot im Bußgeldverfahren.

Ob ein (möglicherweise) unter Verstoß gegen § 6b BDSG erlangtes Beweismittel zulasten eines Betroffenen in einem Bußgeldverfahren verwertet werden darf, ist im Einzelfall insbesondere nach dem Gewicht des Eingriffs sowie der Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden.

Der Tatrichter ist grundsätzlich nicht gehindert, eine Videoaufzeichnung, die keine Einblicke in die engere Privatsphäre gewährt, sondern lediglich Verkehrsvorgänge dokumentiert und eine mittelbare Identifizierung des Betroffenen über das Kennzeichen seines Fahrzeugs zulässt, zu verwerten, wenn dies zur Verfolgung einer besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigenden Ordnungswidrigkeit erforderlich ist.

In Strafsachen und Ordnungswidrigkeiten wird man daher letztlich eher zu einer Verwertbarkeit kommen, ausser es geht um absolute Bagatelldelikte und intensive Persönlichkeitsrechtsverletzungen.

Fazit zum Beweisverwertungsverbot

Im Bereich des Beweisverwertungsverbotes wäre es ein erheblicher Fehler, einzig und alleine auf Urteile oder gerichtliche Entscheidungen zu blicken: Es muss unterschieden werden danach, ob es sich um eine zivilrechtliche oder strafrechtliche Entscheidung handelt. Im Zivilrecht wird man dabei eher früher ein Verwertungsverbot annehmen können, im Strafrecht eher eine Verwertbarkeit – letztlich kommt es aber erheblich auf die jeweils vorzunehmenden Abwägungen an.

5. Ergebnis zur rechtlichen Lage bei Dashcams

Das durchgehende Anfertigen von Bildern im öffentlichen Strassenverkehr begegnet bei mir auf Grund der aktuellen EUGH-Rechtsprechung durchaus grundsätzlichen Bedenken. Wer die Bilder im Internet teilt, wird ebenfalls regelmäßig unzulässig handeln und kann mit empfindlich teuren Abmahnungen auf Unterlassung und Beseitigung in Anspruch genommen werden. Das anlassbezogene anfertigen von Aufnahmen dagegen wird grundsätzlich problemlos sein.

Ebenfalls grundsätzlich zulässig wird es sein, wenn man vor Gericht solche Aufnahmen verwenden möchte oder diese an die Polizei gibt, dies speziell in Strafverfahren, in Zivilverfahren mit Bedenken. Letztlich wird aber auch hier vieles am Einzelfall und der jeweiligen Interessenabwägung liegen. Ob die Polizei sich aber als Werkzeug zur Verfügung stellt, wenn jemand Offenkundig alleine im Sinn hat, andere zu denunzieren, steht auf einem anderen Blatt.

6. Literatur zum Thema

Zu einem anderen Ergebnis kam ein Aufsatz von Klann in der DAR 4/2013, S.188ff.; dies freilich bevor sich der EUGH zu dem Thema geäußert hat. Kritischer sieht dies Bachmeier in der DAR 1/2014, S.15ff. Die Besprechung von Bachmeier ist aber an vielen Stellen aus meiner Sicht zu undifferenziert und nach meinem Eindruck von schlichter Unkenntnis vieler Rechtsfragen gezeichnet – so wird etwa die Frage der Anwendbarkeit des BDSG bei Privatpersonen gar nicht erst thematisiert. Daneben musste ich mit Befremden zur Kenntnis nehmen, dass oben angesprochene Entscheidung des BGH zur Verwertbarkeit zwar kurz zu Sprache kommt und der Autor auch selber einräumt, dass die auf dem BVerfG fußende Entscheidung des BGH damit wohl zur Verwertbarkeit kommt – gleichwohl wird dann mit langatmigen Ausführungen ein anderes Ergebnis „herbeigeredet“. Dies indem der Autor rechtspolitisch ausführt, dass eine totale Überwachung im Sinne eines George Orwell kein Ziel sein kann. Selbst die Entscheidung des BGH zur Schwarzarbeit findet Berücksichtigung, weil damit angeblich klar gestellt wird, dass Rechtsbrüche vom Staat nicht gefördert werden sollen. Dabei sehe ich es rechtspolitisch sogar genauso: Die Vorstellung, dass jedermann andere laufend überwacht ist ein Graus und für unsere Gesellschaft eine desaströse Entwicklung, die durch den Ausblick, seine Rechte besser verteidigen zu können, nur befeuert wird. Die persönliche Einstellung darf aber nicht darüber hinweg täuschen, wie eine rechtliche Lage einzuschätzen ist. Später, in der DAR 1/2016, findet sich eine differenziertere Darstellung, die freilich kein abschliessendes Ergebnis zur Zulässigkeit findet.

Ebenfalls offen im Ergebnis aber in der Tendenz eher ablehnend äussert sich Terhaag in K&R 9/2015, S. 255ff. Auf eine Abwägung hinauslaufen lässt es Hoffmann-Benz in JurisPR-VerkR 10/2015.

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner