Wenn in einem Unternehmen ein Mitarbeiter als „interner“, „betrieblicher“ Datenschutzbeauftragter eingesetzt wird, so genießt dieser einen besonderen Kündigungsschutz, der mitunter für Verunsicherung bei Arbeitgebern führt und im §4f BDSG normiert ist:
Ist (…) ein Beauftragter für den Datenschutz zu bestellen, so ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, welche die verantwortliche Stelle zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Nach der Abberufung als Beauftragter für den Datenschutz ist die Kündigung innerhalb eines Jahres nach der Beendigung der Bestellung unzulässig, es sei denn, dass die verantwortliche Stelle zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt ist.
Einige ausgewählte Entscheidungen zeigen die wesentlichen Fragen zu dem Thema auf.
„Wichtiger Grund“ zur Kündigung eines Datenschutzbeauftragten
Das ArbG Berlin (28 Ca 9903/15) hatte sich mit dem wichtigen Grund zur Kündigung eines Datenschutzbeauftragten ausenanderzusetzen. Dabei stellte das Gericht fest, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten entsprechend §4f BDSG einen „wichtigen Grund“ voraussetzt. Dabei sind die Vorschriften der §§ 15 Abs. 4 u. 5 BetrVG für die Kündbarkeit eines solchen Datenschutzbeauftragten nicht analog anwendbar!
Wenn der wichtige Grund dann in einer Umorganisation gesucht wird stellt das Gericht fest, dass erhebliche Bedenken gegen eine Annahme bestehen, der Arbeitgeber könne einen wichtigen Grund zur Trennung allein auf seinen Entschluss stützen, die IT-Abteilung als eigenes Betätigungsgebiet aufzulösen und die anfallenden Aktivitäten stattdessen fremdzuvergeben. Hier treffen den Arbeitgeber deutlich erhöhte Darlegungslasten im Rechtsstreit, aus welchen – geprüften – Gründen eine anderweitige Beschäftigung des Beauftragten selbst unter geänderten Bedingungen und nach entsprechender Umschulung nicht möglich ist. Dazu verweist das Arbeitsgericht Berlin auf eine Entscheidung des BAG (2 AZR 372/13).
Datenschutzbeauftragter: Außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist aus betrieblichen Gründen
In dieser Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (2 AZR 372/13) führte das BAG die Grundzüge aus hinsichtlich der betriebsbedingten Kündigung eines Datenschutzbeauftragten:
Eine außerordentliche Kündigung aus betrieblichen Gründen ist gegenüber einem ordentlich kündbaren Arbeitnehmer grundsätzlich unzulässig. Sie setzt voraus, dass dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar ist. Das ist bei einer betriebsbedingten Kündigung regelmäßig nicht der Fall. Dem Arbeitgeber ist es, wenn eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer aus betrieblichen Gründen entfällt, selbst im Insolvenzfall zuzumuten, die Kündigungsfrist einzuhalten (BAG 20. Juni 2013 – 2 AZR 379/12 – Rn. 14; 24. Januar 2013 – 2 AZR 453/11 – Rn. 22).
Eine auf betriebliche Gründe gestützte außerordentliche Kündigung kommt – unter Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist – allenfalls in Betracht, wenn die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ausgeschlossen ist und dies dazu führt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer andernfalls trotz Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit noch für Jahre vergüten müsste, ohne dass dem eine entsprechende Arbeitsleistung gegenüberstünde (BAG 20. Juni 2013 – 2 AZR 379/12 – Rn. 15; 24. Januar 2013 – 2 AZR 453/11 – Rn. 22). Es kann dem Arbeitgeber unzumutbar sein, ein sinnentleertes Arbeitsverhältnis über solche Zeiträume hinweg allein durch Gehaltszahlungen ohne adäquate Gegenleistung aufrechtzuerhalten (BAG 18. März 2010 – 2 AZR 337/08 – Rn. 17). Allerdings ist der Arbeitgeber wegen des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung in einem besonderen Maß verpflichtet zu versuchen, die Kündigung durch geeignete andere Maßnahmen zu vermeiden. Besteht irgendeine Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis sinnvoll fortzusetzen, wird er den Arbeitnehmer in der Regel entsprechend einzusetzen haben. Erst wenn alle denkbaren Alternativen ausscheiden, kann ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung vorliegen (BAG 20. Juni 2013 – 2 AZR 379/12 – aaO; 22. November 2012 – 2 AZR 673/11 – Rn. 14). (…)
Sie hatte den Kläger im Zeitpunkt der Kündigung als Datenschutzbeauftragten bereits abberufen. Der Ausschluss der ordentlichen Kündigung galt danach gemäß § 4f Abs. 3 Satz 6 BDSG allenfalls noch für ein Jahr. Einen solchen Zeitraum ggf. auch ohne adäquate Gegenleistung des Arbeitnehmers überbrücken zu müssen, ist einem Arbeitgeber grundsätzlich nicht unzumutbar. Die Grenze zum wichtigen Grund ist allenfalls dann überschritten, wenn ein sinnentleertes Arbeitsverhältnis über deutlich längere Zeiträume fortgeführt werden müsste.
Mit dieser Entscheidung hat das BAG durchaus deutlich gemacht, dass man im Zweifelsfall bereits bei der Bestellung des Datenschutzbeauftragten einkalkulieren muss, diesen nach Abberufung erst einmal ein Jahr weiter zu finanzieren, auch wenn sonst kein ernsthafter Bedarf für diesen Arbeitnehmer besteht. Doch auch hier gilt, dass es am Ende auf Wertungsentscheidungen ankommt bei der Frage, ob es nicht doch ausnahmsweise dem Arbeitgeber unzumutbar ist.
Kündigungsschutz des stellvertretenden Datenschutzbeauftragten
Das ArbG Hamburg (27 Ca 486/15) stellte ergänzend zu diesen Fragen dann hinsichtlich eines eventuell existierenden Stellvertreters fest:
- Ist eine Stelle zur Bestellung eines Datenschutzbeauftragten nach § 4f Abs. 1 BDSG verpflichtet, genießt ein stellvertretender Datenschutzbeauftragter Kündigungsschutz nach § 4f Abs. 3 BDSG nach denselben Grundsätzen wie ein Ersatzmitglied des Betriebsrats.
- Der stellvertretende Datenschutzbeauftragte unterfällt für die Dauer der Vertretung dem Kündigungsschutz nach § 4f Abs. 3 S. 5 BDSG. Unabhängig von der Frage, ob eine Verpflichtung besteht, einen stellvertretenden Datenschutzbeauftragten zu bestellen, handelt es sich während des Vertretungsfalles jedenfalls nicht um einen freiwillig bestellten Datenschutzbeauftragten, für den der Kündigungsschutz nach § 4f Abs. 3 S. 5 BDSG nicht gilt.
- Der nachwirkende Kündigungsschutz nach § 4f Abs. 3 S. 6 BDSG greift nur ein, wenn nicht nur der Vertretungsfall eingetreten ist, sondern der stellvertretende Datenschutzbeauftragte auch tatsächlich Aufgaben als Datenschutzbeauftragter wahrgenommen hat.
„Ob und in welchen Fällen eine Stellvertretung nach dem BDSG geboten ist, kann vorliegend offen bleiben. Auf die Pflicht zur Bestellung eines Stellvertreters kommt es nicht an. Wird jedenfalls ein stellvertretender Datenschutzbeauftragter bestellt und nimmt dieser im Verhinderungsfall die Aufgaben eines Datenschutzbeauftragten iSd § 4f Abs. 1 BDSG wahr, bedeutet dies, dass ebenfalls die Schutzvorschriften nach § 4f Abs. 3 BDSG einschlägig sind (vgl. Däubler, in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 5. Aufl. 2016, § 4f Rn. 25a; Franck/Reif, ZD 2015, 405, 407; so wohl im Ergebnis auch Lembke, in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 7. Aufl. 2016, BDSG, §§ 4f/4g Rn. 24). Ist die Stelle nach § 4f Abs. 1 BDSG zur Bestellung eines Beauftragten für den Datenschutz verpflichtet, ist die Rechtsstellung auch auf den Stellvertreter zu übertragen, soweit der Vertretungsfall eingetreten ist. Auch wenn der Stellvertreter freiwillig bestellt wurde und grundsätzlich kein Kündigungsschutz besteht, gilt dies für den Vertretungsfall nicht. Der Vertreter, der vollumfänglich die Aufgaben des Vertretenen wahrnimmt, ist kein Datenschutzbeauftragter „2. Klasse“. Vielmehr bedarf er im Vertretungsfall des Schutzes vor etwaigen Nachteilen aufgrund seiner Amtsführung.“
Fazit
Im Fazit zeigt sich, dass die Bestellung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten auch arbeitsrechtlich Konsequenzen hat, die vor der Bestellung bedacht werden sollten. Soweit es um einen „Stellvertreter“ geht wird zu sehen sein, dass hier kein Konstrukt zur Verfügung steht um den Kündigungsschutz zu umgehen, etwa indem ein dauerhafter Stellvertreter existiert, der faktisch der Datenschutzbeauftragte ist und dessen Aufgaben wahrnimmt.
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