Digitale Produkte

Digitale Produkte werden in Deutschland nun rechtlich eigenständig geregelt. Hintergrund ist, dass das deutsche Recht auf Basis zweier EU-Richtlinien aus seiner überwiegend analogen Zeit in eine moderne, digitale Form gezwungen wurde.

Digitale Produkte im neuen Schuldrecht

So wurde ein neuer Vertragstyp mit eigenem Gewährleistungsrecht eingeführt: der sogenannte „Verbrauchervertrag über digitale Produkte“ (§§ 327 ff. BGB). Neben den digitalen Produkten stehen die Verträge über sog. „Waren mit digitalen Elementen“ (§§ 475b ff. BGB). Hierbei handelt es sich um Sachen, die digitale Inhalte oder digitale Dienste in der Weise enthalten oder mit ihnen verbunden sind, dass sie ohne diese digitalen Elemente ihre Funktionen nicht erfüllen können (§ 475b BGB). Einige Beispiele zur Unterscheidung:

  • Digitale Produkte: Das sind zum einen digitale Inhalte, also zum Beispiel Software, aber auch E-Books, und zum anderen digitale Dienste, das können zum Beispiel Social Media oder Messenger sein.)
  • Waren mit digitalen Elementen: Smartphones, Smartwatches oder physische Datenträger, wenn sie ausschließlich als Träger der digitalen Inhalte dienen.
digitale Produkte: Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner zum Thema digitale Produkte

Digitale Produkte sind eine Herausforderung – man stellt fest, dass es auch 2023 viele offene Fragen gibt und faktisch keine Rechtsprechung zum neuen Recht rund um digitale Produkte existiert.

Auswirkungen des neuen Schuldrechts

Das neue Schuldrecht hat massive Auswirkungen im gesamten IT-Vertragsrecht, was nicht zu unterschätzen ist nicht nur auf digitale Produkte. Einerseits hat es gravierende Auswirkungen in sämtlichen Verbraucherverträgen mit digitalen Produkten; aber auch im B2B-Bereich spielt es eine erhebliche Rolle, weil der gesamte Begriff der Beschaffenheit im Kaufrecht angegangen wurde.

Wir haben auf unserer Webseite umfangreiche Inhalte zum neuen Schuldrecht, die hier verlinkt werden – im Folgenden wird anhand der Richtlinien nochmals der EU-weite Überblick gegeben. Denn der Einblick in das EU-Recht macht zugleich deutlich, wie sich die inzwischen europaweit einheitliche Rechtslage zu digitalen Inhalten („digitale Produkte“) darstellt.

IT-Vertragsrecht und neues Kaufrecht 2022

Zum Jahreswechsel 2022 trat ein neues, auf Digitalisierung ausgerichtetes Kaufrecht in Kraft, das erhebliche Neuerungen mit sich bringt. Zu diesem neuen Kaufrecht 2022 bieten wir eine Beitrags-Serie in unserem Blog, die zum Jahresende 2021 von Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner verfasst wurde:

Digitale Inhalte Richtlinie

Die Richtlinie über digitale Inhalte ist eine EU-Richtlinie, die den Verbraucherschutz im Zusammenhang mit der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen verbessert und harmonisiert. Die Richtlinie wurde am 20. Mai 2019 verabschiedet und ist offiziell als Richtlinie (EU) 2019/770 über bestimmte Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen bekannt. Die EU-Mitgliedstaaten hatten bis zum 1. Juli 2021 Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Hierauf basieren die digitalen Produkte im deutschen Recht, die es genau genommen in der Richtlinie so gar nicht gibt.

Die Richtlinie über digitale Inhalte („digitale Produkte“) deckt ein breites Spektrum digitaler Produkte und Dienstleistungen ab, darunter Software, Apps, E-Books, Streaming-Dienste, Online-Spiele und soziale Medien. Sie legt die Rechte und Pflichten von Verbrauchern und Anbietern digitaler Inhalte und Dienste fest und schafft einen einheitlichen Rechtsrahmen innerhalb der EU.

Einige der wichtigsten Bestimmungen der Richtlinie über digitale Inhalte sind

  • Vertragsmäßigkeit: Digitale Inhalte und Dienste müssen den Anforderungen entsprechen, die im Vertrag zwischen Anbieter und Verbraucher festgelegt sind.
  • Mängelhaftung: Sind digitale Inhalte oder Dienstleistungen („digitale Produkte“) nicht vertragsgemäß, hat der Verbraucher Anspruch auf Nachbesserung, Ersatzlieferung oder eine angemessene Minderung des Kaufpreises.
  • Frist für die Geltendmachung von Mängelansprüchen: Verbraucher haben in der Regel zwei Jahre Zeit, um Mängelansprüche geltend zu machen, gerechnet ab dem Zeitpunkt, zu dem die digitalen Inhalte oder Dienstleistungen bereitgestellt wurden.
  • Rechte bei dauerhafter Nichterfüllung: Wenn der Anbieter die Mängel nicht innerhalb einer angemessenen Frist oder ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher behebt, hat der Verbraucher das Recht, vom Vertrag zurückzutreten und eine vollständige oder teilweise Rückerstattung zu verlangen.
  • Aktualisierungen und Änderungen: Die Anbieter von digitalen Inhalten und Diensten („digitale Produkte“) müssen die Verbraucher über wesentliche Änderungen informieren und ihnen das Recht einräumen, den Vertrag zu kündigen, wenn sich die Änderungen nachteilig auf ihre Interessen auswirken.

Warenkaufrichtlinie

Die Warenkaufrichtlinie, offiziell bekannt als Richtlinie (EU) 2019/771 über bestimmte Aspekte von Verträgen über den Verkauf von Waren, ist eine EU-Richtlinie, die den Verbraucherschutz beim Kauf von Waren stärkt und harmonisiert. Sie wurde am 20. Mai 2019 verabschiedet und die EU-Mitgliedstaaten hatten bis zum 1. Juli 2021 Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Sie führte im deutschen Recht zu den Waren mit digitalen Elementen, die neben den digitalen Produkten etabliert sind.

Die Warenkaufrichtlinie gilt auch für Verträge über Waren mit digitalen Elementen, also Waren, die sowohl materielle als auch digitale Bestandteile haben. Beispiele für solche Waren sind Smart-TVs, Smartphones, vernetzte Haushaltsgeräte und Wearables. Die Richtlinie stellt sicher, dass Verbraucher, die solche Waren kaufen, angemessene Rechte und Schutz genießen.

Einige der wichtigsten Bestimmungen der Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf in Bezug auf Waren mit digitalen Elementen sind

  • Vertragsmäßigkeit der Ware: Die Ware muss den vertraglich festgelegten Anforderungen entsprechen, einschließlich der Funktionalität der digitalen Elemente.
  • Mängelhaftung: Wenn die Ware oder ihre digitalen Elemente nicht vertragsgemäß sind, hat der Verbraucher das Recht auf Nachbesserung, Ersatzlieferung, angemessene Minderung des Kaufpreises oder Vertragsauflösung.
  • Verjährungsfrist für Mängelansprüche: Verbraucher haben in der Regel zwei Jahre ab Erhalt der Ware Zeit, um Mängelansprüche geltend zu machen. Diese Frist kann je nach nationalem Recht unterschiedlich sein.
  • Beweislastumkehr: Innerhalb von sechs Monaten nach Lieferung der Ware wird vermutet, dass der Mangel bereits zum Zeitpunkt der Lieferung vorhanden war, es sei denn, der Verkäufer kann das Gegenteil beweisen. Nach Ablauf dieser Frist liegt die Beweislast beim Verbraucher.
  • Aktualisierungen und technische Unterstützung: Die Anbieter müssen den Verbrauchern angemessene Aktualisierungen und technische Unterstützung für die digitalen Elemente zur Verfügung stellen, um deren Funktionsfähigkeit für einen im Vertrag oder in der Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf festgelegten Zeitraum zu gewährleisten.
Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner