Domainrecht: Kein Unterlassungsanspruch bei später als Domain registrierter Marke

Die Situation ist so selten nicht: Eine Domain wird registriert, der gewählte Domainname ist laut damaliger Recherche problemlos. Nun wird später, nach der Domainregistrierung, eine Marke eingetragen oder ein Unternehmenskennzeichen geführt (das nach §§5, 15 MarkenG entsprechenden Schutz genießt!) und darum gestritten, ob die Domain „geräumt“ werden muss.

Der BGH (I ZR 159/09) hat sich mit diesem Thema beschäftigt und erkannt, dass zwar dem Grunde nach auch in dieser Konstellation eine Rechtsverletzung durch die Domain (!) vorliegen würde, aber: Derjenige, der erst zeitlich später den markenrechtlichen Schutz begründet, hat kein schutzwürdiges Interesse, kann also nicht gegen den Domaininhaber vorgehen. Denn:

Er kann vor der Wahl einer Unternehmensbezeichnung, die er auch als Internet-Adresse verwenden möchte, unschwer prüfen, ob der entsprechende Domainname noch verfügbar ist; ist der gewünschte Domainname bereits vergeben, wird es ihm oft möglich und zumutbar sein, auf eine andere Unternehmensbezeichnung auszuweichen.

Aber auch dies nur grundsätzlich, dies gilt nämlich dann nicht, wenn dem Domaininhaber ein Rechtsmissbrauch zum Vorwurf gemacht werden kann! Mit dem BGH ergibt sich damit abschliessend eine zweistufige Prüfung:

  1. Derjenige, der einen bereits bestehenden Domainnamen als Unternehmenskennzeichen verwenden möchte, wird sich regelmäßig nicht auf ein schutzwürdiges Interesse berufen können: Die Interessenabwägung geht in aller Regel zugunsten des Domaininhabers aus.
  2. Anders verhält es sich allerdings, wenn es dem Domaininhaber wegen Rechtsmissbrauchs versagt ist, sich auf seine Rechte aus der Registrierung des Domainnamens zu berufen. So verhält es sich insbesondere dann, wenn der Domaininhaber den Domainnamen ohne ernsthaften Benutzungswillen in der Absicht registrieren ließ, sich diesen von dem Inhaber eines entsprechenden Kennzeichen- oder Namensrechts abkaufen zu lassen
Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner