Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg (3 U 59/15) hat sich – wenig überraschend – dazu geäußert, wie damit umzugehen ist, wenn eine registrierte Domain die Rechte einer später eingetragenen Marke verletzt:
- Die Registrierung eines im Anmeldezeitpunkt in keinerlei Rechte eingreifenden Domainnamens darf als eigentumsfähige, nach Art. 14 GG geschützte Position nicht ohne Weiteres wegen später entstandener Namensrechte als unrechtmäßige Namensanmaßung angesehen werden.
- Für die Annahme eines berechtigten Interesses des Domaininhabers an dem Halten des Domainnamens kann es im Rahmen der gemäß § 12 BGB, § 226 BGB sowie § 4 Nr. 10 UWG erforderlichen Abwägung der Interessen des Domaininhabers und des Inhabers der später entstandenen Namensrechte ausreichen, dass der Domaininhaber den Domainnamen zur unternehmensinternen Kommunikation verwenden will.
Das entspricht letztlich dem, was der Bundesgerichtshof zum Thema schon früher entschieden hat. Doch auch darüber hinaus ist die Entscheidung interessant, da man auch auf wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche hinauswollte. Dies aber hat das OLG Hamburg sehr sauber verneint, nicht zuletzt da ohnehin schon markenrechtlich eine zulässige Benutzung vorlag.
Aus der Entscheidung:
Eine unberechtigte Namensanmaßung i. S. v. § 12 S. 1 Fall 2 BGB setzt voraus, dass ein Dritter unbefugt den Namen oder eine als Namen geschützte Bezeichnung gebraucht, dadurch eine Zuordnungsverwirrung eintritt und schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt werden (BGH, GRUR 2005, 357 – Pro Fide Catholica; BGH, GRUR 2007, 811 – grundke.de; BGH, GRUR 2008, 1099, 1100, Rn. 18 – afilias.de; BGH, GRUR 2012, 304 Rn. 37 – Basler Haar-Kosmetik; BGH, GRUR 2014, 507 Rn. 14 – sr.de; BGH, GRUR 2014, 393, 394 Rn. 21 – wetteronline.de; MüKo-Heine, BGB, 6. Auflage, 2012, § 12 Rn. 250). Ob bei Bestehen der vorgenannten Tatbestandsvoraussetzungen eine Verletzung des Namensrechts vorliegt, ist jedoch erst durch eine Abwägung der auf Seiten des Berechtigten sowie des unbefugt Nutzenden bestehenden schutzwürdigen Interessen festzustellen (OLG Hamburg, GRUR-RR 2010, 208, 209 – stadtwerke-uetersen.de). (…)
Grundsätzlich liegt sowohl in der Registrierung als auch in der Aufrechterhaltung der Registrierung eines Namens als Domain ein Namensgebrauch (BGH, GRUR 2008, 1099, 1100 Rn. 19 – afilias.de; BGH, GRUR 2014, 506, 507 Rn. 17 – sr.de), denn der berechtigte Namensträger wird bereits dadurch, dass ein Dritter den Namen als Domainnamen unter einer bestimmten Top-Level-Domain registriert oder registriert hält, von der eigenen Nutzung des Namens unter dieser Top-Level-Domain ausgeschlossen (BGH, GRUR 2008, 1099, 1100 Rn. 19 – afilias.de; BGH, GRUR 2014, 393, 395 Rn. 22 – wetteronline.de). (…)
Das Merkmal der Zuordnungsverwirrung ist ebenfalls zu bejahen. Eine Zuordnungsverwirrung liegt im Regelfall bereits dann vor, wenn ein Dritter einen fremden Namen namensmäßig im Rahmen einer Internetadresse verwendet. Der Verkehr sieht in der Verwendung eines unterscheidungskräftigen, nicht sogleich als Gattungsbegriff verstandenen Zeichens als Internetadresse im Allgemeinen einen Hinweis auf den Namen des Betreibers des jeweiligen Internetauftritts (BGH GRUR 2002, 622 – shell.de; BGH, GRUR 2008, 1099 Rn. 25 – afilias.de; BGH, GRUR 2012, 304 Rn. 39 – Basler Haar-Kosmetik; BGH, GRUR 2014, 506, 507 Rn. 21 – sr.de). Das gilt bereits im Rahmen der bloße Registrierung bzw. Aufrechterhaltung der Registrierung der Domain, d.h. schon bevor eine Verwendung der Domain erfolgt. (…)
Ein Nichtberechtigter – wie hier die Beklagte – kann ausnahmsweise auf schützenswerte Belange verweisen, die im Rahmen der Interessenabwägung zu seinen Gunsten zu berücksichtigen sind. Dies ist etwa der Fall, wenn die Registrierung des Domainnamens durch den Nichtberechtigten nur der erste Schritt im Zuge der für sich genommen rechtlich unbedenklichen Aufnahme einer entsprechenden Benutzung als Unternehmenskennzeichen ist oder wenn das Kennzeichen- oder Namensrecht des Berechtigten – wie hier – erst nach der Registrierung des Domainnamens durch den Domaininhaber entstanden ist (BGH, GRUR 2008, 1099, Rn. 27 ff. – afilias.de; BGH, GRUR 2012, 304 Rn. 40 – Basler Haar-Kosmetik; BGH, GRUR 2014, 506, 508 Rn. 28 – sr.de). Im Rahmen der Prüfung einer Namensverletzung gemäß § 12 BGB geht es in erster Linie um die Abwägung namensrechtlich relevanter Interessen. Insoweit ist von maßgebender Bedeutung, ob die Parteien, deren Interessen abzuwägen sind, den Namen auch namensmäßig benutzen wollen (im Hinblick auf den Berechtigten: BGH, GRUR 2004, 619, 621 – kurt-biedenkopf.de; im Hinblick auf den Nichtberechtigten: BGH, GRUR 2008, 1099 Rn. 28 f. – afilias.de).
Hier besteht die Besonderheit, dass bei Registrierung der Domain für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland am 16. März 2006 (Anlage B 6) weder ein entsprechendes Namensrecht der Klägerin noch ein solches der Muttergesellschaft der Klägerin bestanden hat. Daher kann eine Namensrechtsverletzung nur auf der Grundlage einer Abwägung der widerstreitenden schutzwürdigen Interessen beider Parteien festgestellt werden (vgl. dazu BGH, GRUR 2005, 430, 431 – mho.de; OLG Hamburg, GRUR-RR 2010, 208, 209 – statdtwerke-uetersen.de). Diese Abwägung geht vorliegend zugunsten der Beklagten aus. (…)
Gezielt ist die Behinderung des Mitbewerbers unter anderem dann, wenn er seine Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen kann. Dies ist auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit zu prüfen (BGH, GRUR 2009, 685, 689 Rn. 41 – ahd.de; BGH, GRUR 2001, 1061 – Mitwohnzentrale.de; BGH, GRUR 2002, 902, 905 – Vanity-Nr.). Unlauter kann eine Wettbewerbshandlung danach unter anderem sein, wenn sie sich zwar auch als Entfaltung eigenen Wettbewerbs darstellt, aber das Eigeninteresse des Handelnden unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Wettbewerbsfreiheit weniger schutzwürdig ist als die Interessen der übrigen Beteiligten und der Allgemeinheit. Eine auf die Behinderung gerichtete Absicht ist nicht erforderlich (BGH, GRUR 2007, 800 – Außendienstmitarbeiter). Nach diesen Grundsätzen kann die Registrierung eines Domainnamens nur bei Vorliegen besonderer Umstände den Tatbestand einer unlauteren Mitbewerberbehinderung erfüllen. Solche besonderen Umstände liegen im Streitfall nicht vor. (…)
Der Umstand, dass die Klägerin wegen der Registrierung des Domainnamens auf die Beklagte daran gehindert ist, diesen für ihr Unternehmen zu nutzen, ist Folge des bei der Vergabe von Domainnamen geltenden Prioritätsprinzips. Die darin liegende Beeinträchtigung ihrer wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten hat die Klägerin daher grundsätzlich hinzunehmen. Zum Zeitpunkt der Registrierung des Domainnamens im März 2006 standen zudem – wie oben ausgeführt – in der Bundesrepublik Deutschland weder der Klägerin noch ihrer Unternehmensgruppe Rechte an der Bezeichnung „Creditsafe” zu. Ihr Unternehmenskennzeichenrecht „Creditsafe“ ist frühestens durch Benutzungsaufnahme Anfang 2010 entstanden. Auf prioritätsbessere Rechte von Dritten kann sie sich – wie bereits ausgeführt – nicht berufen.
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