Für Unterlassungsansprüche nach § 6 GeschGehG besteht zwar keine Dringlichkeitsvermutung; die Vorschrift des § 12 Abs. 1 UWG ist nicht analog anwendbar, so das OLG Nürnberg (3 U 889/23). Bei Ansprüchen wegen der Verletzung von Geschäftsgeheimnissen ergebe sich der nach §§ 935, 940 ZPO erforderliche Verfügungsgrund regelmäßig bereits aus der Sache selbst.
Das Gericht schließt sich insoweit ausdrücklich der Rechtsauffassung an, die eine analoge Anwendung der Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 1 UWG auf Unterlassungsansprüche nach § 6 GeschGehG mangels planwidriger Regelungslücke ablehnt:
Denn der Gesetzgeber dehnte die Dringlichkeitsvermutung anlässlich der Übernahme der §§ 17-19 UWG a.F. in das am 26.4.2019 in Kraft getretene GeschGehG in Kenntnis dieser Spezialregel nicht auf dieses Gesetz aus. Vielmehr führte er aus, dass es – soweit keine speziellen Bestimmungen für die Geltendmachung der dort vorgesehenen Ansprüche im einstweiligen Rechtsschutz getroffen wurden – bei den allgemeinen verfahrensrechtlichen Bestimmungen verbleibe (Begründung zum RegE vom 04.10.2018, BT-Drs. 19/4724, S. 34). Daraus ergibt sich, dass er im GeschGehG bewusst von spezifischen Regelungen zum Verfügungsverfahren absah, während er mit Wirkung zum 14.01.2019 – also im engen zeitlichen Zusammenhang zum hiesigen Gesetzgebungsverfahren – eine Dringlichkeitsvermutung in Kennzeichensachen einführte (§ 140 Abs. 3 MarkenG).
Bei Ansprüchen wegen Verletzung von Geschäftsgeheimnissen ergebe sich die Dringlichkeit regelmäßig aus der Natur der Sache.
Ein Verfügungsgrund nach §§ 935, 940 ZPO besteht in der objektiv begründeten Besorgnis, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Gläubigers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, so dass er wegen besonderer Dringlichkeit einer vorläufigen Sicherung seines Anspruchs bis zur Entscheidung in der Hauptsache bedarf. Erforderlich ist eine einzelfallbezogene Interessenabwägung.
Dabei ist eine Folgenabwägung vorzunehmen: Das Interesse des Verfügungsklägers muss die Nachteile eines Abwartens bis zur Entscheidung in der Hauptsache derart überwiegen, dass der Eingriff in die Sphäre des Verfügungsbeklagten durch ein bloß summarisches Verfahren gerechtfertigt ist. Bei der Verletzung eines Geschäftsgeheimnisses führt nach Auffassung des Gerichts die Abwägung der widerstreitenden Interessen der Parteien dazu, dass der nach §§ 935, 940 ZPO erforderliche Verfügungsgrund regelmäßig zu bejahen ist:
Denn ein Geschäftsgeheimnis wird grundsätzlich vor allem dadurch geschützt, dass es Dritten nicht zugänglich gemacht wird, weil es sonst den Charakter eines Geheimnisses verliert. Vor diesem Hintergrund verlangt die Rechtsordnung in der Regel bei einer eingetretenen Verletzung nach einer dringlichen Untersagungsverfügung. Die Dringlichkeit ist somit auf eine gewisse Weise dem Geheimnisschutz inhärent (BeckOK GeschGehG/Spieker, 15. Ed. 15.03.2020, GeschGehG § 6 Rn. 46).
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