Zwei Mal der scheinbar gleiche Sachverhalt, zwei grundverschiedene Urteile: Da kauft jemand via „Sofort Kaufen“ für 1 Euro etwas erheblich unter Wert. Der unerfreute Verkäufer erklärt Anfechtung wegen eines Irrtums und wird vom AG Zittau (5 C 0219/09) damit nicht gehört, vom LG Köln (18 O 150/ 10) aber schon. Wie kommt dieses Auseinanderfallen zu Stande?
Das LG Köln geht richtig vor und verbucht das versehentliche Anklicken der Option „Sofort-Kaufen“ als Erklärungsirrtum. Dazu das LG Köln:
Dementsprechend ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass ein Erklärungsirrtum möglich ist, wenn das Angebot statt als Aktion (mit einem Startpreis von 1,00 €) durch Versehen zum Sofort-Kauf angeboten wird (LG Kiel v. 11.02.2004 – 1 S 153/03, juris: Verstärker im Wert von 1.000,00 zum Sofort-Kauf von 1,00 €; LG Stuttgart v. 21.12.2007 – 24 0 317/07, juris: Auto im Wert von 45.000,00 € zum Sofort-Kauf von 100,00 €; AG Kassel v. 23.04.2009 – 421 C 746/09, juris: neues i-Phone im Wert von 500,00 zum Sofort-Kauf von 1,00 €; AG Bremen v. 25.05.2007 – 9 C 142/09; 9 C 0142/07, juris: zwei Werder-Bremen Stammkarten zum Preis von 1,00 €). Allen Fällen ist gemeinsam, dass ein evidentes Missverhältnis, zwischen dem Sofort-Kauf-Angebot und dem Wert des angebotenen Gegenstandes liegt. Dieses ist im streitgegenständlichen Fall auch zu bejahen. Aus Sicht eines objektiven Dritten war offensichtlich, dass die Beklagte nicht einen neuen qualitativ hochwertigen Whirlpool für 6 Personen für 1,00 verkaufen wollte.
Das AG Zittau wäre vielleicht auch zu diesem Ergebnis gekommen. Der Weg war aber versperrt, denn der Verkäufer hat nicht genug vorgetragen, um dem Gericht die Argumentation zu ermöglichen. Dazu das AG:
Der Beklagte hat zwar die Anfechtung nach § 143 Abs. 1 BGB erklärt. Der Beklagte hat aber keinen Grund zur Anfechtung. Er hat lediglich behauptet, dass ihm beim Einstellen des Artikels ein Fehler unterlaufen sei. Dies allein ist jedoch nicht ausreichend. Ein Anfechtungsgrund sind insbesondere Erklärungs- und Inhaltsirrtum nach § 119 Abs. 1 BGB sowie ein Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft nach § 119 Abs. 2 BGB. Deren Voraussetzungen sind jedoch nicht dargetan, worauf der Beklagte bereits mit Verfügung vom 06.07.2009 hingewiesen wurde.
Eben: Einfach nur „ich habe mich vertan, das wollte ich nicht“ ist zu wenig. Man muss schon konkret darlegen was wie schief gelaufen ist. Wer das verschläft, der verliert.
Daneben ist nur kurz darauf hinzuweisen, dass jemand, der über 1000 Artikel in 3 jahren bei eBay verkauft, natürlich Umsatzsteuerpflichtig ist. Das FG Baden-Württemberg (1 K 3016/08) hat dies festgestellt, die Nachzahlung dürfte nicht unbeträchtlich sein. Sicherlich ein extremes Beispiel, aber wieder einmal muss erinnert werden: Wer „zu viel“ bei ebay verkauft, muss sowohl an steuerliche als auch an rechtliche Konsequenzen (insbesondere Widerrufsrechte für Verkäufer) zu denken. Da hilft es auch nichts, ob die verkauften Gegenstände aus privatem Besitz stammen und man sich gar nicht erst als Gewerbetreibender „fühlt“: All das hat mit der rechtlichen Problematik nichts zu tun.
Zu guter Letzt ist mit dem OLG Hamm (I-4 U 142/10) festzuhalten, dass ein Verstoss gegen eBay-grundsätze nicht automatisch ein wettbewerbsrechtlicher (und damit abmahnfähiger) Verstoss sein muss. Es ging darum, dass jemand entgegen den ebay-Richtlinien mehr als drei identische Artikel eingestellt hat und von einem Konkurrenten abgemahnt wurde. Zu Unrecht befand das OLG Hamm.
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