Die Einrede der Verjährung kann erstmals auch noch in der Berufungsinstanz erhoben werden, wenn die insoweit relevanten Tatsachen unstreitig sind. Das hat der Große Senat für Zivilsachen des Bundesgerichtshofs am 23. Juni 2008 entschieden.
Hintergrund des Verfahrens war eine Bürgschaftsklage. Die Beklagte war in erster Instanz zur Zahlung verurteilt worden, hatte hiergegen aber Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren berief sie sich nun erstmals auf die Verjährung der Hauptforderung. Zu spät, hatte das Oberlandesgericht geurteilt. Zwar sei die Verjährungsfrist tatsächlich abgelaufen. Da die Beklagte dies aber bereits in der ersten Instanz hätte geltend machen können, sei die Verjährung im Berufungsverfahren gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr berücksichtigungsfähig.
Der im Revisionsverfahren zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs sah dies anders, war an einer entsprechenden Entscheidung aber durch ein Urteil des X. Zivilsenats (BGH, Urteil v. 21. Dezember 2005 – X ZR 165/04, GRUR 2006, 401, 404, Tz. 26.), das auf der Linie des Oberlandesgerichts lag, gehindert. Er legte die Frage deshalb dem Großen Senat für Zivilsachen vor (Beschluss v. 4. Dezember 2007 – XI ZR 144/06, NJW 2008, 1312 ff.).
Der Große Senat hat nun entschieden, dass die Präklusionsvorschrift des § 531 Abs. 2 ZPO in solchen Fällen dann nicht anzuwenden ist, wenn sowohl die Erhebung der Verjährungseinrede als auch diejenigen tatsächlichen Umstände, die ihr zugrunde liegen, unstreitig sind. Zur Begründung hat er im Wesentlichen auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Zulässigkeit von neuem Tatsachenvortrag im Berufungsverfahren verwiesen. Danach sind unstreitige neue Tatsachen stets zu berücksichtigen. Für die Verjährung könne, so der Große Senat, nichts anderes gelten. Eine abweichende Bewertung sei insbesondere nicht dadurch gerechtfertigt, dass die Verjährung als Einrede vom Schuldner geltend zu machen sei. § 531 Abs. 2 ZPO unterscheide nämlich gerade nicht zwischen Einreden und Einwendungen, die von Amts wegen zu berücksichtigen sind.
Beschluss vom 23. Juni 2008 – GSZ 1/08
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