Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in Unternehmen bringt viele Chancen mit sich, wirft aber auch erhebliche rechtliche Fragen auf, insbesondere im Bereich des Arbeitsrechts. Unternehmen, die KI implementieren, müssen sicherstellen, dass die Nutzung dieser Technologien mit den gesetzlichen Vorschriften im Einklang steht, um die Rechte der Arbeitnehmer zu schützen. Im Folgenden werden die wichtigsten rechtlichen Aspekte zusammengefasst, die bei der Einführung von KI im Unternehmen zu beachten sind.
1. Datenschutz und Arbeitnehmerrechte
Der Schutz personenbezogener Daten ist ein zentraler Aspekt beim Einsatz von KI im Unternehmen. Sowohl die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) als auch spezifische nationale Regelungen, wie das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), setzen strenge Anforderungen an die Verarbeitung von Mitarbeiterdaten. Besonders kritisch ist die Nutzung von KI für automatisierte Entscheidungen, die erhebliche Auswirkungen auf die Rechte der Arbeitnehmer haben können.
- Verbot automatisierter Einzelentscheidungen: Art. 22 DSGVO verbietet Entscheidungen, die ausschließlich auf automatisierter Datenverarbeitung beruhen und rechtliche Auswirkungen haben oder den Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Dies schließt Entscheidungen über Einstellungen, Kündigungen und disziplinarische Maßnahmen ein. Eine solche Entscheidung ist nur dann zulässig, wenn sie durch menschliche Überprüfung begleitet wird oder eine ausdrückliche Einwilligung der betroffenen Person vorliegt.
- Informationspflichten und Transparenz: Unternehmen sind verpflichtet, ihre Mitarbeiter umfassend über den Einsatz von KI-Systemen zu informieren, insbesondere wenn automatisierte Entscheidungsprozesse genutzt werden. Die betroffenen Mitarbeiter haben das Recht, über die Logik, die Bedeutung und die angestrebten Auswirkungen der Verarbeitung informiert zu werden.
2. Einsatz von KI im Personalmanagement
KI wird zunehmend zur Automatisierung von Personalprozessen eingesetzt, einschließlich der Bewerberauswahl, Leistungsbewertung und Personalplanung. Bei der Anwendung solcher Systeme müssen Unternehmen sicherstellen, dass keine Diskriminierung stattfindet und dass die Rechte der Mitarbeiter gewahrt bleiben:
- Antidiskriminierung: Der Einsatz von KI muss so gestaltet sein, dass keine diskriminierenden Entscheidungen getroffen werden. Die Systeme müssen regelmäßig überprüft und angepasst werden, um sicherzustellen, dass sie nicht auf unzulässigen Kriterien basieren. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verlangt, dass die verwendeten Algorithmen und Datenquellen frei von Verzerrungen sind, die zu Diskriminierungen führen könnten.
- Individualarbeitsrechtliche Herausforderungen: KI-Systeme im Personalbereich müssen die Grundsätze der Vertragsfreiheit und die Anforderungen des Arbeitsvertragsrechts beachten. Dies schließt auch die rechtlichen Anforderungen an die Abgabe von Willenserklärungen ein, etwa bei der Einstellung oder Beendigung von Arbeitsverhältnissen. Besondere Beachtung findet die Frage, ob durch ein KI-System abgegebene Erklärungen die Voraussetzungen für eine wirksame Willenserklärung erfüllen, da ein KI-System nicht selbst als Rechtssubjekt agiert.
3. Überwachung und Kontrolle durch KI
Der Einsatz von KI zur Überwachung der Leistung und des Verhaltens von Mitarbeitern kann tiefgreifende Auswirkungen auf die Arbeitsbeziehungen haben. Solche Systeme müssen so gestaltet sein, dass sie die Privatsphäre der Mitarbeiter respektieren und keine unverhältnismäßigen Eingriffe darstellen.
- Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats: Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung von technischen Systemen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Es ist daher notwendig, den Betriebsrat frühzeitig in den Entscheidungsprozess einzubeziehen und sicherzustellen, dass die Systeme den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.
4. Rechtswirksamkeit von KI-gestützten Willenserklärungen
Ein wichtiger rechtlicher Aspekt ist die Frage, ob durch KI-Systeme generierte Erklärungen rechtswirksam sind. Nach der überwiegenden Meinung können KI-Systeme, die automatisierte Entscheidungen treffen, als Boten oder Stellvertreter des Unternehmens agieren, sofern die Erklärungen durch den Willen des Betreibers gedeckt sind. Dies setzt voraus, dass das System so programmiert wurde, dass es nur vorhersehbare und vom Betreiber gewollte Erklärungen abgibt.
Schriftformerfordernisse und Billigkeitskontrolle: In Fällen, in denen gesetzliche Schriftformerfordernisse bestehen (z.B. bei Kündigungen), sind die von KI-Systemen generierten Erklärungen unwirksam, da sie keine eigenhändige Unterschrift enthalten können. Weiterhin müssen arbeitgeberseitige Weisungen, die von KI-Systemen erteilt werden, einer Billigkeitskontrolle standhalten, wie sie nach § 106 Gewerbeordnung (GewO) erforderlich ist. Dies bedeutet, dass die Entscheidung im Ergebnis fair sein muss, auch wenn der Entscheidungsprozess nicht überprüfbar ist.
KI im betrieblichen Arbeitsalltag
Algorithmische Fairness und Bias
Unternehmen müssen sicherstellen, dass KI-Systeme im Personalmanagement frei von Diskriminierungen sind. KI kann Vorurteile verstärken, wenn die Trainingsdaten Verzerrungen enthalten. Die Systeme sollten regelmäßig auf Fairness überprüft werden, um sicherzustellen, dass sie keine diskriminierenden Muster bei der Einstellung, Beförderung oder Beurteilung von Mitarbeitern aufweisen. Es ist ratsam, externe Audits und regelmäßige Überprüfungen der KI-Algorithmen durchzuführen.
Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
Neben der Überwachung durch KI ist auch der Einsatz von KI bei Entscheidungsprozessen im Personalmanagement mitbestimmungspflichtig. Der Betriebsrat hat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung von technischen Systemen, die zur Überwachung oder Beurteilung der Arbeitnehmer verwendet werden. Unternehmen müssen daher den Betriebsrat frühzeitig einbinden und transparent über den Einsatz solcher Systeme informieren.
Transparenz und Erklärbarkeit von KI-Entscheidungen
Mitarbeiter haben ein berechtigtes Interesse daran zu verstehen, wie Entscheidungen, die sie betreffen, getroffen werden. KI-Systeme, die Personalentscheidungen automatisieren, müssen nicht nur rechtlich transparent sein, sondern auch erklärbar. Unternehmen sollten Mechanismen zur Verfügung stellen, die es ermöglichen, die Logik und Kriterien hinter KI-Entscheidungen nachvollziehbar zu machen.
Rechtsfolgen automatisierter Entscheidungen
Neben dem Verbot von vollautomatisierten Entscheidungen gemäß Art. 22 DSGVO müssen Unternehmen sicherstellen, dass KI-gestützte Entscheidungen im Personalbereich immer eine menschliche Überprüfung beinhalten. Das bedeutet, dass die finale Entscheidung nicht ausschließlich von der KI getroffen werden darf, sondern ein menschliches Eingreifen möglich und notwendig ist.
Datensicherheit und Schutz sensibler Mitarbeiterdaten
Beim Einsatz von KI im Personalmanagement werden oft sensible personenbezogene Daten verarbeitet, die besonderen Schutz erfordern. Unternehmen müssen sicherstellen, dass diese Daten sicher gespeichert und verarbeitet werden, um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen. Dazu gehören Maßnahmen zur Anonymisierung, Pseudonymisierung und zur Beschränkung des Datenzugriffs.
Compliance mit Arbeitszeitgesetzen
KI-Systeme, die zur Überwachung von Arbeitszeiten oder der Produktivität eingesetzt werden, müssen ebenfalls die bestehenden arbeitsrechtlichen Vorgaben, wie das Arbeitszeitgesetz, einhalten. Systeme, die übermäßige Kontrolle ausüben oder zur Erfassung jeder Aktivität der Mitarbeiter genutzt werden, könnten als unverhältnismäßig angesehen werden und gegen das Persönlichkeitsrecht verstoßen.
5. Arbeitsschutz und Gesundheit
Der Einsatz von KI-Systemen am Arbeitsplatz kann auch Auswirkungen auf die Gesundheit der Mitarbeiter haben, sowohl physisch als auch psychisch. Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass durch den Einsatz von KI keine unverhältnismäßigen Belastungen entstehen und die Systeme den Arbeitsschutzvorschriften entsprechen.
- Präventive Maßnahmen: Unternehmen sollten präventive Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die Nutzung von KI-Systemen keine negativen gesundheitlichen Auswirkungen hat. Dies umfasst die regelmäßige Überprüfung der Systeme auf potenzielle Risiken und die Schulung der Mitarbeiter im Umgang mit der Technologie.
6. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
Der Einsatz von KI hat oft weitreichende Auswirkungen auf Arbeitsabläufe und die Arbeitsbedingungen. Der Betriebsrat hat daher umfassende Mitbestimmungsrechte bei der Einführung und Anwendung von KI-Systemen:
- Unterrichtungs- und Beratungsrechte: Gemäß § 90 BetrVG muss der Arbeitgeber den Betriebsrat über geplante Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Einsatz von KI umfassend informieren und die Auswirkungen auf die Arbeitnehmer rechtzeitig beraten.
- Mitbestimmung bei Auswahlrichtlinien: § 95 BetrVG gibt dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Aufstellung von Richtlinien zur personellen Auswahl, wenn KI-Systeme zum Einsatz kommen. Dies umfasst auch Entscheidungen über Einstellungen, Versetzungen und Kündigungen.
Die anstehende KI-Verordnung der EU legt fest, dass hochriskante KI-Systeme einer Konformitätsbewertung unterzogen werden müssen, bevor sie in den Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden dürfen. Dies gilt insbesondere für Systeme, die als sicherheitskritisch eingestuft sind, wie z.B. solche, die im Personalmanagement oder für Überwachungszwecke eingesetzt werden. Unternehmen sollten sicherstellen, dass sie die Konformitätsanforderungen gemäß der Verordnung erfüllen, um rechtliche Risiken zu minimieren und die Einhaltung von EU-Vorschriften sicherzustellen.
Fazit
Der Einsatz von KI im Unternehmen bietet viele Vorteile, bringt jedoch auch erhebliche rechtliche Herausforderungen mit sich. Unternehmen müssen sicherstellen, dass sie den gesetzlichen Rahmen einhalten und die Rechte ihrer Mitarbeiter schützen. Dazu gehört die Einhaltung von Datenschutz- und Antidiskriminierungsvorschriften, die Einbindung des Betriebsrats und die Berücksichtigung der rechtlichen Anforderungen an die Abgabe von Willenserklärungen.
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