Das Arbeitsgericht Bochum (3 Ca 1203/11) möchte „scharfe Äußerungen“ über den (Ex-)Chef auf Facebook (hier: „Armseliger saftladen und arme pfanne von chef“) jedenfalls dann zulassen, wenn der Beitrag nur für Kontakte sichtbar ist und nicht für die Öffentlichkeit.
Das Gericht dazu:
Bei der Bezeichnung der Klägerin als „Drecksladen“ und „armseliger Saftladen“ handelt es sich zwar um Formalbeleidigungen. Jedoch ist auch die Verwendung dieser Begriffe nach Auffassung der Kammer im vorliegenden Kontext innerhalb eines Dialogs auf dem facebook-Profil […] gedeckt. […] In Anlehnung an die Rechtsprechung des BAG zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen Beleidigungen des Arbeitgebers in vertraulichen Gesprächen mit Arbeitskollegen oder Freunden, wird man die streitgegenständlichen Äußerungen im Rahmen von privaten Gesprächen – wenn auch in einem Internetchat – noch als zulässig erachten müssen. Fallen in vertraulichen Gesprächen mit Arbeitskollegen oder Freunden ehrverletzende Äußerungen über den Arbeitgeber oder Vorgesetzte, so wäre eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht ohne Weiteres zu rechtfertigen. Der Arbeitnehmer darf anlässlich solcher Gespräche regelmäßig darauf vertrauen, seine Äußerungen würden nicht nach außen getragen. […]
Äußerungen, die gegenüber Außenstehenden oder der Öffentlichkeit wegen ihres ehrverletzenden Gehalts nicht schutzwürdig wären, genießen in Vertraulichkeitsbeziehungen als Ausdruck der Persönlichkeit und Bedingung ihrer Entfaltung verfassungsrechtlichen Schutz, der dem Schutz der Ehre des durch die Äußerung Betroffenen vorgeht (vgl. BAG, Urteil vom 10.12.2009 – 2 AZR 534/08 – Juris). Diese Grundsätze sind auf Dialoge im Internet und geltend gemachte Unterlassungsansprüche zu übertragen. Aufgrund des technischen Wandels ersetzt ein Chat im Internet immer häufiger das persönlich gesprochene Wort. Solange diese Dialoge nicht für jedermann zugänglich sind, sondern nur für einen überschaubaren Kreis von Personen bzw. Freunden, handelt es sich noch um ein vertrauliches „Gespräch“, in dem die Wortwahl gegenüber dem Arbeitgeber auch mal drastischer ausfallen kann.
[…] Daran ändert sich auch nichts, wenn gegebenenfalls auch andere Mitarbeiter der Klägerin zu den „Freunden“ des Beklagten […] gehören und daher Zugriff auf den Dialog hatten.
Das LAG Hamm (5 Sa 451/12) sah dies wohl ein wenig kritisch, hat sich letztlich dazu aber nicht mehr geäußert, da sich Kläger und Beklagter dort dann in einem Vergleich geeinigt hatten. Es ist zu sehen, dass das Arbeitsgericht Hagen (3 Ca 2597/11, hier besprochen) die Angelegenheit jedenfalls dann anders sieht, wenn so viele Mitarbeiter mitlesen, dass man quasi von einem „Schwarzen Brett“ sprechen könnte.
Die Argumentation des ArbG Hagen ist insofern letztlich recht überzeugend, aber nicht unbedingt im Widerspruch zum Arbeitsgericht Bochum. Letztlich kommt es halt auf die Würdigung im Einzelfall an, die durchaus in Details entscheidend ist.
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