Markenrecht und Farbmarke: Zur Beschreibenden Verwendung einer Marke

Beim Bundesgerichtshof (I ZB 65/13) ging es im Rahmen des Streits um eine Farbmarke um elementare Fragen der Farbmarke im Markenrecht. Die Entscheidung bietet dabei einige interessante Aussagen, wobei speziell die beschreibende Nutzung und die Frage des Gutachtens interessant sind:

Bei der Prüfung der Verkehrsdurchsetzung einer abstrakten Farbmarke (§ 8 Abs. 3 MarkenG) ist zu berücksichtigen, dass aus der Bekanntheit in dieser Farbe gestalteter Produkte nicht notwendig folgt, dass die Produktaufmachung in gleichem Um-fang als Herkunftshinweis aufgefasst wird. Ergibt jedoch eine Verkehrsbefragung einen Durchsetzungsgrad von mehr als 50%, so kann – ebenso wie im Falle einer dreidimensionalen Marke – auf eine markenmäßige Verwendung der konturlosen Farbe durch den Markeninhaber geschlossen werden (…)

Es stellt einen methodischen Mangel eines demoskopischen Gutachtens über die Verkehrsdurchsetzung einer abstrakten einfarbigen Farbmarke dar, wenn den Befragten eine Farbkarte vorgelegt wird, auf der die Farbfläche in einer anderen Farbe umrandet ist, und nicht ausgeschlossen werden kann, dass durch die Farbkombination das Ergebnis des Gutachtens beeinflusst worden ist.

Zur Verkehrsdurchsutzung als Herkunftshinweis

Eine Verkehrsdurchsetzung als Herkunftshinweis setzt grundsätzlich eine Verwendung der Kennzeichnung als Marke, also eine markenmäßige Ver-wendung und damit nicht lediglich eine beschreibende Benutzung voraus. Die Tatsache, dass die Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unter-nehmen herrührend erkannt wird, muss auf der Benutzung des Zeichens als Marke beruhen, also auf einer Benutzung, die dazu dient, dass die angespro-chenen Verkehrskreise die Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen stammend identifizieren (…)
Bei der Verwendung einer Farbe in der Werbung oder auf der Ware oder deren Verpackung kann davon nur ausnahmsweise ausgegangen werden. Die angesprochenen Verkehrskreise sind es in vielen Produktbereichen und Dienst-leistungssektoren nicht gewohnt, der Verwendung einer Farbe in der Werbung oder auf einer Warenverpackung ohne Hinzutreten von graphischen Elementen oder Wortelementen einen Herkunftshinweis zu entnehmen, weil eine Farbe als solche in der Regel nicht zur Kennzeichnung der Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen, sondern nur als Gestaltungsmittel verwendet wird (…)

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt aber in Betracht, wenn der Verkehr aufgrund von Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem in Rede stehenden Warengebiet oder Dienstleistungssektor an die Verwendung von Farben als Kennzeichnungsmittel gewöhnt ist (…) oder wenn die Farbe im Rahmen aller sonstigen Elemente in einer Weise hervortritt, dass die angesprochenen Verkehrskreise sie als Produktkennzeichen verstehen (…) Die markenmäßige Verwendung einer abstrakten Farbe erfordert nicht notwendig deren Benutzung in Alleinstellung. Eine Marke kann infolge der Benutzung als Teil einer komplexen Kennzeichnung oder in Verbindung mit anderen Marken Unterscheidungskraft erlangen (…)

Methodischer Mangel im Gutachten

Das ist ebenso nachvollziehbar wie spannend – es ging um das „Niveau-Blau“ wobei den Probanden das Blau mit weissem Umriss präsentiert wurde; eben dies konnte aber Fehlvorstellungen hervor rufen:

Den Befragten ist eine Farbkarte vorgelegt worden, die nicht allein die abstrakte Farbmarke „Blau“ zeigt, sondern die über eine schmale weiße Umrandung verfügt. Diese Kombination einer blauen Farbfläche mit einem weißen Rand kann dazu geführt haben, dass Befragte eine nicht allein auf die Farbe „Blau“, sondern die Farbkombination „Blau-Weiß“ bezogene Herkunftsvorstellung geäußert haben. Die Produktgestaltung der Markeninhaberin weist vielfach eine Kombination dieser beiden Farben auf. Dazu zählt ihr sehr bekanntes Produkt Nivea Creme, das in einer blauen Dose mit weißem Schriftzug angeboten wird. Angesichts dieser Gefahr von Fehlzuordnungen ist der mit einer blauen Farbkarte mit weißer Umrandung festgestellte Zuordnungsgrad nicht hinrei-chend verlässlich. Bei der Einholung des neuen Gutachtens wird darauf zu ach-ten sein, dass den Befragten eine rein blaue Farbkarte ohne Untergrund oder Umrandung vorgelegt wird.

Bei Farbmarken funktioniert die Befragung nur mit Farbkarten ohne zusätzliche Farben sauber – es darf also weder ein Hintergrund noch eine wie auch immer geartete farbliche Umrandung erfolgen.

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner