Filesharing-Abmahnung: Urteil sieht keine Störerhaftung bei Untervermietung in Wohngemeinschaften

Das Landgericht Köln (14 O 320/12) vollbringt mal wieder bemerkenswertes in Sachen Filesharing-Abmahnungen und Störerhaftung: Da liest man dort doch allen Ernstes in einer Entscheidung vom 14.03.2013, also ganze 4 Monate nach der Klarstellung des BGH (I ZR 74/12, hier bei uns), folgenden Satz:

Eine solche Prüf- und Kontrollpflicht nimmt die Kammer in Bezug auf die Überlassung eines Internetanschlusses an minderjährige Kinder an. Die Überlassung des Internetanschlusses an minderjährige Kinder begründet – nicht zuletzt auch als Ausfluss elterlicher Aufsichtspflicht – die Verpflichtung des überlassenden Anschlussinhabers, das Kind über die Wahrung von Rechten Dritter und insbesondere über das Verbot an der Teilnahme von illegalen Filesharing-Netwerken im Internet zu belehren und ggf. das Verhalten des Kindes auf die Einhaltung dieser Vorgaben hin zu kontrollieren.

Nachdem der BGH ausdrücklich klar stellte, dass eine Störerhaftung bei Minderjährigen und Volljährigen Kindern nicht in Betracht kommt, wundert es doch arg, mit welcher Vehemenz man sich in Köln gegen Familien sträubt.

Umso mehr verwundert es aber, dass man innerhalb von Wohngemeinschaften nun eine Ausnahme machen möchte:

Nach Auffassung der Kammer bestehen auch keine anlasslosen Prüfungs- und Belehrungspflichten des Hauptmieters gegenüber seinen Untermietern, die nicht in seinem Haushalt wohnen. Prüfungs- und Kontrollpflichten vor Ort könnte der Hauptmieter, der die Räumlichkeiten und den Internetanschluss vollständig an die Untermieter überlässt, nicht erfüllen, wollte er nicht die im Rahmen des Mietverhältnisses geschuldete Unverletzlichkeit der Privatsphäre des Mieters verletzen. Auch eine gesonderte Belehrung ist grundsätzlich nicht erforderlich, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für eine mögliche Verletzung bestehen. Denn aus dem Untermietverhältnis folgen Schutz- und Rücksichtnahmepflichten der Untermieter, die auch die ordnungsgemäße und rechtmäßige Nutzung des Internetanschlusses umfassen, die ihnen im Rahmen des Untermietverhältnisses gestattet war.

Mit dem Landgericht Köln besteht damit in Wohngemeinschaften keine anlasslose Störerhaftung mehr für den Hauptmieter – mit sehr lebensnaher und juristisch vertretbarer Begründung. Warum man aber in Köln bereit ist, eine Wohngemeinschaft gegenüber einer Familie zu privilegieren, und dies entgegen den unmissverständlichen Worten des BGH, hinterlässt einen Schalen beigeschmack. Zumal ich die Familie unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes finde, die Wohngemeinschaft aber nicht. Es soll als Beispiel dahin stehen bleiben, warum Rechtsprechung zum Thema unkalkulierbar ist.

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner