Es ist – ich muss sagen glücklicherweise, weil ich mir in diesem Zuge eine Versachlichung der Debatte erhoffe – still geworden um das Thema „Filesharing-Abmahnung“. Weiterhin sind Filesharing-Abmahnungen in grosser Anzahl üblich, weiterhin werden in hoher Zahl Anschlussinhaber in Anspruch genommen, die um die Thematik nichts wussten. Und weiterhin gibt es Diskussionen, ob man das Thema gesetzgeberisch angehen sollte. Vor allem gefragt ist wohl, den Anwendungsbereich des §97a II UrhG explizit auszuweiten. Ich möchte einen anderen Weg ansprechen, vor allem auch um die Blickwinkel wieder zu öffnen.
Anstelle nur die Kosten im Blick zu haben und diese „um jeden Preis“ zu senken, möchte ich vorschlagen, die „Warnschussfunktion“, der die Abmahnung vom Gedanken her dient, in das Blickfeld zu richten. Wer bei mir auf Facebook mitliest, weiß, dass ich dementsprechend bereits im September 2010 einen Vorschlag an netzpolitische Sprecher verschiedener Bundestagsfraktionen gerichtet hatte. Nach dem bisherigen Feedback soll mein Vorschlag dort auch wohlwollend besprochen worden sein.
Nachdem nun die Internet-Enquete endlich ein Portal zur Beteiligung geschaffen hat, fand ich es als gelungenen Weg, meinen Vorschlag dort publik zu machen – es geht um die Schaffung eines §97a III UrhG, zu finden hier.
Das Ziel ist aber ausdrücklich, dort das Thema zu einer Debatte zu führen, nicht ein 1:1-Gesetzgebungsverfahren anzustreben. Mein ursprünglicher Vorschlag bestand aus 3 Din-A4-Seiten und bot mehrere Möglichkeiten, das Thema anzugehen. Zwei Beispiele, wie man meinen nun verkürzt eingestellten Vorschlag weiter entwickeln kann:
- Wer den Vorschlag als Basis für eine restriktive Handhabung von Abmahnungen ausbauen möchte, der kann vorschlagen, dass bei einer erstmaligen Abmahnung (entsprechend dem neuen Absatz 3) die Kostendeckelung des §97a II UrhG Anwendung findet. Diese Position werden vor allem Abgemahnte vertreten, da damit eine extrem „günstige“ Lösung erreicht werden dürfte.
- Die Vertreter von Rechteinhabern (die hier ja auch mitlesen), die ja gerade die „Warnschussfunktion“ immer wieder in den Fokus gesetzt haben in der Vergangenheit, werden nun einwenden, dass dies ihrem Arbeitsaufwand nicht gerecht wird und – so wie der §97a II UrhG – die Rechteinhaber als Auftraggeber über Gebühr benachteiligt werden. Aus diesem Blickwinkel können diejenigen, die das anführen wollen, den §97a II UrhG genau andersrum ins Spiel bringen und vorschlagen, dass im Falle des §97a III UrhG auf jede zurückgewiesene Abmahnung der §97a II UrhG Anwendung findet. Das Ergebnis: Wenn ein Verbraucher sich auf den §97a III UrhG beruft, muss er dennoch 100 Euro an den Abmahner zahlen.
Die obigen beiden Beispiele zeigen das Potential meines dort eingestellten Vorschlags: Jede Seite kann zu ihrem Gunsten Ergänzungen vortragen, wobei im Kern natürlich die Tendenz steht, „Verbraucher“ stärker in Schutz zu nehmen – jedenfalls Erscheinungsformen wie 10 „erste Abmahnungen“ mit jeweils 450-800 Euro Kosten wären danach kein Thema mehr. Andererseits wird man – berechtigt – Kritik daran üben müssen, das mein Vorschlag nicht nur auf Filesharing-Abmahnungen, sondern auf urheberrechtliche Verstösse insgesamt Anwendung findet. Ob das in dieser Form so sein muss oder dann nicht doch eine begriffliche Einschränkung vorgenommen werden muss, wird sicherlich Bestandteil einer weiteren Diskussionsschiene sein.
Ich hoffe letztendlich auf die Möglichkeit einer Debatte, die sonst nur in Elfenbeintürmen (oder Lobbyclubs) stattfindet. Und natürlich auf die Chance, das Thema auch zwingend einer politischen Diskussion zuzuführen.
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