In einem aktuellen mir vorliegenden gerichtlichen Hinweis stellt das Landgericht Köln im Oktober 2015 klar, dass es bei seiner bisherigen Rechtsprechung zur Höhe des Schadensersatzes und der Anwaltskosten bleibt.
Schadensersatzanspruch
Kurzum: Es bleibt bei 200 Euro Schadensersatz – pro Lied. Dabei freut sich das Landgericht offensichtlich darüber, dass man hiermit beim BGH kein Problem zu haben scheint
Soweit das Amtsgericht den ausgeurteilten Schadensersatz lediglich mit 10,00 EUR pro Musiktitel angesetzt hat, steht dies der ständigen Rechtsprechung der Kammer, welche im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Köln steht, entgegen, wonach regelmäßig ein Schadensersatzbetrag von 200,00 EUR angemessen ist. Zutreffend hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass dies vom Bundesgerichtshof ausweislich der entsprechenden Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs in den Urteilen vom 11. Juni 2015 (Tauschbörse I-III) bestätigt worden ist.
Gegenstandswert der Abmahnung bis zum Oktober 2013
Weiterhin gibt es keine „Hintertüre“ beim Landgericht Köln, man versucht nicht, die heutige gesetzliche Bemessung von 1000 Euro auf Fälle vor dem Oktober 2013 anzuwenden:
Die Ausführungen des Amtsgerichts zur Heranziehung des Gegenstandswertes von 1000,00 EUR im Sinne von § 97a UrhG in der seit dem 9. Oktober 2013 geltenden Fassung sind unbehelflich. Diese Vorschrift ist auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da die Abmahnung bereits im Jahre 2010 erfolgte (…) Maßgeblich ist vielmehr der von der Kammer in ständiger Rechtsprechung regelmäßig angesetzte Streitwert von 10.000,00 EUR in Fällen der öffentlichen Zugänglichmachung eines aktuellen Musikalbums in Filesharingnetzwerken, die sich an der ebenfalls ständige Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Köln orientiert (…) Anzusetzen ist eine 1,3 Gebühr nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (…)
Schwierige Rechtsprechung in Köln
Auf den ersten Blick ein eindeutiger Hinweis, der aber sehr differenziert zu sehen ist. So stammt dieser Hinweis nicht aus einem von mir geführten Verfahren, vielmehr erfolgten in den von mir anhängigen Verfahren beim LG Köln bisher gerade keine solchen Hinweise – hier lief aber die erste Instanz vollkommen anders und wir streiten uns vorwiegend um Fragen der Darlegungs- und Beweislast.
Doch es wird noch komplizierter, denn dieser Hinweis dokumentiert nicht nur die Rechtsprechung des LG Köln, sondern einen tief gehenden Bruch zwischen dem AG Köln und dem LG Köln. Trotz der klaren Linie des LG Köln erfahre ich nämlich regelmäßig beim AG Köln, dass man sich dieser Rechtsprechung verschliessen möchte. Man stellt beim AG Köln gerade keine erhöhten Anforderungen an die Darlegungslast zu den Familienmitgliedern und mindestens ein Richter verweigert sich höheren Schadensersatzvorstellungen. Das bedeutet für mich, man kann mit guter Wahrscheinlichkeit vor dem AG obsiegen, um dann mit ebenso guter Wahrscheinlichkeit vor dem LG zu verlieren. Ob das Sinn macht sei dahingestellt; auch die Gründe für diese Kluft kann ich schwer fassen, ich persönlich vermute, dass dies daran liegen könnte, dass die Amtsgerichte einfach häufiger mit solchen Fällen zu tun haben. Wer als Landgericht hin und wieder einen Anschussinhaber vor sich hat, der kann noch etwas von Vermutungen der Täterschaft sprechen; wer dagegen nahezu täglich Anschlussinhaber mit Kindern vor sich sitzen hat, wo die Vermutung schlicht abwegig erscheint, der tut sich irgendwann schwer zu verurteilen. Dass es das alleine nicht sein kann zeigt allerdings die lebensfremde Rechtsprechung beim AG München.
Letztlich hilft dies alles nicht, die Situation wird immer verfahrener und eine Lösung ist nicht in Sicht. Dabei mag man poltern wie man will: Die Augen davor zu verschliessen, wie gefährlich und wenig kontrollierbar die ganze Sachlage für Familien mit Kindern ist, mag funktionieren solange man junger Rechtsanwalt in der Grossbude ist. Es wird sich aber spätestens Rächen wenn man selber Kinder hat und merkt, dass man denen wahlweise nur das Internet ganz verbieten kann oder anderen Taten immer mit klebt. Diese Situation ist mit der grundgesetzlich geschützten Situation der Familie schlicht nicht zu vereinbaren.
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