Beim Landgericht München I (21 S 28809/11) ging es um die Frage, was man als abgemahnter und verklagter nach einer Filesharing-Abmahnung vor Gericht tun muss, wenn man meint wirklich nichts getan zu haben. Hier greift bei Gerichten gerne folgende Zange: Einmal wird (mit dem BGH) vermutet, dass der Anschlussinhaber für die Rechtsverletzung auch verantwortlich ist. Daneben wird dem Anschlussinhaber eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich entlastender Umstände aufgebürdet. Diese „sekundäre Darlegungslast“ wird aber gerne mal als sekundäre Beweislast falsch verstanden. Das LG stellt hier nun endlich – in Übereinstimmung mit der ZPO-Literatur! – fest, dass ein beauskunfteter Anschlussinhaber
prozessual jedoch nicht gehalten [ist], die im Rahmen der sekundären Darlegungslast vorgebrachten Tatsachen auch zu beweisen, um die tatsächliche Vermutung dafür, dass er für die Rechtsverletzung verantwortlich ist, zu entkräften.
[…]
Eine Umkehr der Beweislast ist mit der sekundären Darlegungslast ebensowenig verbunden wie eine über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast gemäß §138 Abs. 1 und 2 ZPO hinausgehende Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Kläger alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Steht
der Beweisführer – wie regelmäßig der Rechteinhaber in Bezug auf Vorgänge in der Sphäre des Anschlussinhabers – außerhalb des für seinen Anspruch erheblichen Geschehensablaufs, kann vom Prozessgegner im Rahmen des Zumutbaren das substantiierte Bestreiten der behaupteten Tatsache und die Darlegung der für das Gegenteil
sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden. Diese sekundäre Darlegungslast geht aber in der Regel nicht soweit, dass der Anschlussinhaber durch eigene Nachforschungen aufklären müsste, wer Täter der Rechtsverletzung ist.Erst recht obliegt dem Anschlussinhaber nicht der Beweis des Gegenteils in dem
Sinne, dass er sich bei jeder über seinen Internetzugang begangenen Rechtsverletzung zum Vorwurf der täterschaftlichen Begehung entlasten oder exkulpieren muss. […]
Die Aussagen sind deutlich und bekräftigen ein „Durchwinken ist nicht“ im Klagefall. Das Problem bleibt jedoch bestehen, wie man der sekundären Darlegungslast genügen kann – hier trifft das Landgericht keine weiteren Aussagen. Da es um einen sehr speziellen Fall ging (unstreitig war ein Internetzugang zwar vorhanden, aber nicht nutzbar) möchte ich von Verallgemeinerungen absehen. Insbesondere das typische Argument, man sei nicht zu Hause gewesen, ist meines Erachtens schwierig, da man nicht vorm Rechner sitzen muss, während der Tauschbörsen-Client aktiv ist. Daher: Eine Klare Ansage an das AG München, die inhaltlich auch überfällig war – aber letztlich möchte ich nicht so tun, als würden die massenhaften Klagen in München nun grundsätzlichen bedenken begegnen.
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