Filesharing: Warnhinweise bei Urheberrechtsverletzungen

Das Bundesministerium für Wirtschaft schreibt aus, und zwar eine:

Vergleichende Studie über Modelle zur Versendung von Warnhinweisen durch Internet-Zugangsanbieter an Nutzer bei Urheberrechtsverletzungen

Es sollen also (Dazu hier auch der Bericht bei Heise). Nun stilt man sich auch schon ein: Die Nutzer-Kommentare bei Heise und die bei Rechtsanwalt Stadler ergänzen sich inhaltlich ganz gut, im LBR-Blog ist man dagegen eher positiv gestimmt.

Was ich ein wenig bedaure: Mir fehlt die inhaltliche Debatte. Die gibt nämlich einiges her.

Zuerst einmal darf von einer Ausschreibung nicht auf das Ende des Rechtsstaats geschlossen werden – hier geht es erst einmal alleine um Warnungen. Keineswegs sind „Zugangssperren“ bereits in der Diskussion, zugleich wäre es aber weltfremd, nicht davon auszugehen, dass die Diskussion nur eine Frage der Zeit ist. Das „Three Strikes Out“-Modell (Nach drei Verwarnungen erfolgt die Sperre des Zugangs) wird auf kurz oder lang intensiv auch hierzulande diskutiert werden.

Wenn ich mich aber erst einmal auf das konzentriere, was hier vorliegt, erkenne ich sehr viel Potential für alle Beteiligten – was natürlich im Umkehrschluss auch Risiken für alle bedeutet. So wäre es durchaus möglich, das Warn-System an die Abmahnungen zu koppeln, so dass etwa eine Abmahnung erst erfolgen kann bei einem Rechtsverstoß nach einem Warnhinweis bzgl. einer Urheberrechtsverletzung. Da Rechteinhaber und Provider ohnehin zusammenarbeiten sollen beim Warnhinweissystem, sollte sich hier schnell ein brauchbares Verfahren etablieren lassen.

Zugleich bietet das System aber auch die Möglichkeit für Rechteinhaber, einen Verteidigungsschild der Anschlussinhaber zu durchbrechen: Wo nämlich im vorhinein Warnungen geflossen sind, da wird sich ein Anschlussinhaber bei einer Abmahnung schwer tun, den Ahnungslosen zu mimen. Allerdings ergeben sich an diesem Punkt schon Probleme, wenn man auf die Ausschreibung achtet: Die spricht nämlich nur von „Nutzern“, nicht von „Anschlussinhabern“. Und wenn das Modell tatsächlich so wäre, dass der 13-Jährige Sohn die Warnung bekommt und vor seinen Eltern verheimlicht, wäre der gesamte Ansatz im Ergebnis witzlos. Im Ergebnis sehe ich aber, auch schon mit Blick auf technische Aspekte, es geradezu zwingend, dass eben nicht der Nutzer, sondern der Anschlussinhaber „gewarnt“ wird. Dennoch ist es enttäuschend, dass selbst beim BMJ die Begrifflichkeiten nicht sauber getrennt werden.

Insgesamt, nur mit diesen beiden kleinen Beispielen, sehe ich guten Grund, den Gedanken zumindest zu diskutieren. Dabei finde ich es zwingend, das Rechtsmittel der Abmahnung gemeinsam mit dem „Warnsystem“ zu thematisieren – andernfalls wären die „Warnhinweise“ unnütz, denn wo ohnehin Abmahnungen kommen, kann man sich die deklaratorischen Warnhinweise dann gleich sparen. Anders herum gedacht aber, wenn die politische Diskussion unter Ausblendung der Abmahnpraxis beginnt, wird man sich wohl Sorgen machen müssen, dass es hierbei alleine darum geht, eine Möglichkeit der Zugangssperren zu etablieren. Denn wo die Abmahnungen weiterlaufen, machen Warnhinweise nur noch Sinn, wenn sie – entsprechend dem „Three Strikes Out“-Modell – die Funktion haben, weitere Sanktionen anzukündigen. Vor dem Hintergrund sollte nicht verschlafen werden, der Diskussion von Anfang an den richtigen Drall zu geben.

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner