Fototapete als Urheberrechtsverletzung beim LG Köln

Die jüngsten Entscheidungen des Landgerichts Köln zum Thema Urheberrechtsverletzung durch die Darstellung von Fototapeten auf Fotos werfen erhebliche Fragen zur Anwendbarkeit und Praktikabilität des Urheberrechts im Alltag auf. Die Urteile (14 O 60/23 und 14 O 75/23) betreffen Fälle, in denen Fototapeten im Hintergrund von Fotos zu sehen sind, die für Werbezwecke genutzt werden. Das Landgericht Köln hält insoweit an seinen früheren Entscheidungen, speziell LG Köln, 14 O 350/21, fest).

Diese Entscheidungen sind kritisch zu betrachten, insbesondere hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf alltägliche Nutzungsszenarien, wie etwa die Vermietung von Hotelzimmern oder Ferienwohnungen. Es gibt eine Mehrzahl anders lautender Entscheidungen, davon soll ein Fall inzwischen auch beim Bundesgerichtshof liegen.

Sachverhalt

In beiden Fällen ging es um die öffentliche Zugänglichmachung von Fotografien, auf denen Fototapeten im Hintergrund zu sehen waren. Im ersten Fall (14 O 60/23) handelte es sich um eine Ferienwohnungsvermieterin, die ein Foto ihrer Wohnung auf einer Website veröffentlichte. Im zweiten Fall (14 O 75/23) nutzte ein Maler die Fotos als Referenz für seine handwerklichen Arbeiten.

Rechtliche Analyse

Urheberrechtsverletzung und unwesentliches Beiwerk

Die Kernfrage, die das Landgericht Köln in beiden Fällen zu klären hatte, war, ob die Fototapeten auf den Bildern als „unwesentliches Beiwerk“ im Sinne des § 57 UrhG zu betrachten sind. Nach dieser Bestimmung ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken zulässig, wenn sie als unwesentliches Beiwerk neben dem eigentlichen Gegenstand der Vervielfältigung oder Verbreitung anzusehen sind.

Das Gericht kam in beiden Fällen zu dem Schluss, dass die Fototapeten kein unwesentliches Beiwerk darstellen und somit eine Urheberrechtsverletzung vorliegt. Diese Einschätzung stützt sich darauf, dass die Fototapeten einen wesentlichen Bestandteil der Raumgestaltung ausmachen und daher nicht als nebensächlich betrachtet werden können.

Praxisrelevanz und kritische Würdigung

Diese Urteile sind aus mehreren Gründen problematisch:

  1. Alltagstauglichkeit: Die Annahme, dass Fototapeten nicht als unwesentliches Beiwerk gelten, führt zu erheblichen praktischen Problemen. Es wäre etwa für Hotels und Ferienwohnungsvermieter nahezu unmöglich, ihre Räumlichkeiten zu bewerben, ohne potenzielle Urheberrechte zu verletzen. Dies könnte dazu führen, dass Fotos von Räumen ohne jegliche dekorative Elemente gemacht werden müssen, was weder ästhetisch ansprechend noch realitätsnah ist.
  2. Branchenübliche Praxis: Im Urteil wird argumentiert, dass es branchenüblich sei, dass keine gesonderte Vergütung für die Rechte an der öffentlichen Zugänglichmachung und Vervielfältigung von Lichtbildern der mit Fototapeten ausgestatteten Räumlichkeiten bezahlt wird. Dies deutet darauf hin, dass die Entscheidung des Gerichts nicht im Einklang mit der üblichen Praxis steht.
  3. Wirtschaftliche Auswirkungen: Die Entscheidungen des Landgerichts Köln könnten erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen haben, insbesondere für kleine Unternehmen und Privatpersonen, die ihre Räumlichkeiten online bewerben möchten. Die Notwendigkeit, für jede Verwendung von Fotografien, auf denen urheberrechtlich geschützte Werke im Hintergrund zu sehen sind, eine Lizenz zu erwerben, könnte finanziell belastend sein und den freien Markt beeinträchtigen.

Fazit

Die Entscheidungen des Landgerichts Köln werfen wichtige Fragen zur Anwendung des Urheberrechts im Alltag auf. Die strikte Anwendung der Urheberrechtsbestimmungen auf Fototapeten in Hintergrundbildern erscheint nicht praxisnah und führt zu erheblichen Einschränkungen in der Nutzung von Fotografien für Werbezwecke. Es bleibt abzuwarten, ob höhere Instanzen oder der Gesetzgeber hier für Klarheit sorgen und eine praxisgerechtere Lösung finden werden. Bis dahin sollten Betroffene genau prüfen, ob und wie sie urheberrechtlich geschützte Werke in ihren Fotografien verwenden.

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner