Der EUGH hat bekanntlich festgestellt, dass gebrauchte Software grundsätzlich weiter veräußert werden darf – auch wenn es sich lediglich um einen Download gehandelt hat. Diese Entscheidung wurde von den Softwareherstellern nicht mit allzu viel Euphorie aufgenommen, der ein oder andere Softwarehersteller versucht (nicht erst seit dieser Entscheidung) durch AGB einen unkontrollierten Weiterverkauf zu unterbinden. Das aber funktioniert nicht.
Urteil zur Zulässigkeit
So hat ein solcher vor dem LG Hamburg (315 O 449/12) erst kürzlich den Software-Anbieter SAP erfolgreich auf Unterlassung in Anspruch genommen, weil SAP eine unzulässige Einschränkung der Weitergabe vorgenommen hat, als in dortige AGB folgender Passus aufgenommen wurde:
„Die Weitergabe der SAP Software bedarf in jedem Fall der schriftlichen Zustimmung von SAP. SAP wird die Zustimmung erteilen, wenn der Auftraggeber eine schriftliche Erklärung des neuen Nutzers vorlegt, in der dieser sich gegenüber SAP zur Einhaltung der für die SAP Software vereinbarten Regeln zur Einräumung des Nutzungsrechts verpflichtet, und wenn der Auftraggeber gegenüber SAP schriftlich versichert, dass er alle SAP Software Originalkopien dem Dritten weitergegeben hat und alle selbst erstellten Kopien gelöscht hat. SAP kann die Zustimmung verweigern, wenn die Nutzung der SAP Software durch den neuen Nutzer ihren berechtigten Interessen widerspricht.“
Diese Klauseln hatte beim LG Hamburg keinen Bestand – zu Recht! Zu eng wird hier der Erschöpfungsgrundsatz betroffen, zu stark vom wesentlichen Gedanken des Gesetzes abgewichen. Dazu das LG Hamburg u.a.:
Nach der Formulierung der Klausel wird die Übertragbarkeit der Software grundsätzlich von der Zustimmung der Beklagten abhängig gemacht. Die Erteilung der Zustimmung wird unter die Bedingungen einer schriftlichen Verpflichtungserklärung des neuen Nutzers zur Einhaltung der für die SAP Software vereinbarten Regeln zur Einräumung des Nutzungsrechts, einer schriftlichen Erklärung des Auftraggebers über die vollständige Weitergabe aller Originalkopien an den Dritten und Löschung aller selbst erstellten Kopien und zudem unter die Bedingung des Fehlens entgegenstehender berechtigter Interessen der Beklagten gestellt. Damit wird die Weiterveräußerung der fraglichen Software unter einen Vorbehalt gestellt, nämlich die letztlich durch Satz 3 der Klausel (.berechtigte Interessen“) im freien Ermessen stehende Zustimmung der Beklagten, der in der nach Maßgabe der oben genannten EuGHRechtsprechung
auszulegenden gesetzlichen Regelung zur Erschöpfung nicht vorgesehen ist. Diese Regelung ist auch geeignet, Erwerber der SAP-Software vom Weiterverkauf abzuhalten. Vertragliche Verwendungsbeschränkungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die die Erschöpfungswirkung ausschließen, sind indes regelmäßig unwirksam (vgl. OLG Hamburg, a.a.O.; Dreyer/Kotthoff/Meckel, a.a.O., § 69c Rn. 30).
Daher: Abmahnfalle für Anbieter
Wenn also Anbieter in Ihre AGB mehr oder minder plump aufnehmen, dass gebrauchte Software nicht weiter verkauft werden kann, wird dies rechtswidrig sein – die AGB sind damit unwirksam. Unwirksame AGB sind im Verkehr mit Verbrauchern aber ein Wettbewerbsverstoß und können abgemahnt werden, so der BGH. Das bedeutet, wer als Anbieter so dumm ist, einen derart offensichtlichen Rechtsverstoss zu begehen, wird sich auf Abmahnungen einstellen müssen – etwa durch Verbraucherschutzverbände oder auch durch Konkurrenz sowie kommerzielle Anbieter gebrauchter Software.
Es droht damit jedem Anbieter eine – sicherlich auch peinliche – berechtigte Abmahnung, wenn man trotz der eindeutigen rechtlichen Lage versucht, sich seine Pfründe entgegen dem Erschöpfungsgrundsatz zu sichern.
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