Grenzbeschlagnahme – Die Grenzbeschlagnahme bei Produktpiraterie

Die Grenzbeschlagnahme ist ein wichtiges Mittel gegen Produktpiraterie, denn Plagiate oder Produktfälschungen finden nicht selten ihren Weg über eine Einfuhr. Würde das Rechtssystem Schutz erst ab dem Vertrieb gewähren, würde man den Rechtsbruch damit „sehenden Auges“ zulassen – eine Hilfe hiergegen bietet die Grenzbeschlagnahme, die bereits bei der Einfuhr ansetzt, in Deutschland über den Zoll. Bei einer Grenzbeschlagnahme kann bereits bei der Einfuhr angesetzt werden, der Vernichtungsanspruch durchgesetzt werden noch bevor die Ware in den Markt gelangt und zugleich der Rechtsverletzer aufgedeckt werden. Insbesondere ist auch zu sehen, dass die Möglichkeit des Vorgehens gegen Parallelimporte hier effektiv möglich ist.

Hinweis: Das deutsche Recht – insbesondere das Markenrecht und Wettbewerbsrecht – bietet insgesamt einen effektiven Weg für Rechteinhaber, um sich gegen Produktpiraterie zur Wehr zu setzen. Unsere Kanzlei hilft Ihnen im gesamten Markenrecht und bei der Rechtsdurchsetzung gegen Nachahmer und „Piraten“ – dazu unser Angebot „Produktanwalt“.

Produktpiraterie: Schutzrechte & Grenzbeschlagnahme

Es gibt eine Vielzahl von Schutzrechten, die auf unserer Seite zur Produktpiraterie dargestellt sind.

Grenzbeschlagnahme: Nationales & EU-Recht

Durch die Rechte bereits insbesondere aus Markenrecht, Urheberrecht, Designrecht und Gebrauchsmusterrecht bietet sich ein umfangreiches Regelwerk, das jeweils eigene Anspruchsgrundlagen für eine Grenzbeschlagnahme nach nationalem Recht vorsieht. Neben den nationalen Regelungen gibt es auf EU-Ebene vor allem die Verordnung (EU) Nr. 608/2013 zur Durchsetzung der Rechte geistigen Eigentums durch die Zollbehörden zu beachten. Beide Ansatzpunkte (nationales Recht und EU-Recht) stehen nebeneinander und ermöglichen am Ende ein Tätigwerden des deutschen Zolls beim Import nach Deutschland, also beim inner-europäischen Import, sowie beim Import von Drittländern in die EU insgesamt, etwa aus dem asiatischen Raum.

Beispiele für Grenzbeschlagnahmen

Aus meiner Tätigkeit kenne ich eine Vielzahl von Fällen der Grenzbeschlagnahme, einige Beispiele sollen es anschaulicher machen:

  • Die Grenzbeschlagnahme von Basecaps eines Herstellers, der gefälschte Basecaps bei der Einfuhr beschlagnahmen ließ;
  • Die Beschlagnahme von Fotokameras, die mit einem kopierten Kamera-Betriebssystem und kopierter Bedienungsanleitung vertrieben werden sollten.
  • Beschlagnahme von Software, die mit gefälschten Labels/Zertifikaten eingeführt werden sollten.
  • Beschlagnahme von Mobiltelefonen, die mal gefälscht waren, mal als Grauimport eingeführt werden sollten.

Bedeutung nationalen Rechts bei Grenzbeschlagnahme

In der Praxis ist zu sehen, dass der Zoll vorwiegend nach gemeinschaftsrechtlicher Grundlage mit einer Grenzbeschlagnahme tätig wird. Allerdings ist nicht zu verkennen, dass es durchaus bei der Grenzbeschlagnahme Sachverhalte gibt, die nur das nationale Recht erfasst, so insbesondere wenn es um Folgendes geht:

  • Schutz von Gebrauchsmustern
  • Gegenwehr gegen Parallelimporte oder Grauimporte
  • Innergemeinschaftlicher Warenverkehr
  • Lizenzüberschreitungen, wenn etwa eine genehmigte Lizenzmenge überschritten wird

Grenzbeschlagnahme: Vorgehen des Zolls

Es soll hier nur kurz angerissen werden, das Vorgehen ist je nach Grundlage durchaus unterschiedlich ausgestaltet. Auch wenn zwar ein Vorgehen von Amts wegen möglich ist: Jedenfalls wird ein Antrag des Rechteinhabers gestellt werden, der gewissen Formalien genügen muss und über ein Online-Portal bei der Zentralstelle Gewerblicher Rechtsschutz (ZGR) anzubringen ist.

Grenzbeschlagnahme des rechtsverletzenden Produkts

Wenn ein rechtsverletzendes Produkt aufgegriffen wird, wird die Überlassung der Waren ausgesetzt oder dieses zurückgehalten (EU) oder schlicht beschlagnahmt (nationales Recht). Am Ende jedenfalls wird das Produkt nicht ausgegeben sondern verbleibt beim Zoll, der Rechteinhaber kann nun tätig werden.

Der Rechteinhaber erhält bei einer Grenzbeschlagnahme Informationen vom Zoll, es kann bei bestimmten Schutzrechtsverletzungen auch ein Muster zur Analyse übergeben werden, bei umfangreichen Lieferungen findet mitunter eine Besichtigung statt.

Grenzbeschlagnahme: Tätigwerden des Rechteinhabers

Im besonders relevanten EU-Recht gilt: Der Rechteinhaber muss selber tätig werden, nachdem er vom Zoll informiert wurde, so ist etwa Stellung dazu zu nehmen, ob es sich tatsächlich um ein Rechtsverletzendes Produkt handelt, wobei dann die Vernichtung durch den Zoll im Raum steht, sofern der Empfänger nicht innerhalb von 10 Tagen widerspricht. Wenn der Empfänger widerspricht obliegt es dem Rechteinhaber, innerhalb von 10 Tagen ein Gericht anzurufen. Nur wenn das zivilgerichtliche Verfahren rechtzeitig eingeleitet wurde – und der Zollbehörde belegt wurde – wird die Ware durch die Zollbehörde dann weiter verwahrt. Anders läuft es bei der Beschlagnahme nach nationalem Recht, wo mit einem Widerspruch durch den Empfänger zu arbeiten ist, nach dem der Rechteinhaber innerhalb von 2 Wochen einstweiligen Rechtsschutz zu erwirken hat. Jedenfalls läuft es darauf hinaus, dass die Grenzbeschlagnahme ein effektiver erster Schritt ist, an den sich ein zielgerichtetes weiteres Vorgehen dann aber anschliessen muss.

Rechtsmittel des Empfängers im Rahmen der Grenzbeschlagnahme

Der Empfänger hat unterschiedliche Wege, sich zur Wehr zu setzen, die je nach Rechtsgrundlage unterschiedlich ausgestaltet sind. Bei erfolgten Maßnahmen des Zolls läuft es dabei vorwiegend auf einen Einspruch hinaus, darüber hinaus besteht die Möglichkeit für Lieferanten und Empfänger gegen eine Angekündigte Grenzbeschlagnahme Widerspruch einzulegen.

Schadensersatz bei Grenzbeschlagnahme

Bei der Grenzbeschlagnahme kommt mitunter auch ein Schadensersatz im Betracht, sowohl wegen unberechtigter Grenzbeschlagnahme als auch bei zu Unrecht unterbliebener Grenzbeschlagnahme (dazu Kühnen in GRUR 9/2014, S.811).

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner