Hin und wieder ist es doch überraschend, worüber deutsche Gerichte zu entscheiden haben: Das LG Hamburg (325 O 196/10) wurde angerufen, weil dem Beklagten ernsthaft untersagt werden sollte, auf Volltexte gerichtlicher Entscheidungen zu verlinken. An dieser Stelle nur kurz: Ein solches Verlinken von Entscheidungstexten kann grundsätzlich natürlich kein Problem sein. Jeder Grundsatz kennt aber auch Ausnahmen.
Während der einfache Link auf ein Urteil kein Problem sein kann, kann natürlich die Form der Verlinkung ein Problem darstellen. Wenn z.B. eine eindeutig falsche Aussage über eine Person auf seiner Webseite darstellt und das auch noch mit einem fehlerhaft interpretierten Urteil zu unterstreichen versucht, wird man sehr wahrscheinlich wegen der Behauptung an sich, aber eben auch wegen der zusätzlichen Form der Darstellung („amtlicher Anstrich“) in Anspruch genommen werden. Problematisch kann es aber auch sein, wenn ein Urteil von der verlinkten Seite „aufgepeppt“ wurde. So etwa, wenn das Urteil mit einer selbst gewählten (tendenziösen) Überschrift versehen ist oder mit redaktionellen Leitsätzen. Wenn durch diese zusätzlichen Informationen das Urteil einen „fragwürdigen Beigeschmack“ erhält, kann auch der Link darauf zum Problem werden.
Gerade redaktionelle Leitsätze verdienen dabei eine gewisse Beachtung: Hin und wieder vergeben Gerichte ihren Entscheidungen einen „Leitsatz“. Da steht dann kurz und griffig die wesentliche Aussage so formuliert, dass selbst Laien häufig auf den ersten Blick verstehen, was Sache ist. Beispiel: „Verbraucher dürfen ohne ausdrückliche Einwilligung nicht zu Werbezwecken angerufen werden“. Solche amtlichen Leitsätze sind meistens hilfreich, manchmal irreführend und auch nicht bei jeder Entscheidung anzutreffen. Darum gehen viele Zeitschriften und juristische Webseiten-Betreiber den Weg, eigene Leitsätze zu formulieren, so genannte „redaktionelle Leitsätze“. An diesem Punkt müssen diejenigen, die sich auf solche Urteile beziehen, schon in gewissem Maße Vorsichtig sein, inwiefern hier verfälschende bzw. falsche Aussagen getroffen werden, die ggfs. auf Personen Rückschlüsse zulassen.
Daneben sei noch einmal betont, dass zwar amtliche Leitsätze keinen urheberrechtlichen Schutz genießen (dazu nur §5 I UrhG), dagegen redaktionelle Leitsätze sehr wohl einen urheberrechtlichen Schutz in Anspruch nehmen können (so richtigerweise BGHZ 116, 136). Wer also einen redaktionellen Leitsatz einfach kopiert, kann deswegen vom Ersteller des Leitsatzes u.U. in Anspruch genommen werden – keine nur theoretische Frage, Abmahnungen in diesem Bereich gab es bereits.
Im Fazit zeigt sich auch bei diesem Thema wieder: Mit unberechtigten Abmahnungen muss man immer rechnen, selbst wenn man Links auf Urteile setzt. Dabei besteht im Detail das Problem, dass u.U. in sehr engen Grenzen ein solcher Link durchaus eine Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellen kann – die Bewertung des Einzelfalls sollte man nicht als Laier vornehmen, sondern den Profi fragen. Letztlich, wie immer, zeigt sich aber auch das Problem: We runberechtigt abgemahnt wird und das nicht hinnehmen will, darf im Zweifelsfall den Rechtsstreit samt aller (Kosten-)Risiken nicht scheuen. Letztlich ist wieder einmal festzuhalten: Hyperlinks bereiten auch im Jahr 2011 immer noch Grund genug für Rechtsstreitigkeiten.
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