Kein separates Rechtsmittel gegen GeschGehG-Schutzanordnung im Prozess

Immer noch etwas ungewohntes Terrain ist der Umgang mit dem GeschGehG in prozessualen Situationen – etwa bei der Frage, welches Rechtsmittel stathaft ist gegen eine landgerichtliche Schutzanordnung, mit der die zugelassenen Wissensträger für die als geheimhaltungsbedürftig angesehenen Informationen auf einen bestimmten Personenkreis begrenzt werden.

Es gilt: Die Anfechtbarkeit von Beschlüssen nach § 16 Abs. 1 GeschGehG und § 19 Abs. 1 GeschGehG ist in § 20 Abs. 5 S. 4 und 5 GeschGehG geregelt.

Nach § 20 Abs. 5 S. 4 GeschGehG können die Einstufung von Informationen als geheimhaltungsbedürftig nach § 16 Abs. 1 GeschGehG und die Anordnung der Beschränkung des Zugangs zu Dokumenten, zur Verhandlung oder zu der Aufzeichnung oder dem Protokoll der Verhandlung nach § 19 Abs. 1 GeschGehG nur gemeinsam mit dem Rechtsmittel in der Hauptsache angefochten werden:

Ist der Schutz des Geheimnisses gewährleistet, soll die Beeinträchtigung der von der Geheimnisschutzanordnung betroffenen Prozesspartei nach dem Willen des Gesetzgebers hingenommen werden. Nur wenn das erstinstanzliche Gericht Maßnahmen nach § 16 GeschGehG ablehnt, gerät das Geschäftsgeheimnis in Gefahr und die ablehnende Entscheidung soll zunächst durch sofortige Beschwerde überprüft werden können (RegE eines Gesetzes zur Umsetzung der RL (EU) 2016/943 zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung, BT-Drs. 19/4724, S. 38). Die gespaltene Anfechtbarkeit dient damit einem an Sinn und Zweck der materiellen Regelungen orientierten Rechtsweg.

Auch wenn die Gesetzesbegründung dabei lediglich auf die Beeinträchtigung des Beklagten abstellt und die Beeinträchtigung weiterer Beteiligter nicht erwähnt, ist ihr zu entnehmen, dass die Überprüfung eines stattgebenden Beschlusses bis zu einer Entscheidung über das Rechtsmittel in der Hauptsache aufgeschoben werden soll. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass mit einem stattgebenden Beschluss das Geschäftsgeheimnis zunächst gesichert ist und die Beeinträchtigung der anderen Partei und der sonstigen Beteiligten nicht so schwer wiegt, dass eine Anfechtung bis zu einer Entscheidung über das Rechtsmittel in der Hauptsache nicht zurückgestellt werden könnte. Andernfalls müsste eine weitere Instanz sich bereits vor Entscheidung in der Hauptsache in die Prozessakten einarbeiten, was mit einem erheblichen Aufwand und einer damit einhergehenden Verzögerung des Rechtsstreits verbunden sein kann (vgl. BT-Drs. 19/4724, S. 50; BGH, GRUR 2022, 591 – Geschäftsgeheimnis bei Hohlfasermembranspinnanlagen).

Die über § 145a PatG angeordnete (nur) entsprechende Anwendung der §§ 16 bis 20 GeschGehG gibt keine Veranlassung, entgegen deren Wortlaut eine (isolierte) Beschwerdemöglichkeit gegen den Geheimnisschutzmaßnahmen anordnenden Beschluss zuzulassen. Dem steht die vom Gesetzgeber mit den Vorschriften der §§ 16 bis 20 GeschGehG vorgenommene Gewichtung und Abwägung der verschiedenen betroffenen Interessen entgegen.

Mit der Zulassung einer selbstständigen Anfechtung der Anordnung einer Geheimnisschutzmaßnahme nach den §§ 16, 19 GeschGehG durch die Beschwerdeinstanz würde unzulässigerweise in die Sachentscheidungskompetenz des Prozessgerichts eingegriffen. Der Ausschluss einer selbstständigen Anfechtung der Anordnungen nach den §§ 16, 19 GeschGehG hat grundsätzlich keine Verkürzung der Rechte der Parteien zur Folge, weil eine effektive Überprüfung mit dem gegen die Endentscheidung eingelegten Rechtsmittel möglich bleibt.

Auf die Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Endentscheidung dürfte die Klägerin zwar dann nicht verwiesen werden können, wenn bereits die Zwischenentscheidung für sie einen bleibenden rechtlichen Nachteil zur Folge hätte, der sich im weiteren Verfahren nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr vollständig beheben ließe (vgl. zur selbständigen Anfechtbarkeit einer Beweisanordnung: BGH, GRUR 2009, 519 – Hohlfasermembranspinnanlage). 

OLG Düsseldorf, 15 W 1/23
Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner