Klageverzicht in Aufhebungsvertrag ohne Gegenleistung ist unwirksam

Beim Bundesarbeitsgericht (2 AZR 788/13) hat sich nochmals zum Thema Klageverzicht in einem Aufhebungsvertrag geäußert und klar gemacht, dass man hier den Arbeitnehmer nicht übervorteilen darf und ihm auch nicht „unterschieben“ darf.

Beachten Sie dazu: Übersicht zum Klageverzicht des Arbeitnehmers

Zulässigkeit einer Klausel zum Klageverzicht

Grundsätzlich ist eine solche Klausel aber natürlich zulässig und möglich:

Die Zusicherung, keine Kündigungsschutzklage zu erheben, stellt eine Vertragsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB dar. Sie ist im Streitfall Gegenstand einer zweiseitigen Vereinbarung. Die Beklagte unterbreitet einem Mitarbeiter, dem sie die Ausgleichsquittung vorlegt, zugleich das Angebot, sich ihr gegenüber zu verpflichten, keine Kündigungsschutzklage zu erheben. Dieses Angebot nimmt der Mitarbeiter mit Unterzeichnung und Rückgabe des Schreibens an. Damit kommt ein prozessrechtlicher Vertrag des Inhalts zu Stande, das Recht, Klage zu erheben, nicht wahrzunehmen (pactum de non petendo, vgl. BAG 13. Juni 2007 – 7 AZR 287/06 – Rn. 9; 20. Juni 1985 – 2 AZR 427/84 – zu B I 2 der Gründe).

Kein überraschendes „unterschieben“ eines Klageverzichts

Aber natürlich kann eine solche Klausel nicht so versteckt werden, dass man mit ihr gar nicht rechnet oder rechnen muss. Vorliegend hat sich der Arbeitgeber dabei offenkundig alle Mühe gegeben, den Klageverzicht als Quittung zu tarnen und den Arbeitnehmer so zur Unterschrift zu verführen – das geht natürlich nicht:

Gemäß § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht Vertragsbestandteil, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht. (…) Bei dem Klageverzicht in der von der Beklagten vorgelegten Ausgleichsquittung handelt es sich um eine überraschende Klausel iSd. § 305c Abs. 1 BGB. Sie ist schon nach dem äußeren Erscheinungsbild des Schreibens so ungewöhnlich, dass der Kläger nicht mit ihr zu rechnen brauchte (…)
Die Überschrift „Arbeitspapiere“ lässt nicht erkennen, dass der Arbeitnehmer mit der Unterzeichnung des Schreibens auf sein Recht verzichten soll, Kündigungsschutzklage zu erheben. Der Passus zum Klageverzicht ist weder in einem eigenen Abschnitt enthalten, noch sonst vom übrigen Text deutlich abgesetzt. Er ist weder durch Schriftart, Schriftgröße oder Fettdruck noch durch Unterstreichung hervorgehoben. Vielmehr sind allein die Überschrift und die Liste der ausgehändigten Arbeitspapiere fettgedruckt. Das verstärkt den Eindruck, der Mitarbeiter solle mit seiner Unterschrift lediglich deren Empfang bestätigen. Auch unmittelbar vor der Unterschriftszeile wird nur der Ausdruck „Ausgleichsquittung“ verwendet und nur deren sorgfältige Kenntnisnahme soll der Arbeitnehmer bestätigen.

Klageverzicht ohne Gegenleistung ist unwirksam

Abschliessend für das Bundesarbeitsgericht aus, dass ohnehin ein Klageverzicht – der mit ganz erheblichen Vorteilen für den Arbeitgeber einhergeht – nur dort möglich ist, wo auch eine Gegenleistung für den Arbeitnehmer im Raum steht:

Der formularmäßige Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ohne Gegenleistung stellt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar. (…) Der Arbeitgeber verfolgt damit das Ziel, seine Rechtsposition ohne Rücksicht auf die Interessen des Arbeitnehmers zu verbessern, indem er diesem die Möglichkeit entzieht, die Rechtswirksamkeit der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses durch die Arbeitgeberkündigung gerichtlich überprüfen zu lassen (…) Dieser Verzicht wirkt allein zu Lasten des gekündigten Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber muss bei einem innerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 4 Satz 1 KSchG erklärten Klageverzicht den Ablauf der Klagefrist nicht mehr abwarten, sondern kann bereits zuvor davon ausgehen, dass seine Kündigung das Arbeitsverhältnis rechtswirksam beendet hat bzw. beenden wird. Er kann Dispositionen treffen, ohne die Feststellung einer Unwirksamkeit der Kündigung am Ende eines möglicherweise langjährigen Prozesses fürchten zu müssen (…) Ein formularmäßiger Klageverzicht ohne jede arbeitgeberseitige Kompensation – etwa in Bezug auf den Beendigungszeitpunkt, die Beendigungsart, die Zahlung einer Entlassungsentschädigung oder den Verzicht auf eigene Ersatzansprüche – ist daher idR unzulässig

Fazit

Das bedeutet erst einmal eines: Nur weil irgendwo ein Klageverzicht vereinbart ist, ist man als Arbeitnehmer daran nicht zwingend gebunden. Der Klageverzicht muss offen und einsichtig transportiert werden in der Vereinbarung; zudem braucht es immer einer Gegenleistung, die nicht zwingend aber sicherlich grundsätzlich in Form einer Zahlung daher kommen wird. Arbeitgeber sind gut beraten, dies zu beachten. Arbeitnehmer dagegen sollten bei späterem Bereuen der Erklärung des Klageverzichts dennoch prüfen lassen, ob dieser überhaupt wirksam vereinbart wurde.

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner