Das Landgericht Leipzig hat am 1. März 2023 in einem bedeutenden Urteil (Az.: 05 O 807/22) entschieden, dass ein DNS-Resolver-Dienst für die öffentliche Zugänglichmachung urheberrechtlich geschützter Inhalte haftet. Die Entscheidung betrifft das Musikalbum „Evanescence – The Bitter Truth“ und hat weitreichende Implikationen für DNS-Dienste und die Durchsetzung von Urheberrechten im digitalen Zeitalter.
Sachverhalt
Die Klägerin, eine deutsche Tonträgerherstellerin, hatte gegen die Beklagte, eine Stiftung mit Sitz in der Schweiz, geklagt. Die Beklagte betreibt einen offenen rekursiven DNS-Resolver, der es Internetnutzern ermöglicht, Domainnamen in IP-Adressen zu übersetzen und somit auf die Inhalte der Domains zuzugreifen. Über diesen Dienst war es Nutzern möglich, das urheberrechtlich geschützte Album „Evanescence – The Bitter Truth“ auf der Webseite „CannaPower“ aufzurufen und herunterzuladen. Die Klägerin hatte die Beklagte mehrfach auf die Rechtsverletzung hingewiesen, ohne dass diese Maßnahmen ergriff, um den Zugang zu den rechtswidrigen Inhalten zu unterbinden.
Rechtliche Analyse
Haftung als Täter
Das Gericht stellte fest, dass die Beklagte als Täterin einer Urheberrechtsverletzung haftet. Nach § 97 Abs. 1 UrhG kann der Rechteinhaber vom Verletzer die Unterlassung der weiteren Rechtsverletzung verlangen. Die Beklagte ermöglichte durch ihren DNS-Resolver-Dienst den Zugang zu den rechtsverletzenden Inhalten und spielte somit eine zentrale Rolle bei der Rechtsverletzung. Das Gericht folgte hierbei der neueren Rechtsprechung des EuGH, die besagt, dass ein Dienstanbieter haftet, wenn er eine zentrale Rolle bei der öffentlichen Wiedergabe spielt und vorsätzlich handelt.
Keine Anwendung des § 7 IV TMG
Das Gericht lehnte die Anwendung des § 7 IV TMG ab, der Diensteanbieter von der Haftung befreit, wenn sie lediglich Zugang zu Inhalten vermitteln. Ein DNS-Resolver sei nicht als Diensteanbieter im Sinne dieser Vorschrift zu betrachten, da er keine eigenen Inhalte bereitstellt oder den Zugang zu diesen vermittelt, sondern lediglich technische Anfragen bearbeitet.
Subsidiarität der Haftung
Das Gericht erkannte an, dass die Haftung eines DNS-Resolvers grundsätzlich subsidiär ist, ähnlich wie bei Access-Providern. Dennoch stellte das Gericht fest, dass die Klägerin ausreichend Anstrengungen unternommen hatte, um den Betreiber der Webseite und den Host-Provider in Anspruch zu nehmen. Aufgrund fehlender Zustellmöglichkeiten und einer nicht existenten oder unauffindbaren Adresse des Host-Providers, war es der Klägerin nicht zumutbar, weitere rechtliche Schritte gegen diese primär Verantwortlichen zu unternehmen.
Fazit (Update)
Das inzwischen überholte Urteil des Landgerichts Leipzig stellte klar, dass DNS-Resolver-Dienste unter bestimmten Umständen als Täter einer Urheberrechtsverletzung haften könnten. Dies wäre insbesondere der Fall, wenn sie eine zentrale Rolle bei der Ermöglichung des Zugangs zu rechtsverletzenden Inhalten spielen und trotz Hinweises keine Maßnahmen ergreifen, um diesen Zugang zu unterbinden. Inzwischen ist sie durch die Entscheidung des OLG Dresden überholt:
Für DNS-Dienste und ähnliche Anbieter würde ein solches Urteil bedeuten, dass sie sorgfältig prüfen müssen, wie sie mit Hinweisen auf Urheberrechtsverletzungen umgehen. Ignorierten sie solche Hinweise, laufen sie Gefahr, selbst als Täter in Anspruch genommen zu werden. Dies erfordert eine Anpassung der internen Prozesse und möglicherweise auch technische Maßnahmen, um den Zugang zu rechtsverletzenden Inhalten wirksam zu sperren. Derzeit dürfte das Thema dank des OLG Dresden vom Tisch sein.
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