Löschfrist für das Persönlichkeitsrecht verletzende Inhalte bemisst sich nach NetzDG

Das OLG Frankfurt (16 U 253/20) hat sich zu den Löschfristen des Host-Providers bei (offenkundig) persönlichkeitsrechtsverletzenden Inhalten eines Users geäußert.

Grundsätzlich gilt dabei, dass zur Löschung nicht nur an den Nutzer, sondern auch an den Host-Provider heran getreten werden kann – der dann mit dem BGH in einem Notice-and-Takedown-Verfahren vorzugehen ist. Allerdings gebietet es das Interesse des Betroffenen, dass ein sein Persönlichkeitsrecht verletzender Beitrag so schnell wie möglich gelöscht wird, dass der Hostprovider seiner Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts möglichst zeitnah nachkommt. Das OLG zieht hier nun, durchaus nicht zwingend, die Regelungen des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes heran, teilweise mit Aufschlägen.

Das OLG sagt jetzt ausdrücklich, dass sich die Fristbestimmung zur Löschung seit Inkrafttreten des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes an den in § 3 Abs. 2 NetzDG bestehenden Vorgaben für soziale Netzwerke zu orientieren hat. Das führt für das OLG zu folgenden Konsequenzen:

  •  bei offensichtlich rechtswidrigem Inhalt ist die Löschung innerhalb von 24 Stunden geboten (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 NetzDG); „offensichtlich rechtswidrig“ bemisst sich allerdings alleine danach, ob aus der Äußerung selbst, ohne Weiteres, erkennbare Beleidigungen oder Schmähungen vorliegen;
  • bei allen anderen Fällen ist die Frist von 7 Tagen zu beachten; aber: Eine längere Frist als sieben Tage ist dann gerechtfertigt, wenn die Rechtswidrigkeit des Inhalts von der Unwahrheit einer Tatsachenbehauptung oder von anderen tatsächlichen Umständen abhängt (§3 Abs. 2 Nr. 3, 2. Hs. Buchst. a) NetzDG)

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz zieht immer weitere Kreise, inzwischen strahlt es in originär zivilrechtliche Frage mit hinein. Der Ansatz des OLG ist nicht von der Hand zu weisen, gleichwohl wirkt es schwierig, aus einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zivilrechtliche Reaktionspflichten herzuleiten – auch wenn die Aufgabenkreise offenkundig Berührungspunkte aufweisen.

Überdies ist die Frist zu erhöhen, wenn im Einzelfall besondere Faktoren hinzutreten, vorliegend wurde um weitere 7 Tage verlängert unter Berücksichtigung dieser Faktoren:

  • wenn sich die Beanstandung auf ein umfangreiches Material bezieht, aus denen die Verletzung ihres Unternehmenspersönlichkeitsrechts bzw. des allgemeinen Persönlichkeitsrechts hergeleitet wird;
  • auch ob die schlichte Sichtung des Materials inkl. Schriftsätze geraume Zeit in Anspruch nimmt, spielt eine Rolle – auch die des Anspruchstellers;
  • wenn das Beanstandungsschreiben an eine allgemeine E-Mail-Adresse versendet wird und nicht ein vorhandenes spezielles Beschwerdeformular verwendet wird, spricht dies für eine Erhöhung der Frist;
  • auch sprachliche Differenzen spielen eine Rolle, also wenn der Schriftsatz an ein Unternehmen im fremdsprachigen Ausland in deutscher Sprache verfasst ist, weil dann für die Übersetzung oder zumindest für die Zuordnung an ein des Deutschen mächtiges Mitarbeiterteam weitere Zeit zuzugestehen ist;
  • Achtung: Für die Bemessung der Frist kommt es aus Gründen der Berechenbarkeit für beide Seiten auf die Lage bei Abgabe bzw. Eingang der Beanstandung an. Die Frist darf aus Sicht des OLG nicht davon abhängen, welche Maßnahmen der Provider im konkreten Fall tatsächlich ergreift.
Sonstige Fristen in der Rechtsprechung

Die zuzugestehende Frist bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalles. Hierzu haben Gerichte bislang recht unterschiedliche Fristen für noch angemessen gehalten, das OLG FFM verweist auf

  • HansOLG, Urteil vom 11.11.2014 – 7 U 24/13: nicht mehr als 9 Tage;
  • LG Hamburg NJW-RR 2017, 1323 Rz. 46: bis sieben Tage;
  • LG Detmold vom 6.3.2020 – 1 O 282/10: 16 Tage;
  • LG Karlsruhe vom 8.5.2018 – 10 O 492/17: ein Monat bei Mitverantwortlichkeit des Betroffenen für Verzögerung

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner