Beim Oberlandesgericht Hamm (4 U 119/14) ging es um ein markenrechtlich spannendes Thema: Den markenrechtlichen Schutz einer Dienstleistungsmarke bzw. Einzelhandelsmarke. Hier stellt sich schnell die Frage, wann eine Zur rechtserhaltende Benutzung einer Einzelhandelsdienstleistungsmarke noch vorliegt und wann ein reiner – nicht mehr genügender – Einsatz als Unternehmenskennzeichen zu erkennen ist. Das OLG Hamm fasst die bisherige Rechtsprechung hierzu zusammen.
Zur Dienstleistungsmarke
Der entsprechende Abschnitt aus dem Urteil ist sehr lang, aber Wesentlich zur Beurteilung der rechtlichen Problematik. Es ist vor allem der letzte Satz auf den man achten sollte:
Handelsdienstleistungen – mithin auch Einzelhandelsdienstleistungen – sind Dienstleistungen, die im Rahmen des Handels mit Waren erbracht werden (BPatG, BeckRS 2012, 12694). Der bloße Verkauf einer Ware ist als solcher zwar keine Dienstleistung, für die eine Marke eingetragen werden kann (BPatG, a.a.O.). Der Handel umfasst indes neben dem bloßen Abschluss von Kaufverträgen die gesamte Tätigkeit, die ein Wirtschaftsteilnehmer entfaltet, um seine Kunden zum Abschluss eines solchen Vertrages anzuregen (EuGH, GRUR 2005, 764 [Praktiker]). Diese Tätigkeit besteht insbesondere in der Auswahl, Zusammenstellung und Präsentation eines Sortimentes von Waren, die zum Verkauf angeboten werden, und im Angebot sonstiger Leistungen, die den Kunden dazu anregen sollen, einen Kaufvertrag gerade mit diesem Händler und nicht mit einem seiner Wettbewerber abzuschließen (z.B. Beratungsleistungen) (EuGH, a.a.O.; BPatG, a.a.O.). All diese Tätigkeiten, die der Händler bei Gelegenheit des Kaufvertragsabschlusses vornimmt, sind Dienstleistungen (gegenüber dem Kunden), für die eine Marke eingetragen werden kann (EuGH, a.a.O.; BPatG, a.a.O.; Ströbele/Hacker, a.a.O., § 32 Rdnr. 83 ff). Bei der Registereintragung ist es nicht notwendig, die (Handels-)Dienstleistungen konkret zu bezeichnen; erforderlich sind hingegen Angaben zu den Waren oder der Art von Waren, auf die sich die Handelsdienstleistungen beziehen (EuGH, a.a.O.; BPatG, a.a.O.; Ströbele/Hacker, a.a.O., § 32 Rdnr. 89 f).
Die Benutzung einer eingetragenen Marke wirkt nur dann rechtserhaltend im Sinne des § 26 Abs. 1 MarkenG, wenn sie deren Hauptfunktion entspricht, dem Verkehr die Ursprungsidentität der Ware oder Dienstleistung, für die sie eingetragen ist, dadurch zu garantieren, dass sie es ihm ermöglicht, diese Ware oder Dienstleistung von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (BGH, GRUR 2008, 616 [AKZENTA]). Hierfür ist es ausreichend, aber auch erforderlich, dass die Marke in üblicher und wirtschaftlich sinnvoller Weise für das Produkt verwendet wird, für das sie eingetragen ist (BGH, a.a.O.). Ein branchenübliches wirtschaftliches Handeln reicht hierbei stets für eine Anerkennung als Benutzung aus (Ströbele/Hacker, a.a.O., § 26 Rdnr. 52). An einer rechtserhaltenden Benutzung fehlt es, wenn das Zeichen ausschließlich als Unternehmenskennzeichen und nicht zugleich zumindest auch als Marke für das konkret vertriebene Produkt benutzt worden ist (BGH, a.a.O.). Entscheidend ist dabei, ob der angesprochene Verkehr auf Grund der ihm objektiv entgegentretenden Umstände die Benutzung des Kennzeichens zumindest auch als Unterscheidungszeichen für die Ware oder Dienstleistung im Sinne eines Herkunftshinweises ansieht (BGH, a.a.O.). Bei einer Dienstleistungsmarke erfordert die Beurteilung der Frage, ob sie rechtserhaltend benutzt worden ist, eine besondere Betrachtung, weil bei ihr anders als bei einer Warenmarke eine körperliche Verbindung zwischen der Marke und dem Produkt nicht möglich ist. Als Benutzungshandlungen i.S. des § 26 MarkenG kommen bei ihr daher grundsätzlich nur die Anbringung der Marke am Geschäftslokal sowie eine Benutzung auf Gegenständen in Betracht, die bei der Erbringung der Dienstleistung zum Einsatz gelangen, wie insbesondere auf der Berufskleidung, auf Geschäftsbriefen und -papieren, Prospekten, Preislisten, Rechnungen, Ankündigungen und Werbedrucksachen (BGH, a.a.O.). Voraussetzung ist dabei, dass der Verkehr die konkrete Benutzung des Zeichens zumindest auch als Herkunftshinweis versteht; er muss erkennen können, dass mit der Verwendung der Bezeichnung nicht nur der Geschäftsbetrieb benannt, sondern auch eine Leistung bezeichnet wird, die aus ihm stammt. Des Weiteren muss sich die Benutzung auf eine bestimmte Dienstleistung beziehen. Dies setzt voraus, dass der Verkehr ersehen kann, auf welche konkrete Dienstleistung sich der Kennzeichengebrauch bezieht (BGH, a.a.O.). Zudem stimmt bei Dienstleistungsmarken die Marke in vielen Fällen mit der Firma überein; daher gehen die firmenmäßige Benutzung und die markenmäßige Benutzung bei ihnen häufiger ineinander über als bei Warenmarken (BGH, a.a.O.). Der Verkehr ist bei Dienstleistungen daran gewöhnt, dass diese häufiger als Waren mit dem Unternehmensnamen gekennzeichnet werden (BGH, a.a.O.). Soweit der Unternehmensname oder ein unterscheidungskräftiger Bestandteil desselben in Zusammenhang mit der Erbringung einer Dienstleistung steht, wird der Verkehr die Verwendung daher zugleich regelmäßig als Hinweis auf die von dem Unternehmen erbrachte Dienstleistung verstehen (vgl. BGH, a.a.O.). Eine ausdrückliche sprachliche Benennung der Dienstleistung im Zusammenhang mit der Verwendung der Marke ist dabei zur rechtserhaltenden Markenbenutzung nicht – jedenfalls nicht immer – erforderlich (etwas Gegenteiliges lässt sich auch der vorzitierten Entscheidung des BGH nicht entnehmen). Jedenfalls im Bereich des Einzelhandels ist die Verwendung des Begriffes „Einzelhandelsdienstleistungen“ oder eine genauere Umschreibung der von diesem Begriff umfassten Tätigkeiten branchenunüblich. Die Erklärung eines Einzelhändlers im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit der Verwendung seiner Einzelhandelsdienstleistungsmarke, er erbringe „Einzelhandelsdienstleistungen“ oder er sei z.B. mit der „Auswahl, Zusammenstellung und Präsentation eines Sortimentes von Waren“ befasst, würde auf die angesprochenen Verkehrskreise auch eher befremdlich, wenn nicht sogar unfreiwillig erheiternd wirken.
Zur rechtserhaltenden Benutzung einer Einzelhandelsdienstleistungsmarke durch den Einzelhändler müssen daher grundsätzlich die Anbringung der Marke am Geschäftslokal sowie eine Benutzung auf Gegenständen, die bei der Geschäftsabwicklung zum Einsatz gelangen, genügen.
Dies entspricht der bisherigen Auffassung zur Handelsmarken, die einhellig in die Richtung geht, dass Anforderungen an die Benutzung mangels Produktbezug nicht zu überhöhen sind (dazu auch Kochendürfer in GRUR 2014, S. 35ff, „Die Handelsmarke im Verletzungsverfahren“).
Zeichenähnlichkeit bei Wort-Bild-Marken
Nichts neues, aber eine wiederum klare Absage an den Versuch, durch Wort-Bild-Marken nicht schutzfähige Wortkombinationen zu monopolisieren:
Besteht bei mehrgliedrigen Zeichen eine Übereinstimmung oder Ähnlichkeit nur in einzelnen Bestandteilen, kann von einer Zeichenähnlichkeit nur dann ausgegangen werden, wenn die übereinstimmenden (oder zumindest ähnlichen) Einzelbestandteile den Gesamteindruck des angegriffenen Zeichens prägen (vgl. hierzu Ströbele/Hacker, a.a.O., § 9 Rdnr. 364 ff). Eine Prägung eines mehrgliedrigen Zeichens durch einen oder mehrere Bestandteile ist dann anzunehmen, wenn die übrigen Bestandteile für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (Ströbele/Hacker, a.a.O., § 9 Rdnr. 369). Ein für sich genommen lediglich beschreibender oder sonst schutzunfähiger Bestandteil ist dabei nicht geeignet, ein Zeichen in diesem Sinne zu prägen (vgl. z.B. BGH, GRUR 2004, 775 [EURO 2000]; BPatG, BeckRS 2013, 16095; KG, BeckRS 2013, 04372; Ströbele/Hacker, a.a.O., § 9 Rdnrn. 182, 333, 436, jeweils m.w.N.). Handelt es sich – wie hier – um eine aus Wort- und Bildbestandteilen zusammengesetzte Marke und ist der Wortbestandteil für sich genommen lediglich beschreibend oder sonst schutzunfähig, kann auch der Grundsatz, dass eine Wort-Bildmarke durch den Wortbestandteil geprägt wird, keine Geltung mehr beanspruchen (Ströbele/Hacker, a.a.O., Rdnr. 436 m.w.N.).
Dazu von mir: Verwechslungsgefahr bei Wort-Bild-Marken
Konkret: Beispiel „Grillstar“
Dem Wort „Grillstar“ kommt – jedenfalls für die hier auf Seiten der Klägerin und des Beklagten in Rede stehenden Waren und/oder Dienstleistungen aus dem Grillbereich – lediglich eine rein beschreibende bzw. werblich anpreisende Bedeutung zu. Es fehlt diesem Wort „Grillstar“ an jeglicher Unterscheidungskraft. Der Verkehr entnimmt dem aus den Wortbestandteilen „Grill“ und „Star“ zusammengesetzten Begriff „Grillstar“ nichts weiter als ein allgemeines Qualitätsversprechen auf dem Gebiet des Grillens und hierzu gehörender Produkte (vgl. BGH, GRUR 2014, 376 [grill meister]). Der Wortbestandteil „Grill“ ist im Hinblick auf die hier in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen rein beschreibend. Den Wortbestandteil „star“ wird der Verkehr zwanglos und ohne eine analysierende Betrachtungsweise als bloßes allgemeines Qualitätsversprechen im Hinblick auf die mit dem Wortbestandteil „Grill“ beschriebenen Produkte („Spitzenprodukte für das Grillen“) auffassen, ohne hierin einen Herkunftshinweis zu sehen. Dass der Begriff „star“ in seiner ursprünglichen Wortbedeutung lediglich eine (besonders) berühmte (und vorzugsweise auch besonders talentierte) Person aus der Film- oder Theaterbranche bezeichnet und keine Beschreibung für Sachen oder Dienstleistungen darstellt, worauf die Klägerin hingewiesen hat, führt zu keiner anderen Bewertung. Gerade der Begriff „star“ wird im heutigen Sprachgebrauch insbesondere in den Massenmedien derart inflationär gebraucht, dass er seinen ursprünglichen Begriffsinhalt im Wesentlichen eingebüßt hat. Der Verkehr fasst diesen Begriff nur noch als nahezu inhaltsleere werbliche Anpreisung auf. Dies gilt nicht nur dann, wenn der Begriff im Zusammenhang mit einer Person gebraucht wird, sondern auch dann, wenn er im Zusammenhang mit Waren oder Dienstleistungen Verwendung findet. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt – entgegen der Auffassung der Klägerin – nicht von dem Sachverhalt, der der Entscheidung BGH, GRUR 2014, 376 (grill meister) zugrunde liegt.
Der Begriff „Grillstar“ ist damit als solcher schutzunfähig. Ihre besondere Prägung erfahren sowohl die Klage- als auch die Beklagtenmarke lediglich durch die besondere grafische und farbliche Gestaltung und Ausschmückung des Begriffes „Grillstar“. Insoweit bestehen indes – wie bereits erläutert – gravierende Unterschiede.
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