Markenrecht: Unterlassungsantrag darf nicht zugleich Alleinstellung und Nutzung als Bestandteil durch „insbesondere“ vermischen

Diese Klarstellung des BGH (I ZR 50/14) zum Unterlassungsantrag im Markenrecht war überfällig: Es ist verbreitet und auch insoweit korrekt, in Unterlassungsanträgen einen möglichst weit gefassten allgemeinen Antrag zu stellen, der dann durch die Benennnung der betroffenen Verwendungsform „insbesondere“ konkretisiert wird. Allerdings muss man aufpassen, ob man da kombiniert, was nicht zu kombinieren ist:

Ein Unterlassungsantrag, der im vorangestellten abstrakten Teil die Verwendung eines Zeichens in Alleinstellung zum Gegenstand hat, im angefügten „Insbesondere“-Teil aber das Zeichen innerhalb einer aus mehreren Bestandteilen bestehenden Gesamtbezeichnung aufführt, ist widersprüchlich und daher unbestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (…)

Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag – und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung – nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht klar umrissen sind, der Beklagte sich deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist. Der Mangel der Bestimmtheit des Klageantrags ist auch im Revisi- onsverfahren von Amts wegen zu beachten (…)

Der vorliegende Unterlassungsantrag ist gerichtet auf das Verbot, bei den im Antrag näher bezeichneten Dienstleistungen „die Bezeichnung ‚Context‘ in Alleinstellung zu verwenden, insbesondere durch die ‚Context Gesellschaft für Sprachen- und Mediendienste mbH'“. Im vorangestellten abstrakten Teil wird also die Verwendung des Zeichens in Alleinstellung beschrieben, im „Insbesondere“-Teil hingegen erfolgt die Nennung der Bezeichnung innerhalb der aus mehreren Bestandteilen bestehenden Firma der Beklagten. Diese Verknüpfung ist widersprüchlich und führt zur Unbestimmtheit des Antrags (…) Im vorliegenden Fall widersprechen sich der abstrakte Antragsteil und der „Insbesondere“-Zusatz, weil allgemein die Verwendung des Zeichens in Alleinstellung verboten werden soll, während der „Insbesondere“-Zusatz eine Verwendungsform beschreibt, die gerade keine Alleinstellung, sondern die Nennung des Zeichens innerhalb einer Gesamtbezeichnung aufweist. Sofern der Kläger mit seiner Antragsfassung zum Ausdruck bringen wollte, die Verwendung innerhalb der Firma erfolge in Alleinstellung, weil die weiteren Bestandteile rein beschreibend seien, wäre der Antrag schon im abstrakten Teil unbestimmt. Die Würdigung, ob Bestandteile einer Gesamtbezeichnung gegenüber einem einzelnen prägenden Bestandteil zurücktreten, ist der konkreten Verwendung vorbehalten und kann durch die Antragsformulierung „in Alleinstellung“ nicht vorweggenommen werden. Es wäre damit unklar, was der Kläger mit „Alleinstellung“ meint.


Es findet sich auch ein eigener Absatz zur Verwendung des „insbesondere“ in einem Unterlassungsantrag:

Der mit „insbesondere“ eingeleitete Teil eines Unterlassungsantrags dient zum einen der Erläuterung des in erster Linie beantragten abstrakten Verbots, indem er beispielhaft verdeutlicht, was unter der im abstrakten Antragsteil genannten Form zu verstehen ist. Zum anderen kann der Kläger auf diese Weise deutlich machen, dass Gegenstand seines Begehrens nicht allein ein umfassendes, abstrakt formuliertes Verbot ist, sondern dass er – falls er insoweit nicht durchdringt – jedenfalls die Unterlassung des konkret beanstandeten Verhaltens begehrt, wobei allerdings auch dieser „Insbesondere“-Zusatz den allgemeinen Regeln unterliegt und deshalb dem Bestimmtheitsgebot entsprechen muss (…)

Wählt der Kläger eine Verallgemeinerungsform, deren abstrakter Inhalt die „Insbesondere“-Variante nicht mehr umfasst, kann der Klage nicht in dieser Variante stattgegeben werden, weil die mit „insbesondere“ beginnenden Teile des Klageantrags keinen eigenen Streitgegenstand enthalten und daher nicht als echte Hilfsanträge anzusehen sind (…) Vielmehr ist in einem solchen Fall der gesamte Antrag wegen Widersprüchlichkeit unbestimmt (…)

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner