Nachträgliche Zulassung der Berufung aufgrund einer Anhörungsrüge

Die nachträgliche Zulassung der Berufung aufgrund einer Anhörungsrüge nach § 321a ZPO ist ausnahmsweise zulässig, wenn das Verfahren wegen eines Gehörsverstoßes nach § 321a Abs. 5 ZPO fortgesetzt wird und sich erst aus der nachträglichen Gewährung rechtlichen Gehörs ein Zulassungsgrund ergibt oder wenn das Ausgangsgericht bei seiner ursprünglichen Entscheidung über die Nichtzulassung der Berufung das rechtliche Gehör des späteren Berufungsklägers im Kontext der Zulassungsentscheidung verletzt hat.

Dies hat der Bundesgerichtshof klargestellt (VI ZR 137/22):

Die Anhörungsrüge stellt einen gesetzlich geregelten Rechtsbehelf eigener Art dar, durch den das Gericht von der Bindungswirkung des § 318 ZPO sowie von der formellen und materiellen Rechtskraft freigestellt wird (BGH, Beschlüsse vom 14. Oktober 2020 – IV ZB 4/20, NJW-RR 2020, 1389 Rn. 12; vom 30. April 2020 – I ZB 61/19, BGHZ 225, 252 Rn. 11; vom 18. Oktober 2018 – IX ZB 31/18, BGHZ 220, 90 Rn. 15).

Das Rechtsmittelgericht ist jedoch nicht an die Begründung des unteren Gerichts gebunden, sondern hat dessen Entscheidung, aufgrund einer Anhörungsrüge das Verfahren fortzuführen, darauf zu überprüfen, ob die Anhörungsrüge statthaft, zulässig und begründet war (vgl. BGH, Urteile vom 12. Oktober 2018 – V ZR 291/17, NJW-RR 2019, 460 Rn. 10; vom 16. September 2016 – V ZR 3/16, NZM 2017, 147 Rn. 7; vom 14. April 2016 – IX ZR 197/15, NJW 2016, 3035 Rn. 8 ff.; Beschlüsse vom 14. Oktober 2020 – IV ZB 4/20, NJW-RR 2020, 1389 Rn. 12; vom 18. Oktober 2018 – IX ZB 31/18, BGHZ 220, 90 Rn. 9).

BGH,
VI ZR 137/22
Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner