Immer wieder wird es versucht: Ein Unternehmen erhält ein Schreiben, das beim flüchtigen Betrachten den Eindruck erweckt, man würde einen amtlichen Vordruck ausfüllen oder eine kostenlose Leistung in Anspruch nehmen, wenn man darauf eingeht. Tatsächlich steht (irgendwo) erwähnt, dass aber ein zivilrechtlicher Vertrag mit teilweise hohen Kosten begründet wird. Die Anbieter haben dabei nicht selten – vor allem vor Amtsgerichten – Erfolg, weil der Grundsatz gilt, dass im geschäftlichen Verkehr Unternehmer Post aufmerksam zu lesen haben und eine Täuschung nur unter sehr hohen Auflagen anzunehmen sein wird. Dieser Grundsatz ist mit der festen Rechtsprechung des BGH aber nicht absolut und inzwischen ausdrücklich dann aufzuweichen, wenn die nun einmal vorhandene Unaufmerksamkeit beim Tagesgeschäft zielgerichtet ausgenutzt wird (BGH, I ZR 157/10, hier besprochen). Das OLG Düsseldorf (I-20 U 100/11) hat diesen Grundsatz kürzlich aufgegriffen, nun auch das OLG Köln (6 U 166/10). Dieses hatte sich im Rahmen eines Unterlassungsbegehrens mit der Täuschungseignung (die Frage der möglichen Anfechtbarkeit wurde offen gelassen, die Argumentation lässt sich m.E. aber übertragen) eines Formulars des „Nationalen Markenregisters AG“ zu beschäftigen und führt hierzu u.a. aus:
Die Firma „Nationales Markenregister AG“ lässt unbeschadet des auch für Unternehmen des Bundes wie Deutsche Bahn und Deutsche Post geläufigen Rechtsformzusatzes eine der Bundesregierung unterstellte Einrichtung vermuten. Das siegelähnliche Logo mit dem Gerechtigkeitssymbol der Waage, das landläufig mit der Justiz verbunden und zumindest auf europäischer Ebene auch als Kennzeichen von Justizeinrichtungen verwendet wird, lässt an eine Art Registergericht denken. Nicht zuletzt erwecken die Überschrift „Erinnerung“ sowie die Angabe von Registernummer, Aktenzeichen und weiterer dem Markenregister entnommener Daten den unzutreffenden Eindruck einer Vorbefassung der Absenderin des Schreibens und einer Identität oder besonderen Nähe zwischen ihr und der Registerbehörde.
Im Ergebnis lässt sich immer deutlicher erkennen, dass die Luft für die Masche mit täuschenden Formularen, die einerseits etwas suggerieren, andererseits (irgendwo) ein Entgelt vereinbaren, äußerst dünn wird. Jedenfalls Unternehmer müssen sich nicht mehr pauschal vorhalten lassen, dass eine Täuschung nicht in Betracht kommt, weil man ja Post aufmerksam zu lesen hat! Dabei sind jedenfalls die Oberlandesgerichte – anders als viele Amtsgerichte – in der Lage, die vielen Komponenten, die erst im Gesamtbild zu einer Täuschung führen, auch entsprechend zu werten.
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