Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt (Az.: 16 U 26/23) hat in einem Urteil vom April 2024 eine entscheidende Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und der Pressefreiheit vorgenommen.
Im Mittelpunkt stand die Veröffentlichung einer Tonaufnahme, die im Rahmen einer öffentlichen Strafverhandlung abgespielt und anschließend von Medien verbreitet wurde. Der Kläger machte geltend, dass die Veröffentlichung seiner Stimme in einem journalistischen Beitrag sein Persönlichkeitsrecht verletze, während die Beklagten sich auf die Pressefreiheit beriefen.
Sachverhalt
Im vorliegenden Fall ging es um eine von Ermittlungsbehörden abgehörte und später im Rahmen eines Strafverfahrens öffentlich vorgespielte Tonaufnahme eines Telefonats des Klägers. Diese Tonaufnahme wurde sowohl auf YouTube als auch auf einer bekannten Nachrichtenseite veröffentlicht. Der Kläger argumentierte, dass durch die Veröffentlichung seiner Stimme sein Persönlichkeitsrecht verletzt wurde, insbesondere weil seine Stimme im Beitrag nicht verfremdet war und er dadurch in seinem Bekanntenkreis erkennbar wurde.
Rechtliche Analyse
Erkennbarkeit und Eingriff in das Persönlichkeitsrecht
Das OLG Frankfurt stellte fest, dass die Erkennbarkeit des Klägers durch die Veröffentlichung seiner Stimme gegeben sei. Es reiche aus, wenn Personen aus seinem näheren Umfeld, die seine Stimme kennen, ihn erkennen können. Die bloße Möglichkeit, dass der Kläger durch einen begrenzten Personenkreis erkannt wird, genügt für die Annahme eines Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht. Dies wird auch nicht dadurch gemindert, dass die Tonaufnahme zuvor in einer öffentlichen Verhandlung abgespielt wurde, da die Reichweite und der Kontext einer journalistischen Veröffentlichung eine andere Dimension haben.
Abwägung zwischen Persönlichkeitsrecht und Pressefreiheit
Bei der Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Klägers und der Pressefreiheit der Beklagten kam das OLG Frankfurt zu dem Ergebnis, dass die Veröffentlichung nicht gerechtfertigt sei. Zwar erkannte das Gericht ein erhebliches öffentliches Interesse an der Berichterstattung über die inneren Strukturen und Vorgehensweisen der involvierten Gruppe an, jedoch sah es kein überwiegendes Interesse daran, die Identität des Klägers in diesem Zusammenhang preiszugeben. Das Gericht betonte, dass die Tonaufnahme in diesem Kontext nur einen illustrativen Charakter hatte und keine wesentliche Rolle für die Authentifizierung des Inhalts spielte.
Auswirkungen auf die Pressefreiheit
Das Urteil des OLG Frankfurt stellt klar, dass die Pressefreiheit ihre Grenzen findet, wo die Persönlichkeitsrechte Dritter unverhältnismäßig beeinträchtigt werden. Insbesondere dann, wenn es um die Veröffentlichung von sensiblen Informationen geht, die eine Person in einem negativen Licht erscheinen lassen, muss sorgfältig abgewogen werden, ob das öffentliche Interesse diese Beeinträchtigung rechtfertigt.
Fazit
Das Urteil des OLG Frankfurt betont die Bedeutung des Schutzes des Persönlichkeitsrechts auch in Fällen, in denen journalistische Berichte auf öffentlich zugängliche Informationen zurückgreifen. Die Pressefreiheit bleibt ein hohes Gut, muss jedoch stets im Einklang mit den Rechten der betroffenen Personen ausgeübt werden. Medien müssen daher sorgfältig prüfen, ob und in welchem Umfang eine Veröffentlichung zulässig ist, insbesondere wenn es um die Identifizierung von Personen geht.
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