Der Bundesgerichtshof (I ZR 46/19) hat bekräftigt, dass auch im Markenrecht das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung zu berücksichtigen ist, da es sich hier um einen allgemeinen Rechtsgrundsatz handelt, der auch im Markenrecht gilt (so schon früher BGH, I ZR 93/98). Insoweit verfestigt der BGH seine Rechtsprechung zur rein formalen Stellung des Markeninhabers dahingehend, dass es den Grundsätzen von Treu und Glauben widersprechen kann, wenn sich der Inhaber eines Kennzeichenrechts auf eine nur formale Rechtsstellung beruft.
Von einer missbräuchlichen Ausnutzung einer formalen Rechtsstellung ist sodann mit dem BGH auszugehen, wenn ein Markeninhaber
- eine Vielzahl von Marken für unterschiedliche Waren oder Dienstleistungen anmeldet,
- hinsichtlich der in Rede stehenden Marken keinen ernsthaften Benutzungswillen hat – vor allem zur Benutzung in einem eigenen Geschäftsbetrieb oder für dritte Unternehmen aufgrund eines bestehenden oder potentiellen konkreten Beratungskonzepts – und
- die Marken im Wesentlichen zu dem Zweck gehortet werden, Dritte, die identische oder ähnliche Bezeichnungen verwenden, mit Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen zu überziehen.
Es gilt, dass sich die Frage des Mißbrauchs des formalen Zeichenrechts auch im Blick auf ein sittenwidriges Handeln beim Erwerb des Zeichenrechts stellen kann (dazu BGH, Ib ZR 177/62,). Allerdings konnte schon früh auch die Ausübung eines – selbst eines schutzwürdigen – Zeichenrechts als mißbräuchlich behandelt werden, sofern besondere Umstände hinzutraten (BGH, I ZR 36/67).
Die praktisch größte Bedeutung hatten dabei schon früher, unter der Geltung des Warenzeichengesetzes, die Fälle der sittenwidrigen Behinderung erlangt. Die Ausnutzung einer formalen Rechtsstellung ist hier insbesondere dann als mißbräuchlich angesehen worden, wenn sie ohne sachlich gerechtfertigten Grund zur Erreichung einer dem Kennzeichenrecht fremden und regelmäßig zu mißbilligenden Zielsetzung erfolgte, die auf eine unlautere Behinderung eines Zeichenbenutzers und auf eine Übernahme oder jedenfalls eine Störung seines Besitzstandes hinauslief (BGH, I ZR 125/75 und I ZR 146/81). Darüber hinaus hat der Bundesgerichtshof ein wettbewerbsrechtlich verwerfliches Verhalten auch darin gesehen, daß ein Anmelder die mit der Eintragung einer Marke ent- stehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzt (BGH, I ZR 95/95, I ZR 138/95).
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