Schadensersatz bei Creative Commons Lizenzen: 50 Euro Lizenzschaden

Das Landgericht Köln (14 O 307/15) konnte sich, unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des OLG Köln zur Frage der Höhe des Schadensersatzes bei unberechtigter Verwendung von Lichtbildern äussern, die unter einer Creative Commons Lizenz lizenziert sind.

Das Landgericht stellt sich durchaus dem OLG Köln entgegen, verweist auf die Rechtsprechung des BGH (insbesondere CT-Paradies, I ZR 76/13, hier bei uns) und kommt zum Ergebnis, dass jedenfalls bei kommerzieller Verwendung der Fotos durchaus ein Schadensersatz im Raum steht, der auch höher als 0 Euro zu liegen hat. Allerdings wird ein gleichwohl sehr geringer Schadensersatzbetrag ausgeworfen, nämlich 50 Euro, die sich wegen fehlender Urheberbenennung dann auf 100 Euro erhöhen.

Auch wenn das Landgericht auf den ersten Blick sich dem OLG Köln entgegen stellt, sehe ich keine unmittelbaren Widersprüche: Das OLG Köln hat in seiner Rechtsprechung deutlich gemacht, dass es zwar grundsätzlich keinen Schadensersatz sieht, aber eben Ausnahmen denkbar sind. Vorliegend bei kommerzieller Nutzung, einem hochwertigen Foto, nachgewiesenen abgeschlossenen kommerziellen Nutzungsverträgen und dem in diesem Zusammenhang zu wertenden werbenden Effekt der Namensnennung ist ein Schadensersatzanspruch durchaus vertretbar – allerdings zeigen die ausgeworfenen 50 Euro dass man hier keinen Spielraum für überzogene Erwartungen lässt. Weiterhin ist es daher, schon im Hinblick auf die anwaltlichen Kosten, ein teures Spiel Lizenzverstösse zu begehen, beim Schadensersatz lohnt sich aber ein prüfender Blick.

Aus der Entscheidung:

Der Höhe nach besteht der Anspruch jedoch nur mit 100,00 EUR. Nach der auch hier anwendbaren, vom Kläger gewählten Berechnungsweise der Lizenzanalogie gemäß § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG kann der in seinen Urheberrechten Verletzte Lizenzschadensersatz in Höhe des Betrages verlangen, den vernünftige Vertragspartner anstelle der Parteien für die Einräumung der Lizenz zur Nutzung des streitgegenständlichen Lichtbildes vereinbart hätten. Für die Ermittlung dieser Vergütung ist zunächst auf die eigene Vertragspraxis des Verletzten abzustellen, wofür regelmäßig eine repräsentative Anzahl von Verträgen erforderlich, aber auch ausreichend ist (vergleiche OLG Hamburg, Urteil vom 3. März 2016 – 5 U 48/13 Rn. 43 nach Beck-online). Der Kläger hat jedoch die Voraussetzungen für eine solche Berechnung nicht dargelegt. Der von dem Kläger angesetzte Betrag von 900,00 EUR, verdoppelt wegen unterlassener Benennung des Klägers nach den Bedingungen der Z Licence auf 1800,00 EUR, ist mangels ausreichendem Vortrag dazu, dass zum Zeitpunkt des Beginns der Verletzungshandlung, zu dem sich also die Parteien über eine Lizenz verständigt hätten, vom Kläger Lizenzen in dieser Höhe für dieses oder vergleichbare Lichtbilder in Rechnung gestellt worden wären, nicht nachzuvollziehen. Zwar hat der Kläger auf einen Lizenzkatalog verwiesen, den er auf seinem Internetauftritt heute vorhält. Er hat ferner E-Mail-Korrespondenz und auch Rechnungen über Lizenzierungen vorgelegt. Der E-Mail Verkehr stammt jedoch aus dem Jahre 2015, die Rechnungen ebenfalls aus 2015 und auch aus 2016. Dass zu Beginn der Nutzung durch die Beklagte im Jahre 2009 der Kläger jedoch bereits derartige Lizenzierungen für vergleichbare Nutzungen vorgenommen hat, wenn das Lichtbild (oder vergleichbare Lichtbilder) ohne die Benennung des Klägers im Rahmen der Z Licence erfolgen sollte, ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers nicht.

Im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 ZPO durch das Gericht ist zunächst maßgeblich zu berücksichtigen, dass der Kläger das streitgegenständliche Lichtbild an die Beklagte kostenlos lizenziert hätte, wenn sie sich den Bedingungen der Z Licence unterworfen hätte, insbesondere also auch den Kläger entsprechend diesen Bedingungen benannt und auf sein Werk verlinkt hätte. Da dies auf der Grundlage des Vorbringens auch des Klägers mit dem streitgegenständlichen Lichtbild regelmäßig geschehen ist, wie sich auch aus der Anlage LHR 2 ergibt, ist diese ständige Lizenzierungspraxis diejenige, die auch vernünftige Vertragsparteien anstelle der Parteien des hiesigen Rechtsstreits angewandt hätten. Dies führt jedoch nicht dazu, dass ein Lizenzschaden wegen der unterlassenen Urheberbenennung völlig zu versagen wäre (vergleiche dazu etwa Kammergericht, Beschluss vom 7. Dezember 2015 – 24 U 111/15 für die Nutzung eines nach den Bedingungen der Fotoagentur pixelio kostenfreien Lizenz; a.A.: OLG Köln, Beschluss vom 29. Juni 2016 – 6 W 72/16). Denn die Beklagte hat durch die Verletzung des Rechts zum öffentlichen zugänglichmachen des Lichtbildes und des Rechts auf Anerkennung der Urheberschaft an dem Lichtbild auf Kosten des Klägers etwas erlangt. Sie hat durch das Einstellen des Lichtbildes auf ihrer Internetseite in den Zuweisungsgehalt des dem Kläger zustehenden Rechts zum öffentlichen zugänglichmachen des Lichtbildes und auf Anerkennung seiner Urheberschaft an dem Lichtbild eingegriffen und sich damit auf dessen Kosten den Gebrauch dieses Rechts ohne rechtlichen Grund verschafft (vergleiche zum parallelen Fall des Restschadensersatzes gemäß § 852 BGB: BGH, Urteil vom 15. Januar 2015 – I ZR 148/13 – Motorradteile, Rn. 32 nach juris).

Ist unter den Parteien streitig, ob ein materieller Schaden entstanden ist und wie hoch sich dieser Schaden beläuft, so entscheidet hierüber das Gericht nach § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Dabei kann es die Höhe der fiktiven Lizenzgebühr, die zum Ausgleich eines durch die fehlende Urheberbenennung verursachten Schadens geschuldet ist, in Form eines Zuschlags auf die (fiktive) Lizenzgebühr bemessen, die für die jeweilige Nutzung (hier das öffentliche Zugänglichmachen der Fotografien) zu zahlen ist (BGH, Urteil vom 15. Januar 2015 – I ZR 148/13 – Motorradteile, Rn. 39 nach juris; a.A. offenbar OLG Köln, Beschluss vom 29. Juni 2016 – 6 W 72/16). Für den Fall, dass der Rechteinhaber eine kostenlose Lizenz anbietet, wenn der Nutzer einen elektronischen Verweis auf die Internetseite des Rechteinhabers einrichtet, kann maßgeblich auf den wirtschaftlichen Wert der durch einen elektronischen Verweis bewirkten Werbung auf das Werk des Urhebers abzustellen sein (vergleiche BGH, Urteil vom 18. September 2014 – I ZR 76/13 – CT-Paradies, Rn. 75 nach juris). So hat der BGH in der Entscheidung CT-Paradies für die dort in Streit stehende Nutzung von 52 Produktfotos von Sammelfiguren es gutgeheißen, diesen Wert mit 10 EUR pro Bild zu bemessen und diesen Betrag wegen fehlender Urheberbenennung des Klägers auf 20 EUR pro Bild zu verdoppeln, obwohl der dortige Kläger für den Fall eines elektronischen Verweises auf seine Internetseite eine kostenlose Lizenz für die Nutzung der Fotografien angeboten hätte.

Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung geht die Kammer davon aus, dass die Nutzung des hier streitgegenständlichen Lichtbildes zu den Bedingungen der Z Licence, wonach nämlich der Name des Klägers anzugeben, ein Link auf sein Werk zu setzen sowie der Lizenztext bei dem öffentlichen Zugänglichmachens des Lichtbildes einzubinden ist, für den Kläger einen – wenn auch nicht übermäßigen – Wert hat. Die fehlende Benennung des Urhebers oder des Lichtbildners führt insbesondere dann zu einem Vermögensschaden, wenn dem Urheber oder Lichtbildner dadurch Folgeaufträge entgehen (BGH, Urteil vom 15. Januar 2015 – I ZR 148/13 – Motorradteile, Rn. 39 nach juris). Davon geht die Kammer bei dem Kläger, der beruflich als Fotograf tätig ist, aus. Es liegt auf der Hand, dass die Angabe des Namens für den Fotografen gerade bei gelungenen Lichtbildern wie dem streitgegenständlichen Lichtbild mit einem nicht vollkommen unerheblichen Werbeeffekt verbunden ist. Durch die Bedingungen der Z Licence wird der Werbeeffekt noch dadurch verstärkt, dass bei der Nutzung des Lichtbildes durch den Lizenznehmer auf das Werk des Klägers zu verlinken ist, worüber dann auch weitere Lichtbilder für den Interessenten ohne weiteres einsehbar sind. Eine begrenzte Werbewirkung kann hier aufgrund des öffentlichen Zugänglichmachens der Fotografie auf einer Website nicht angenommen werden (vergleiche dazu etwa OLG Hamburg, Urteil vom 3. März 2016 – 5 U 48/13, Rn. 53 nach Beck online; ähnlich auch OLG München, Urteil vom 17. Dezember 2015 – 29 U 2324/15, Rn. 62 nach juris). Da die Beklagte mit ihrem Internetauftritt unter news.de deutschlandweit und nicht lediglich regional beschränkt ihr Zielpublikum erreicht, und zwar auch mit dem streitgegenständlichen Artikel, dem das Lichtbild des Klägers beigefügt war, liegen vielmehr die Umstände einer beschränkten Werbewirkung nicht vor (vergleiche dazu etwa OLG Hamm, Urteil vom 17. November 2015 – 4 U 34/15 – Rn. 161 nach juris). Berücksichtigt hat die Kammer auch, dass eine nicht unerhebliche Zeitdauer für die Nutzung durch die Beklagte zu veranschlagen ist. Der Beitrag auf dem Internetauftritt der Beklagten, dem das Lichtbild zugeordnet ist, stammt vom 7. Dezember 2009. Dass das Lichtbild irgendwann ausgetauscht worden wäre, trägt die Beklagte nicht vor. Soweit sie ohne nähere Darlegung behauptet, sie habe das Bild allenfalls wenige Monate genutzt, ist dieses Vorbringen mit den von ihr unbestrittenen Fakten, insbesondere dem Erscheinungsdatum des Artikels auf ihrem Internetauftritt und dem Auffinden des Bildes mit dem Artikel durch den Kläger erst Jahre später, nicht in Einklang zu bringen und deshalb unbeachtlich.

Nach allem hält die Kammer eine Lizenz von 50 EUR für angemessen, die wegen der fehlenden Urheberbenennung auf 100 EUR zu verdoppeln ist (a.A. OLG Köln, Beschluss vom 29. Juni 2016 – 6 W 72/16; vergleiche auch OLG Köln, Urteil vom 31. Oktober 2014 – 6 U 60/14 – für den Fall einer nicht-kommerziellen Nutzung unter den Bedingungen der Z Licence).

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner