Schlüssigkeit der Klage im Berufungsvorbringen nach Obsiegen

Legt der in erster Instanz mit seinem Hauptantrag obsiegende Kläger als Berufungsbeklagter seinen bereits in erster Instanz hilfsweise geltend gemachten Klageanspruch erstmals in der Berufungsinstanz in einer den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügenden Weise schlüssig dar, ist er insoweit nicht gemäß § 524 ZPO verpflichtet, sich der Berufung des Berufungsklägers anzuschließen, so der BGH (V ZR 270/21):

Richtig ist allerdings, dass sich der Berufungsbeklagte, der sich nicht nur auf die Abwehr der Berufung beschränken will, sondern seine in erster Instanz erfolgreiche Klage erweitern oder auf einen neuen Klagegrund stellen will, dazu gemäß § 524 ZPO der Berufung der Gegenseite anschließen muss (vgl. Senat, Urteil vom 7. Dezember 2007 – V ZR 210/06, NJW 2008, 1953 Rn. 13; BGH, Urteil vom 4. Februar 2015 – VIII ZR 175/14, BGHZ 204, 134 Rn. 15; Urteil vom 7. Mai 2015 – VII ZR 145/12, NJW 2015, 2812, Rn. 28).

Das gilt auch dann, wenn die Einführung des neuen Klagegrundes eine Änderung des Sachantrags nicht erforderlich macht. Auch in einem solchen Fall will nämlich der Berufungsbeklagte, der im Berufungsrechtszug seine Klage auf einen anderen Klagegrund stützt, damit mehr erreichen als die bloße Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung über den mit der Klage verfolgten Anspruch (vgl. Senat, Urteil vom 7. Dezember 2007 – V ZR 210/06, NJW 2008, 1953 Rn. 14; BGH, Urteil vom 4. Februar 2015 – VIII ZR 175/14, BGHZ 204, 134 Rn. 15). (…)

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung fällt ein wegen Zuerkennung des Hauptantrags erstinstanzlich nicht beschiedener Hilfsantrag des Klägers in der Berufungsinstanz allein durch die Rechtsmitteleinlegung seitens des Beklagten an, ohne dass es einer Anschlussberufung bedarf. Es besteht keine Veranlassung, von dem in erster Instanz voll obsiegenden Kläger die Einlegung eines Rechtsmittels, auch nicht im Wege einer Eventual-Anschließung, gegen ein zu seinen Gunsten ergangenes Urteil zu verlangen, um die volle Überprüfung seines unveränderten Klagebegehrens im Rechtsmittelzug sicherzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2004 – II ZR 264/02, NJW-RR 2005, 220; Beschluss vom 5. März 2019 – VIII ZR 190/18, NJW 2019, 1950 Rn. 19; Ur- teil vom 18. Juli 2013 – III ZR 208/12, NJW-RR 2013, 1334 Rn. 9).

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner