Pressemitteilungen der Staatsanwaltschaft können erhebliche Probleme bereiten – nicht zuletzt deshalb, weil sie einerseits in der Öffentlichkeit wie in den Medien in der Regel zu unkritisch behandelt werden; andererseits zeigt die hiesige Praxis, dass elementare Grundsätze des Presserechts, wie etwa die zwingende Möglichkeit zur Stellungnahme mit einer Frist von mindestens 24 Stunden, bei den Staatsanwaltschaften – trotz entsprechender Rechtsprechung etwa des OVG Münster – allzu oft noch unbekannt sind.
Das Kammergericht (9 U 21/21) hat nun in einem Aufsehen erregenden Fall betont, dass die Staatsanwaltschaft bei Presseäußerungen in ihrem Bereich die erforderliche Abwägung zwischen dem Informationsrecht der Presse und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Geheimhaltungsinteresse) des jeweils Betroffenen vorzunehmen hat.
Entscheidend ist nicht der bloße Wortlaut der Information, sondern der Eindruck, den eine solche zur Veröffentlichung in der Presse bestimmte Information bei den von der Presse angesprochenen Kreisen erwecken muss. Besondere Vorsicht ist aber geboten, wenn es sich – wie hier – um eine Auskunft im Rahmen eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens handelt: Ein solches Verfahren wird bereits aufgrund eines Verdachts eingeleitet; erfolgt die Auskunft sogar – wie hier – in einem Stadium, in dem die Ermittlungen zwar begonnen, aber noch längst nicht zu einem abschließenden Ergebnis geführt haben, so ist sorgfältig darauf zu achten, dass die Öffentlichkeit durch die Auskunft nicht ein falsches Bild von der Belastung des Betroffenen erhält, zumal der juristisch nicht vorgebildete Laie allzu leicht geneigt ist, die Einleitung eines solchen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens quasi mit dem Nachweis des Tatvorwurfs gleichzusetzen.
Das unkritische Vertrauen, das die Bevölkerung dem gedruckten Wort entgegenbringt, zwingt die Staatsanwaltschaft bei Auskünften an die Presse, im Interesse des Ehrenschutzes des Beschuldigten gerade im Anfangsstadium der Ermittlungen alle Formulierungen zu vermeiden, die geeignet sein könnten, den Gegenstand der Ermittlungen in der Öffentlichkeit belastender erscheinen zu lassen, als es dem tatsächlichen Inhalt der gegen den Beschuldigten erhobenen Vorwürfe entspricht.
Eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts scheidet auch nicht deshalb aus, weil die Namen nicht ausdrücklich genannt werden: Wird z.B. die Firmenbezeichnung ausdrücklich genannt und ist ein Geschäftslokal aufgrund seiner Größe überörtlich bekannt, so können die Teilnehmer der Pressekonferenz ohne größeren Aufwand die möglicherweise betroffenen Geschäftsführer identifizieren, wie das KG betont. Die Äußerung ist dann so unmittelbar zuordenbar, dass es einer ausdrücklichen Namensnennung überhaupt nicht mehr bedurfte. Ist die Rechtsverletzung schwerwiegend, ist auch ein erhebliches Schmerzensgeld zu zahlen (hier: jeweils 50.000 Euro). Kriterien waren hier z.B., dass die Beschuldigten von Freunden und Familienangehörigen als Gewalttäter und Zuhälter angesehen wurden, sich Freunde deswegen trennten und die Kinder in der Schule beschimpft wurden.
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