Schutzfähigkeit von Spielidee oder schriftlich niedergelegter Spielanleitung

Das Landgericht Mannheim (7 O 240/07) hatte früher schon einmal klargestellt:

  • Jedenfalls Die Spielidee eines Spiels – hier: Würfelspiels – ist als solche nicht urheberrechtsschutzfähig.
  • Die schriftlich gefasste Spielanleitung kann dagegen im Einzelfall urheberrechtlich geschützt sein. Dies jedenfalls dann, wenn sie sich nicht als bloßer Gebrauchstext auf die konkreten Handlungsanweisungen an die Spieler beschränkt, sondern – etwa durch eine auf schöpferischer Tätigkeit beruhender Fabel – darüber hinausgeht. 

So führt das Gericht aus:

Die vom Kläger veröffentlichten Spielregeln können – unabhängig von ihrer subjektiven Neuheit – allenfalls Schutz in der konkreten Darstellung als „Gebrauchstexte“ erlangen. Soweit ein Schutz der Spielregeln hiernach denkbar wäre, sind die Spielbeschreibungen in der angegriffenen Publikation der Beklagten aber als freie Benutzung (§ 24 Abs. 1 UrhG) zu qualifizieren. Urheberrechtlichen Schutz erfahren schließlich weder die grafischen Darstellungen noch die komplexen Ergebnisse von Wahrscheinlichkeitsrechnungen noch die Spielenamen, ohne dass es auf die Frage ankäme, ob der Kläger diese Elemente geschaffen hat.

Der gedankliche Inhalt der Spielregeln, erst recht die Spielideen der vom Kläger veröffentlichten Würfelspiele, vermitteln gegenüber den Spielbeschreibungen in der angegriffenen Publikation der Beklagten keinen urheberrechtlichen Schutz.

Urheberrechtlich geschützt sind nach §§ 1, 2 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 UrhG persönlich geistige Schöpfungen der Literatur, Wissenschaft und Kunst. Durch die in den Gesetzeswortlaut aufgenommenen Werkkategorien der Literatur, Wissenschaft und Kunst hat der Gesetzgeber zum Schutz der Freiheit der Gedanken und Lehren vor einer Monopolisierung „Anweisungen an den menschlichen Geist“ als „Handlungsanweisungen, sich in einer bestimmten Situation oder unter bestimmten Voraussetzungen in einer bestimmten Weise zu verhalten“ vom Schutz des Urheberrechts ausgeschlossen (vgl. Loewenheim in Schricker, Urheberrecht, 2. Aufl. 1999, § 2 Rz. 5, Rz. 58). Hieraus folgt, dass Spielsysteme und Spielideen als solche nicht schutzfähig sind. Dies bestätigend hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung „Zahlenlotto“ (BGH Urt. v. 17.10.1961 – I ZR 24/60, GRUR 1962, 51, 52) lediglich entschieden, dass eine schriftlich niedergelegte Spielregel den Anforderungen genügen kann , die an ein Schriftwerk als Sprachwerk nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG zu stellen sind. Dem folgend ist in der Rechtsprechung allein anerkannt, dass im Einzelfall eine Spielregel in ihrer konkreten sprachlichen Ausgestaltung durch einzelne Spielanleitungen urheberrechtlich geschützt sein kann. Über diesen Stand der Rechtsprechung geht auch nicht das vom Kläger zitierte Urteil des OLG München hinaus (Urt. v. 25.11.1993 – 29 U 3141/93, ZUM 1995, 48).

Ob mit einem solch möglichen urheberrechtlichen Schutz einer Spielregel als Sprachwerk ein inhaltlicher Schutz vergleichbar einem literarisch-künstlerischen Werk (zum Roman vgl. BGH Urt. v. 29.4.1999 – I ZR 65/96, GRUR 1999, 984 – Laras Tochter) einhergeht, ist nach Auffassung des Bundesgerichtshofs, die der Sichtweise der erkennenden Kammer entspricht, ebenso im Einzelfall zu prüfen, denn „die erforderliche [schöpferische] Eigenart braucht … nicht auf einer eigenpersönlichen Prägung der rein sprachlichen Ausdrucksform zu beruhen, siekann sich vielmehr auch aus einem auf individuelle Geistestätigkeit zurückzuführenden Gedankeninhalt ergeben“ (BGH I ZR 24/60, a.a.O.). Bei dieser Einzelfallprüfung ist der gedankliche Inhalt einer Spielregel dahingehend abzugrenzen, ob er sich entweder auf Handlungsanweisungen oder Mitteilungen tatsächlicher / technisch-mathematischer Art beschränkt („Gebrauchstext“) – sich in der nicht schutzfähigen Spielidee als solcher erschöpft – oder einer auf künstlerisch-schöpferischer Phantasie beruhenden „Fabel“ entspricht, die nicht die Benutzung freien Gemeinguts oder fremder Schöpfungen darstellt.

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner