Sittenwidrige Investitionen in Kryptowährungen?

In einer beachtlichen Entscheidung vom 21. Dezember 2023, Aktenzeichen 24 U 95/23, hat das Oberlandesgericht Köln sich mit den juristischen Komplikationen rund um Investitionen in Kryptowährungen auseinandergesetzt. Der Fall betraf nicht nur die straf- und zivilrechtliche Beurteilung einer fehlerhaften Anlageberatung, sondern berührte auch tiefgreifende Fragen des Finanzmarktrechts.

Der Fall: Verstrickungen in Kryptowährungsanlagen

Im Zentrum des Rechtsstreits stand die Klage eines Anlegers, der durch fehlerhafte Beratungsleistungen beim Kauf von Kryptowährungen Verluste erlitten hatte. Der Kläger wurde aufgrund fehlerhafter und irreführender Informationen seitens der Beklagten dazu verleitet, in die virtuelle Währung einer nicht existenten Gesellschaft zu investieren.

Entscheidung des Gerichts

Das Gericht wies die Berufung der Beklagten zurück und bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz, welche den Beklagten bereits zu Schadensersatzzahlungen verurteilt hatte. Die Kernargumentation des Gerichts stützte sich auf die festgestellte Täuschung und die Sittenwidrigkeit der Handlungen der Beklagten.

Das Gericht bejahte die Anwendung von § 826 BGB (Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung) und stellte fest, dass die Anlageberatung der Beklagten sittenwidrig war, da sie bewusst auf Täuschung ausgelegt war und das Anlagekonzept als solches chancenlos und nur zum Nachteil der Anleger konzipiert war.

Bedeutung und Auswirkung

Die Entscheidung des OLG Köln ist aus mehreren Gründen von Bedeutung:

  1. Kryptowährungen und rechtliche Einordnung: Sie verdeutlicht, wie Kryptowährungen rechtlich behandelt werden können, insbesondere wenn es um betrügerische Aktivitäten und irreführende Anlageberatungen geht.
  2. Anlegerrechtsschutz: Der Fall zeigt, dass das deutsche Rechtssystem Mechanismen bietet, um Anleger vor betrügerischen Anlageprodukten zu schützen, selbst in dem relativ neuen und technisch komplexen Feld der Kryptowährungen.
  3. Sittenwidrigkeit und Schadensersatz: Das Urteil unterstreicht die Schwere der Rechtsfolgen für betrügerische Handlungen im Bereich der Anlageberatung, insbesondere im Kontext von Kryptowährungen.

Wann ist eine Anlage sittenwidrig?

Nach § 826 BGB ist derjenige zum Schadensersatz verpflichtet, der einem anderen vorsätzlich in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise Schaden zufügt.

Mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haften die Verantwortlichen einer Gesellschaft nach § 826 BGB auf Schadensersatz, wenn das von ihnen ins Werk gesetzte Geschäftsmodell der Gesellschaft von vornherein auf Täuschung und Schädigung der Kunden angelegt ist, es sich also um ein Betrugsunternehmen handelt:

Dies kann etwa der Fall sein, wenn sich das Konzept als von vornherein chancenlos erweist und im Ergebnis nur dem eigenen Vorteil der maßgeblich damit befassten Personen dient (BGH, NJW-RR 2015, 941, Rn. 26). Bei demjenigen, der in federführender Stellung an der Verwirklichung eines solchen Geschäftsmodells mitwirkt, das schwerpunktmäßig auf eine sittenwidrige Schädigung gerichtet ist, spricht die praktische Lebenserfahrung dafür, dass dies bewusst und unter Inkaufnahme von Schäden der Geschäftskunden – mithin zumindest bedingt vorsätzlich – geschieht (BGH, NJW 2021, 1759, Rn. 16 m.w.Nachw.).

Der solchermaßen getäuschte Anleger erleidet durch die Zahlung des anzulegenden Betrags einen unmittelbaren und endgültigen Vermögensschaden in Höhe der vollen Anlagesumme, weil die getätigte Anlage wirtschaftlich wertlos ist. Spätere Entwicklungen berühren den eingetretenen Schaden nicht mehr. Auch in diesem Fall liegen zumindest bedingter Vorsatz sowie die auf eine Verschaffung eines rechtswidrigen Vermögensvorteils gerichtete Bereicherungsabsicht nahe. Insbesondere wird der Betrugsvorsatz nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Täter hoffte, es werde letzten Endes alles gut gehen und das Risiko werde sich nicht realisieren (BGH, NJW 2021, 1759, Rn. 17).

Fazit

Dieses Urteil ist ein klares Zeichen dafür, dass das deutsche Rechtssystem bereit ist, Anleger auch in der digitalen Welt des Finanzmarktes effektiv zu schützen. Für Anleger bedeutet dies, dass sie bei Fehlinformationen und betrügerischen Anlagestrategien nicht schutzlos sind und rechtliche Mittel zur Verfügung stehen, um sich zur Wehr zu setzen.

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner