Software-Lizenzgebühren und indirekte Datenbankzugriffe: Präzedenzfall für die Softwareindustrie

Das Oberlandesgericht Köln hat mit seinem Urteil vom 28. Juli 2023 (Az. 6 U 19/23) einen wichtigen Rechtsstreit entschieden, der zentrale Fragen im Bereich Softwarelizenzen und Datenbankzugriffe betrifft. Dieses Urteil beleuchtet insbesondere die rechtlichen Rahmenbedingungen indirekter Datenbankzugriffe und die damit verbundenen Lizenzgebühren.

Der Fall

Im Mittelpunkt des Falles stand die Lizenzierung von Krankenhausinformationssoftware. Die Beklagte, die eine solche Software vertreibt, hatte eine Klausel in ihren AGB, die Drittanbietern den direkten oder indirekten Zugriff auf die Datenbank, die von ihrer Software genutzt wird, untersagte:

Es ist untersagt, Anwendungen von Drittherstellern zu verwenden, welche direkt auf die vom Anwendungspaket benutze Datenbank zugreifen oder indirekten Zugriff auf die in der Datenbank gespeicherten Informationen haben.“

Die Klägerin, ein Wettbewerber, sah darin eine unangemessene Benachteiligung und einen Verstoß gegen das UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb).

Urteil zu Software-Lizenzgebühren und indirekten Datenbankzugriffen: Rechtsanwalt Ferner zu Lizenzgebühren für indirekte Nutzung

Das vorliegende Urteil zu Software-Lizenzgebühren und indirekten Datenbankzugriffen macht deutlich, dass es gerade nicht ausreicht, sich in seine Lizenzen irgendwelche Fantasie-Konstrukte zu malen; vorliegend wurde gleich die Verwendung der gesamten Klausel gerichtlich untersagt: Indirekte Nutzung mit Lizenzgebühren muss sehr ausgefeilt formuliert sein!

Entscheidung des OLG Köln

Das Gericht bestätigte die Unwirksamkeit der strittigen Klausel, da sie gegen das Transparenzgebot verstieß und unklar formuliert war. Die Klausel ließ offen, ob und inwieweit Krankenhäuser, die die Software der Beklagten nutzen, die Daten für eigene Zwecke durch Drittanbieter-Software auswerten lassen dürfen. Das Gericht betonte, dass die Unklarheit der Klausel dazu führte, dass die Krankenhäuser nicht erkennen konnten, ob sie weitere Kosten für den Zugriff auf eigene Daten hätten aufwenden müssen:

Im vorliegenden Fall ist das Verständlichkeitsgebot verletzt. Die Krankenhäuser konnten auch als aufmerksame und sorgfältige Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr nicht erkennen, ob / inwieweit sie noch Zugriff auf die eigenen Daten nehmen konnten, um über das Programm eines Drittanbieters z.B. betriebswirtschaftliche Auswertungen zu erstellen (…)

Die angegriffene Klausel steht zwar in inhaltlichem Zusammenhang mit der Nutzung der D.-Software im Rahmen des Softwarepaketes der Beklagten, der Wortlaut der Klausel verbietet jedoch eindeutig sowohl einen direkten als auch einen indirekten Drittzugriff auf die von der vertragsgegenständlichen Software benutzte Datenbank und die darin gespeicherten Informationen – obwohl die Daten als solche rechtlich den Krankenhäusern zustehen, nicht der Beklagten und/oder der Firma D.. Auch der Schutz der Datenbanken nach §§ 87a ff. UrhG kommt ggf. den Krankenhäusern als den Investoren in die Sammlung zu.

Nicht zu den Elementen einer Datenbank zählen die Computerprogramme, mit denen elektronische Datenbanken erstellt oder betrieben werden. Diese sind vielmehr als von der Datenbank unabhängige Schutzgegenstände nach den für Computerprogramme geltenden Sondervorschriften der §§ 69a ff. UrhG geschützt (Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 7. Aufl., § 87a Rn. 5). Vor dem Hintergrund, dass zwischen den Daten / Datenbanken der Krankenhäuser, der Software der Beklagten, der Software von D. sowie den Vertragsverhältnissen Krankenhaus / Beklagte und Beklagte / D. zu differenzieren ist, stellen sich bei der Auslegung der angegriffen Klausel mehrere Fragen, die nicht eindeutig zu beantworten sind (…)

Rechtliche Bedeutung des Urteils

  • Transparenz von AGB-Klauseln: Das Urteil unterstreicht die Bedeutung des Transparenzgebotes bei der Formulierung von AGB-Klauseln, besonders in technisch komplexen Bereichen wie Softwarelizenzen.
  • Zugriffsrechte auf Daten: Das Urteil wirft Licht auf die Frage der Zugriffsrechte auf Daten, die durch spezialisierte Software verwaltet werden. Es stellt klar, dass die Rechte der Nutzer, insbesondere im Hinblick auf die Verwendung ihrer eigenen Daten durch Drittanbieter-Software, transparent und eindeutig geregelt sein müssen.
  • Auswirkungen auf die Softwareindustrie: Die Entscheidung hat potenzielle Auswirkungen auf die Praxis der Softwarelizenzierung und könnte zu einer Überprüfung und Anpassung von Lizenzbedingungen führen.

Fazit

Das Urteil des OLG Köln setzt einen wichtigen Präzedenzfall für den Umgang mit Lizenzbestimmungen und den Zugriff auf Datenbanken. Es betont die Notwendigkeit klarer, verständlicher und transparenter AGB-Klauseln, die nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung der Nutzer führen dürfen. Für die Softwarebranche könnte dieses Urteil zu einer Neubewertung der Lizenzierungspraktiken führen und einen faireren und transparenteren Markt fördern.

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner