Störerhaftung und Urheberrecht in den sozialen Medien

In einer interessanten Entscheidung des Landgerichts Berlin (15 O 464/23) wurde ein urheberrechtlicher Unterlassungsanspruch im Kontext sozialer Medien behandelt. Das Gericht musste die Frage klären, inwieweit die Mutter für das urheberrechtswidrige Posten ihrer Tochter auf Instagram haftet.

Sachverhalt

Der Fall dreht sich um ein Instagram-Posting, in dem ein Siegel und eine Urkunde veröffentlicht wurden. Die Urkunde, die urheberrechtlich geschützt war, wurde von der Tochter der Antragsgegnerin auf deren Instagram-Account veröffentlicht. Die Antragsgegnerin hatte sowohl die Urkunde als auch die Zugangsdaten zu ihrem Account zur Verfügung gestellt.

Rechtliche Analyse

  1. Urheberrechtliche Schutzfähigkeit: Das Siegel und die Urkunde erfüllen die Anforderungen des § 2 UrhG und werden als persönliche geistige Schöpfungen betrachtet. Dabei wurde die Schöpfungshöhe im Sinne der sogenannten „kleinen Münze“ bejaht.
  2. Verletzung von Verwertungsrechten: Die Antragsgegnerin hat in die ausschließlichen Verwertungsrechte der Antragstellerin eingegriffen (§§ 19a, 16 Abs. 1 UrhG), indem sie das Siegel und die Urkunde ohne Erlaubnis online zugänglich machte.
  3. Störerhaftung: Die Mutter haftet als Störerin für das Posting ihrer Tochter. Nach BGH-Rechtsprechung kann als Störer haften, wer willentlich zur Urheberrechtsverletzung beiträgt. Hier war die Bereitstellung der Zugangsdaten und der Urkunde durch die Antragsgegnerin ausschlaggebend.
  4. Wiederholungsgefahr: Das Gericht stellte fest, dass die bloße Entfernung der Postings nicht ausreicht, um die Wiederholungsgefahr auszuschließen. Hierfür wäre eine ernsthafte und strafbewehrte Unterlassungserklärung nötig gewesen.

Schlussfolgerungen und Empfehlungen

  • Vorsicht im Umgang mit sozialen Medien: Dieser Fall unterstreicht die Notwendigkeit, beim Teilen von Inhalten auf sozialen Medien sorgfältig zu sein, insbesondere wenn diese urheberrechtlich geschützt sind.
  • Verantwortung der Account-Inhaber: Account-Inhaber sollten sich der potenziellen Haftung bewusst sein, die entsteht, wenn sie Dritten Zugang zu ihren Accounts gewähren.
  • Wichtigkeit von Unterlassungserklärungen: Die Entscheidung zeigt, dass eine bloße Entfernung rechtswidriger Inhalte nicht genügt. Eine formgerechte Unterlassungserklärung ist für den Rechtsschutz unerlässlich.

Insgesamt liefert dieser Fall wertvolle Einblicke in die urheberrechtlichen Herausforderungen, die sich in der digitalen Welt und insbesondere im Kontext sozialer Medien ergeben.

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner