Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hat in seinem Beschluss vom 18. April 2024 (Aktenzeichen: 9 U 11/23) eine richtungsweisende Entscheidung zur Annahme von Kaufvertragsangeboten durch die Übersendung von Gratisbeigaben getroffen. Im Mittelpunkt der Entscheidung stand die Frage, ob die Zusendung von Gratisbeigaben als Annahme eines Kaufvertragsangebots für das Hauptprodukt gewertet werden kann.
„Zusendung von Gratisbeigaben als Annahme eines Kaufvertragsangebots“ weiterlesenUnterlassungsgebot als Teil des Titels zur Löschung von Bewertungen
Ein Beschluss des Oberlandesgerichts Köln (15 W 40/24) vom 21. Mai 2024 befasst sich mit der Frage der Vollstreckung einer einstweiligen Verfügung, die eine Löschungsverpflichtung bezüglich einer Online-Rezension zum Gegenstand hat.
Das Gericht musste entscheiden, ob die Verpflichtung zur Löschung einer negativen Rezension auch das Gebot umfasst, künftig ähnliche Rezensionen zu unterlassen und ob ein Ordnungsgeld verhängt werden kann, wenn der Schuldner dieser Verpflichtung nicht nachkommt.
„Unterlassungsgebot als Teil des Titels zur Löschung von Bewertungen“ weiterlesenOLG Nürnberg: Entscheidung zu Vorkasse-Zahlungen im Online-Shop
Am 30. Januar 2024 hat das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg ein wichtiges Urteil in Bezug auf Vorkasse-Zahlungen im Online-Handel gefällt (Az.: 3 U 1594/23). Gegenstand des Verfahrens war die Praxis einer Shop-Betreiberin, von ihren Kunden eine Vorkasse-Zahlung zu verlangen, während der Vertrag nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) erst mit der Zustellung der Ware zustande kommen sollte.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände hatte dagegen geklagt und in erster Instanz verloren. In der Berufung gab das OLG Nürnberg dem Kläger jedoch recht und verurteilte die Shop-Betreiberin zur Unterlassung dieser Praxis sowie zur Zahlung der Abmahnkosten. In diesem Beitrag werden die einzelnen Fehler, die im Online-Shop gemacht wurden, detailliert erläutert und die entsprechenden Ausführungen des OLG Nürnberg dazu besprochen.
„OLG Nürnberg: Entscheidung zu Vorkasse-Zahlungen im Online-Shop“ weiterlesenWirksamkeit eines Prozessvergleichs im Fokus
In der deutschen Rechtsprechung bildet der Prozessvergleich ein wichtiges Instrument zur Beilegung von Streitigkeiten. Diese Methode ermöglicht es den Parteien, einen Rechtsstreit einvernehmlich und ohne ein finales Urteil zu beenden. Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Hamm (26 U 2/23) vom 12. April 2024 bietet Anlass, die Wirksamkeit und die rechtlichen Nuancen eines solchen Vergleichs näher zu beleuchten.
„Wirksamkeit eines Prozessvergleichs im Fokus“ weiterlesenOrdnungsgeldes wegen mangelnder Löschung irreführender Aussagen aus Cache eines Internet-Auftritts
Ein Unterlassungstitel verpflichtet den Schuldner, etwaige titelwidrige Cache-Inhalte zu löschen bzw. auf Dritte entsprechend einzuwirken, um sicherzustellen, dass die zu unterlassenden Äußerungen auch über gängige Internetsuchmaschinen – auch im Wege der Cache-Speicherung – nicht mehr erreichbar bzw. abrufbar sind (so OLG München, 29 W 1697/21).
Diese im Bereich von Unterlassungstiteln zu bestimmten Internetinhalten bestehende Verpflichtung, auch Cache-Inhalte zu überprüfen und gegebenenfalls zu löschen oder durch Dritte löschen zu lassen, entspricht, wie das Gericht zutreffend ausführt, ständiger Rechtsprechung. Ein Titelschuldner hat insoweit auch dafür Sorge zu tragen, dass er seinen Verpflichtungen aus dem Titel vollständig nachkommt. Er hat für Vorsatz und Fahrlässigkeit einzustehen. Auf einen vermeidbaren Verbotsirrtum kann sich der Schuldner nicht berufen.
Verjährungseinwand bei Arbeitnehmererfindung
Kommt der Arbeitgeber seiner aus § 12 Abs. 3 ArbNErfG folgenden Pflicht zur Festsetzung der dem Arbeitnehmererfinder zustehenden Vergütung nicht nach, so führt dies nach OLG Düsseldorf, 15 U 78/22m nicht ohne weiteres, d.h. nicht ohne Hinzutreten weiterer Umstände dazu, dass dem Arbeitgeber die Erhebung der Einrede der Verjährung wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens zu versagen ist.
Auch ein Verstoß gegen die sich aus § 15 ArbNErfG ergebende Unterrichtungspflicht über den Fortgang des Anmeldeverfahrens führt nicht dazu, dass die Erhebung der Verjährungseinrede in jedem Fall treuwidrig ist. Dies gilt jedenfalls solange nicht festgestellt werden kann, dass der Arbeitgeber einen von ihm erkannten oder auch nur bewusst oder unbewusst hervorgerufenen Irrtum des Arbeitnehmererfinders ausgenutzt hat.
„Verjährungseinwand bei Arbeitnehmererfindung“ weiterlesenBlickfangwerbung
Die Blickfangwerbung ist ein legitimes Mittel der Werbegestaltung – das aber „Spielregeln“ unterliegt, die von der Rechtsprechung geprägt sind: Der Bundesgerichtshof (I ZR 149/07) hat schon 2009 entschieden, dass ein klar und eindeutig zugeordneter „Sternchenhinweis“, der lesbar ist, grundsätzlich zulässig ist.
Mit den etablierten Grundsätzen der Blickfangwerbung kann im Grundsatz nämlich immer dann, wenn der Blickfang für sich genommen eine Fehlvorstellung auslöst, eine irrtumsausschließende Aufklärung durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis erfolgen, wenn dieser am Blickfang teilhat und dadurch eine Zuordnung zu den herausgestellten Angaben gewahrt bleibt.
„Blickfangwerbung“ weiterlesenTäuschungshandlung: Täuschung bei Betrug
Wann liegt eine Täuschung im Sinne eines Betruges vor? Die Täuschungshandlung besteht in der Vorspiegelung falscher oder in der Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen. Täuschung ist dabei jedes Verhalten, das objektiv irreführt oder einen Irrtum unterhält und damit auf die Vorstellung eines anderen einwirkt (BGH, 4 StR 239/03).
„Täuschungshandlung: Täuschung bei Betrug“ weiterlesenOLG Frankfurt: Daten aus ANOM-Überwachung verwertbar
Bisher unbemerkt gibt es die erste obergerichtliche Entscheidung zur Verwertung der Daten eines ANOM-Nutzers. Wir erinnern uns: ANOM war ein von den US-Behörden betriebener Fake-Messengerdienst, bei dem die Behörden live mitlesen konnten.
Das OLG Frankfurt (1 HEs 427/21) konnte sich nun zur Verwertung dieser Daten äussern und festhalten, dass die nicht in dem deutschen Strafverfahren, sondern im Ausland erhobenen Beweise verwendbar sind:
„OLG Frankfurt: Daten aus ANOM-Überwachung verwertbar“ weiterlesenDas Mitlesen der auf den Endgeräten geführten Chatkommunikation ist bei vorläufiger Bewertung am ehesten mit einer Maßnahme der Telekommunikationsüberwachung nach § 100a StPO vergleichbar. Rechtsgrundlage für die Weiterverwendung in diesem Verfahren, die wie die Erhebung dieser Daten einen Eingriff in Grundrechte des Betroffenen (Art. 10 GG bzw. das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gem. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art 1 Abs. 1 GG) darstellt, ist demnach § 479 Abs. 2 StPO. Die Vorschrift ist auch bei grenzüberschreitendem Datenverkehr anwendbar (vergl. BGH, Beschl. v. 21. November 2012 – 1 StR 310/12). Ihre Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
Die Auswertung der Kommunikationsinhalte ergibt dringenden Tatverdacht hinsichtlich des Vorliegens von Katalogtaten im Sinne von § 100a Abs. 2 StPO, so dass nach deutschem Recht die Überwachung der laufenden Kommunikation zulässig gewesen wäre. Die Verwendbarkeit der Daten wäre auch bei Qualifizierung der Maßnahmen als Onlinedurchsuchung gem. § 100b StPO gegeben, nämlich nach § 100e Abs. 6 StPO, dessen Voraussetzungen ebenfalls erfüllt sind. Dabei können nach nahezu einhelliger Auffassung bei der Prüfung der Verdachtslage die gewonnenen Erkenntnisse berücksichtigt werden; es kommt nicht darauf an, ob auch ohne die Erkenntnisse aus dem anderen Verfahren gegen den Betroffenen ein entsprechender Verdacht bestanden hätte (vgl. zuletzt die obergerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Verwertbarkeit von Daten ausländischer Encro-Chat-Handys, z.B. OLG Schleswig, Beschl. v. 29. April 2021, 2 Ws 47/21; Hanseatisches Oberlandesgericht, Beschl. v. 29. Januar 2021, 1 Ws 2/21). Andernfalls bedürfte es der Vorschrift nicht.
Strafrechtlich relevante Täuschung durch Branchenbuch-Angebot?
Bis heute ist der Nepp mit vermeintlichen Branchenbuch-Einträgen („Branchenverzeichnis“) verbreitet – man erhält ein Schreiben (gerne per Mail oder Fax) und wenn man es ausgefüllt zurücksendet, entpuppt sich das vermeintlich amtliche oder zumindest kostenlose Schriftstück als kostenpflichtige „Leistung“. Die hat zwar keinen spürbaren Mehrwert, weswegen mit dem BGH schon keine Zahlungspflicht besteht, bezahlen soll man aber gleichwohl. Das OLG Köln hatte zudem früher schon etwas zur strafrechtlichen Relevant gesagt.
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