Lizenzschadensersatz bei Werknutzung nach vorzeitiger Beendigung des Nutzungsvertrages

In zwei Entscheidungen des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main wird klargestellt, dass bei vorzeitiger Beendigung eines Nutzungsvertrages durch den Lizenzgeber ein Lizenzschadensersatz zu zahlen ist, wenn das Werk weiterhin unerlaubt genutzt wird.

Diese Entscheidungen sind von großer Bedeutung für die urheberrechtliche Praxis, da sie die rechtliche Unabhängigkeit des Schadensersatzanspruchs aus dem Vertragsbruch von dem Anspruch aus der unerlaubten Werknutzung betonen.

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Berechnung des lizenzanalogen Schadensersatzes bei der unautorisierten Zweitverwertung von Lichtbildern

Die Entscheidung des Landgerichts Köln (Az.: 14 S 2/23) vom 3. Mai 2024 befasst sich mit der Berechnung des lizenzanalogen Schadensersatzes bei der unautorisierten Zweitverwertung von Lichtbildern. Im vorliegenden Fall geht es um die Nutzung von Fotografien eines Berufsfotografen durch einen Vertriebspartner eines Trachtenmodeherstellers.

Der Fotograf fordert Schadensersatz für die widerrechtliche Nutzung seiner Bilder. Diese Entscheidung beleuchtet die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Methoden zur Ermittlung eines angemessenen Schadensersatzes.

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Abbild von Fototapete kann Urheberrechtsverletzung sein

Eine weitere Entscheidung des Landgerichts Köln (14 O 70/23) zur Frage der Urheberrechtsverletzung durch die Abbildung von Fototapeten auf Fotos wirft komplexe und kritische Fragen zur Anwendbarkeit und Praktikabilität des Urheberrechts im Alltag auf.

In diesem Fall betraf es die Verwendung eines Fotos einer Fototapete als Referenzbild durch einen Malerbetrieb auf dessen Webseite und Facebook-Profil. Die detaillierte rechtliche Analyse des Gerichts und die potenziellen Implikationen für ähnliche Fälle werden im Folgenden kritisch beleuchtet.

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Urheberpersönlichkeitsrecht: Verzichts eines Fotografen auf Urheberbenennungsrecht in AGB

Das OLG Frankfurt (11 U 95/21) konnte herausarbeiten, dass der in AGB enthaltene Verzicht eines professionellen Fotografen auf die Urhebernennung, für jede Art der Verwendung eines Werks durch die Kunden eines Microstock-Portals, keine unangemessene Benachteiligung des Klägers iSv § 307 BGB darstellt:

Zwar widerspricht der Verzicht des Urhebers auf die Urheberbenennung gegenüber dem Lizenznehmer dem gesetzlichen Leitbild des § 13 UrhG. Diese Vorschrift gibt dem Urheber als Teil des Urheberpersönlichkeitsrechts ein vorbehaltloses Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft an dem geschaffenen Werk (Bullinger in: Wandtke/ Bullinger, Urheberrecht, 6. Auflage, § 13 Rn. 1). Daher weicht der Verzicht des Urhebers von einem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Trotzdem stellt der vorliegend erklärte Verzicht keine unangemessene Benachteiligung des Urhebers dar, da der Urheber (hier: der Kläger) sich mit Abschluss des Vertrags dafür entscheidet, seine Werke über ein Microstock-Portal (hier: X) zu vermarkten. Er bedient sich daher willentlich für Verbreitung seiner Werke eines Geschäftsmodells der Microstock-Portale, das den Verzicht des Urhebers auf sein Urheberbenennungsrecht bedingt und wird damit durch den Verzicht auf sein Urheberbenennungsrecht nicht unangemessen benachteiligt (…)

Einem mit der Urheberbenennung verbundenen Marketingeffekt kommt zudem für solche Urheber keine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung zu, die – wie der Kläger – ihre Werke ausschließlich über Microstock-Agenturen lizensieren. Bei diesen kann die Urheberbenennung keine etwaige eigenständige individuelle Lizenzvergabe fördern, da der Urheber keine eigenständige individuelle Lizenzvergabe betreibt. Für solche Urheber, die – wie der Kläger – ausschließlich über Microstock-Agenturen lizensieren, ist der Marketingeffekt der Urheberbenennung daher nicht von entscheidender Bedeutung. Dies bestätigt letztlich der Vortrag des Klägers selbst. Denn er hat vorgetragen, dass seine Werke bei X äußerst beliebt gewesen und die Anzahl der Downloads seiner Fotografien dort vergleichsweise sehr hoch seien, er zähle zu den erfolgreichsten Bildanbietern weltweit, seine Werke seien über 888.000 Male lizensiert worden. Der Kläger hat diese erhebliche Anzahl von Lizensierungen nach seinem Vortrag ausschließlich über Microstock-Portale wie X erzielt, dh. ohne dass ihm – mangels Pflicht der Kunden zur Urheberbenennung – ein hiermit verbundener Marketingeffekt zugutegekommen wäre.

Man merkt: keine allgemeine Entscheidung, sondern eine spezielle Entscheidung für professionelle Fotografen. Die hergebrachten Grundsätze, dass ein Verzicht in AGB nicht denkbar erscheint, dürften im Allgemeinen nicht angetastet sein.

Bestimmung des Schadenersatzes für rechtswidrige unterlassene Urheberbenennung

Auch die Ausführungen zur Bemessung des Schadensersatzes bei nicht-Benennung eines Urhebers lassen aufhorchen:

Zwar geht der Senat davon aus, dass vernünftige Parteien für die Nutzung eines Werks grundsätzlich auch dann eine Lizenzgebühr vereinbaren, wenn der Urheber das Werk zu einem sehr günstigen Lizenzentgelt unter der Bedingung lizensiert hatte, dass er als Urheber benannt wird, der Nutzer aber das Werk ohne die Urheberbenennung nutzen will. Denn aus Sicht eines fiktiven Lizenznehmers ergibt sich daraus, dass er das Werk auch ohne Urheberbenennung verwenden kann, ein Vorteil. Grundlage für die Schätzung eines Lizenzschadens in einer solchen Konstellation ist der Verlust, den der Urheber dadurch erleidet, dass die mit der Urheberbenennung verbundene Werbewirkung nicht eintritt (vgl. BGH, Urteil vom 18.9.2014 – I ZR 76/13 – CT-Paradies Rn. 75; Senat, Urteil vom 22.10.2019 – 11 U 95/18 Rn. 41 zum Schadenersatz bei unterlassenem Hinweis auf die Bildquelle im Fall einer Creative-Common Lizenz, jeweils zitiert nach juris).

Allerdings fehlen auch auf dieser Grundlage konkrete Anhaltspunkte für eine Schadensschätzung und insoweit auch zur Schätzung eines Mindestschadens. Denn der Kläger lizensiert nach seinem Vortrag ausschließlich über Microstock-Portale. Dass und welcher Werbewert einer Urheberbenennung für diese Art der Lizensierung zukommt, ist vom Beklagten nicht dargelegt worden und auch sonst nicht ersichtlich. Wie bereits oben dargelegt … ergibt sich nicht, dass und in welchem Umfang bei dieser Art der Vermarktung der Lichtbilder, derer sich der Kläger ausschließlich bedient, der Urheberbenennung ein Marketingeffekt zukommt und wie dieser zu bewerten wäre. Für eine Bemessung des wirtschaftlichen Nachteils, den der Urheber durch die (unterstellt rechtswidrige) unterlassene Urheberbenennung erlitten hat, fehlt damit jeglicher Anhaltspunkt. Auch die Schätzung eines Mindestschadens insoweit scheidet mangels tatsächlicher Anknüpfungspunkte aus.

Schadensersatz beim Filesharing – Übersicht

Das Landgericht Hamburg (308 O 710/09) hat sich mit dem Thema Filesharing beschäftigt und angeblich – man muss ja vorsichtig sein mit Pressemeldungen der Gerichte – zwei Feststellungen getroffen, die durchaus sehr interessant klingen:

  1. Es ging um zwei Lieder, bei denen ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 15 Euro pro Lied festgestellt wurde
  2. Hinsichtlich der Haftungsfrage von Eltern müssen wohl auch Ausführungen erfolgt sein

Bzgl. Punkt 1 muss ich feststellen, dass mir die bisherigen Ausführungen zur Höhe des Schadensersatzes bzgl. der Lizenzanalogie deswegen gefallen, weil hier endlich einmal überhaupt etwas gesagt wird. Allzu gerne wird in Entscheidungen zum Thema schlicht die Summe „150 Euro“ genutzt, ohne dass nähere Begründungen/Überlegungen erfolgen. Wenn es in Hamburg nun so gelaufen ist, dass man auf den Einzelfall blickte und hier abwog, wäre das ein überzeugender Schritt. Zugleich bedeutet das aber im Umkehrschluss: Diese Zahlen sind nicht verallgemeinerungsfähig. Wer dem LG Hamburg folgen möchte, der muss auf jede einzelne getauschte Datei blicken und mit den Kriterien Alter, Nachfrage und Zahl der Downloads eine Abstufung vornehmen. Und so überrascht es dann nicht, dass das AG Hamburg (36A C 172/10, Juni 2011) diese Urteilsgründe nicht verallgemeinerte und letztlich auf 150 Euro Schadensersatz pro Lied im konkreten Fall erkannte.

Warum ich auch sonst eher zurückhaltend bin bei der Bewertung dieser Entscheidung, soll ein Blick auf andere Entscheidungen verdeutlichen. Ich habe einfach einmal willkürlich ein paar Entscheidungen der Vergangenheit herausgegriffen, um zu verbildlichen, dass es sich hier um eine unter vielen Entscheidungen handelt:

Das LG Frankfurt a.M. (2/3 O 19/07) findet 150 Euro passend für ein Lied. Auch das Amtsgericht Frankfurt a.M. (29 C 549/08, 31 C 1684/09) hatte mit 150 Euro pro Lied kein Problem – allerdings werden da bei Filmen dann 250 Euro draus (AG Frankfurt a.M., 32 C 1539/08). Beim LG Düsseldorf (12 O 521/09, 12 O 68/10) findet man bei aktuellen Liedern 300 Euro pro Lied angebracht, beim Landgericht Hamburg (308 O 710/09) dagegen 15 Euro pro Lied, das LG Köln (28 O 594/10, 28 O 585/10) findet 200 Euro pro Lied passend, ebenso das OLG Köln (6 U 67/11). Das LG Düsseldorf (12 O 256/10) kommt auf 3.000 Euro Schadensersatz bei einem Upload von 10 Liedern.

Beim OLG Köln (6 U 31/10) waren mehr als 5.000 Euro bzgl. eines „KFZ-Diganose-Programms“ kein Problem und 200 Euro bei einem Computerspiel sind auch keines (so lese ich zumindest OLG Köln, 6 W 20/09). Das LG Köln (28 O 482/10) hatte mit einem Schadensersatz in Höhe von 510 Euro bei einem Computerspiel kein Problem, ebenso wohl bei 600 Euro (28 O 421/10) und zuletzt in LG Köln, 14 S 94/15:

Beim AG Halle (95 C 3258/09) war man dagegen mit 100 Euro bei einem Film bereits zufrieden, während das LG Hamburg (310 O 367/10) 1.000 Euro Schadensersatz bei einem pornographischen Film angemessen fand. Aktuell geht das AG Hamburg (35a C 154/11) bei einem Film allerdings von 250 Euro aus.

An dieser Stelle verdeutlicht sich: Man kann sich – auch erfolgreich – über die Höhe des Schadensersatzes streiten. Was am Ende dabei raus kommt, ist aber unkalkulierbar, das Risiko für Abgemahnte (wenn es sich nicht um sehr alte Lieder handelt) doch enorm. Zumindest 150 Euro pro Lied erscheint derzeit ein zu erwartender Maßstab zu sein.

Fotorecht: Streitwert-Übersicht zum Fotoklau

Nach dem so genannten „Fotoklau“ kommt im Regelfall irgendwann die Abmahnung. Dabei wird der abmahnende Rechtsanwalt anhand eines genannten Streitwerts die Kosten für seine Inanspruchnahme in Rechnung stellen wollen. Die 4-5stelligen Summen verleiten schnell dazu, davon auszugehen, dass „das kleine Bild“ doch niemals „so viel Wert“ ist.

Eine kurze und kommentierte Streitwert-Übersicht soll hier für Klarheit sorgen, denn: Der Unterlassungsanspruch als solcher ist durchaus etwas Wert.

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Lizenzschadensersatz bei Creative Commons

Auch das Amtsgericht Würzburg (34 C 2436/19) hat sich – unter Berufung auf die Rechtsprechung des OLG Köln – auf den Standpunkt gestellt, dass bei Nutzung eines Bilde unter Verletzung einer Creative Commons Lizenz kein messbarer Lizenzschaden eintritt, auch und gerade die Lizenzanalogie führt hier zu keinem anderen Ergebnis. Zu ermitteln ist dabei bekanntlich der objektive Wert der Benutzungsbeeinträchtigung, wobei die Höhe des Schadens nach § 287 ZPO zu schätzen ist – dies führt dann zu 0 Euro:

Mit dem OLG Köln ist das Gericht der Auffassung, dass ein Lichtbild, das der Beklagte und Widerkläger zur Nutzung im Rahmen einer CC-Lizenz unentgeltlich zur Verfügung stellt, mit einem objektiven Wert von 0,00 € zu bemessen ist. Auch eine Verdoppelung im Hinblick auf einen Verletzerzuschlag führt zu keinem höheren Wert. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Beklagte die unentgeltliche Benutzung nur unter Werbegesichtspunkten – und folglich unter Nennung seines Namens – zugelassen haben will. Dies stellt lediglich das Motiv des Beklagten für die Erlaubnis zur unentgeltlichen Nutzung dar. Das Gericht ist jedoch nicht der Auffassung, dass sich hierdurch der objektive Wert erhöht. Ein gesonderter wirtschaftlicher Wert ist in der unterlassenen Namensnennung nicht zu sehen.

Amtsgericht Würzburg, 34 C 2436/19

Schadensersatz bei Filesharing von Computerspielen

Eine aktuellere Entscheidung des OLG Nürnberg (3 U 1387/19) aus dem Oktober 2019 zeigt, dass man als Betroffener einer berechtigten Filesharing Abmahnung beim Schadensersatz vorsichtig sein muss. Hier wurde bestätigt, dass ein durch Filesharing offeriertes Computerspiel einen Lizenzschadensersatz in Höhe von 900 Euro rechtfertigen kann.

Dazu auch bei uns:

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