Das OLG Karlsruhe hat am 27. Juli 2023 eine richtungsweisende Entscheidung (Az. 19 U 83/22) getroffen, die die Pflichten im Zusammenhang mit dem Versand geschäftlicher E-Mails und die Haftung bei Cyberangriffen in den Fokus rückt. Dieses Urteil hat weitreichende Implikationen für den Geschäftsverkehr und die IT-Sicherheit.
„OLG Karlsruhe setzt Maßstäbe für Sicherheitsvorkehrungen beim E-Mail-Versand“ weiterlesenTesla Files und die Zulässigkeit der Veröffentlichung
Der Wirtschaftszeitung Handelsblatt wurden nach eigenen Angaben umfangreiche Datenmengen von rund 100 Gigabyte aus Quellen zugespielt, die direkt aus dem Herzen des derzeit weltweit wohl führenden Herstellers von Elektrofahrzeugen Tesla stammen sollen.
Die als „Tesla-Files“ bezeichneten Informationen umfassen nach dortigem Bericht mehr als 23.000 Dokumente. Einige der Dokumente sollen Gehaltsinformationen und Wohnadressen von mehr als 100.000 aktuellen und ehemaligen Mitarbeitern enthalten. Andere Dokumente scheinen private E-Mail-Konten und Telefonnummern von Kunden aufzulisten, hinzu kommen laut Handelsblatt wohl umfangreiche interne Informationen zu gemeldeten Vorfällen mit Tesla-Pkw. Hier soll es weniger um die Inhalte als um die spannenden rechtlichen Umstände der Publikation gehen.
„Tesla Files und die Zulässigkeit der Veröffentlichung“ weiterlesenVerwertbarkeit von Dashcam-Aufnahme im Arbeitsrecht
Beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 13 Sa 624/22, ging es um die Verwertbarkeit einer Dashcam-Aufnahme in einem Arbeitsgerichtsprozess. Die Entscheidung macht deutlich, wie die Rechtsprechung mit der Verwertung von solchen – möglicherweise rechtswidrigen – Dashcam-Aufnahmen umgeht, wobei es hier vor allem darum ging, ob die Dashcam im PKW eine Tonaufnahme vorgenommen hat. Hier drohen insbesondere erhebliche Mehrkosten. Nach den diesbezüglichen gerichtlichen Hinweisen wurde sodann ein Vergleich geschlossen.
Im Folgenden aus der Pressemitteilung des Landesarbeitsgerichts:
„Verwertbarkeit von Dashcam-Aufnahme im Arbeitsrecht“ weiterlesenBGH: Besonders schwerer Diebstahl durch Verlängerung von Keyless-System
Der Bundesgerichtshof (4 StR 52/22) konnte sich endlich klarstellen zur Frage äußern, ob ein Diebstahl vorliegt, wenn ein Funksignal eines Keyless-Systems „verlängert“ wird und somit genutzt wird, um einen PKW zu entwenden. Die Frage bejaht der BGH nun am Rande und es zeigt sich, dass es juristisch einen Unterschied macht, ob das Signal aktiv verwendet oder nur passiv gestört wird.
„BGH: Besonders schwerer Diebstahl durch Verlängerung von Keyless-System“ weiterlesenDigitale Beweismittel
Digitale Beweismittel: Wie geht man mit digitalen Beweismitteln (richtig) um? Diese Frage ist allgegenwärtig und leider kaum Gegenstand juristischer Auseinandersetzungen: Es gibt nur eine extrem überschaubare Anzahl von Aufsätzen zum Thema, gerichtliche Entscheidungen sind noch seltener. Dabei drängt sich gerade mit der zunehmenden Digitalisierung des Prozesswesens diese Frage auf.
Vor allem eine Frage ist inzwischen ebenso drängend wie vollkommen aus dem Fokus geraten: Was ist ein digitales Beweismittel? In diesem Beitrag gehe ich auf die wesentlichen Problembereiche rund um digitale Beweismittel ein, ich widme dabei einen wesentlichen Teil meines Alltags rund um technische und rechtliche Fragen von IT-Forensik und digitaler Beweismittel.
„Digitale Beweismittel“ weiterlesenVerkehrsunfall: Geschädigter darf Kfz-Schaden nach den in Markenwerkstatt anfallenden Reparaturkosten berechnen
Wer unverschuldet in einen Verkehrsunfall verwickelt wird, muss sich zur Reparatur seines Pkws von der gegnerischen Haftpflichtversicherung nicht auf irgendeine Fachwerkstatt verweisen lassen. Vielmehr kann er die Reparaturkosten nach den Sätzen berechnen, die in einem markengebundenen Kfz-Betrieb anfallen.
Wettbewerbsrecht: Unternehmen haften für Wettbewerbsverstöße der Mitarbeiter (§8 II UWG)
Es gibt im UWG eine Regelung im §8 II UWG, die in der heutigen digitalen Zeit den Alltag für Unternehmen unheimlich schwer macht. Dort liest man:
Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.
§8 Abs.2 UWG
Das bedeutet im Wettbewerbsrecht eine verschuldensunabhängige Zurechnung dessen, was der Mitarbeiter getan hat – selbst wenn das Unternehmen davon gar nichts wusste oder es auch ausdrücklich gar nicht wollte. Aktuelle landgerichtliche- und BGH-Rechtsprechung zeigen die Problematik auf. Ein kurzer Überblick.
Autohaus: Vertragsstrafe nach Abmahnung wegen irreführender Werbung verwirkt
Abmahnungen sind ein Alltags-Phänomen und auch Autohäuser können hier gut mithalten: Wir erinnern uns, dass so manches Autohaus eine Zeit lang keine Werbeanzeige schalten konnte, ohne kurz danach eine Abmahnung erhalten zu haben. Über die konkrete Gestaltung, missverständliche Angaben beim Sonntagsverkaufsverbot bis hin zu Pflichtangaben (etwa nach der Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung) lauern bei geschalteten Anzeigen in Print-Medien nicht minder viele Hürden wie für Online-Shop-Betreiber.
Beim OLG Hamm (I-4 U 58/10) erfuhr nun ein Autohaus eine regelrechte Bruchlandung.
Zur Zusicherung einer Eigenschaft einer Kaufsache
Einen interessanten Hinweis gibt das Landgericht Aachen in einer laufenden Sache bei einem Streit über einen PKW-Verkauf an die Gegenseite. Zusammengefasst lässt sich sagen: Auch wenn im Fahrzeugschein eine KW-Zahl vermerkt ist, die nur mittels eines eingebauten Chips erreicht werden kann und wenn dieser Fahrzeugschein bei den Verhandlungen über den PKW-Kauf vorlag, so ist dies dennoch keine konkludente Vereinbarung anzunehmen, dass ein solcher „Tuning-Chip“ Teil des verkauften Fahrzeugs sein soll. Denn, eine solche
[…]Eintragung im Kfz-Schein kann […] lediglich im Zweifel für die Vereinbarung einer konkreten Beschaffenheit maßgeblich sein, wenn sich aus dem Vertrag nichts anderes ergibt. Entgegen den Angaben im Fahrzeugschein wurde jedoch ausweislich des schriftlichen Kaufvertrages zwischen den Parteien ausdrücklich eine Leistungsstärke des Fahrzeugs von 132 Kilowattstunden vereinbart.
Da insofern auch bei Zugrundelegung der von der Klägerin behaupteten Tatsache, dass ihr bei den Vertragsverhandlungen der Fahrzeugschein vorgelegen hat, keine konkludente Vereinbarung über das Vorhandensein des Steuerungsgerätes gegeben ist, war der von der Klägerin zu dieser Tatsache benannte Zeuge M. entgegen der in der Berufungsbegründung geäußerten Ansicht vom Amtsgericht nicht zu vemehmen.
Im Ergebnis sollte man also, wenig überraschend, genau darauf achten, was ausdrücklich vereinbart ist. Bei einer ausdrücklichen und von einer Partei gewollten Regelung im Kaufvertrag ein andere Ergebnis durch konkludente Handlungen erzielen zu wollen ist grundsätzlich sehr dünnes Eis.
Markenrecht: Tuning-Firmen dürfen veränderten PKW mit Ursprungsbezeichnung und Zusatz anbieten
Der Bundesgerichtshof (I ZR 147/13) hat eine schon länger im Streit stehende Frage – wenig überraschend – entschieden: Tuning Firmen dürfen neben der bisherigen Originalbezeichnung eines PKW-Herstellers als Zusatz ihren eigenen Namen anbringen und dann in geeigneter Form mit beidem gemeinsam werben. Dies solange klar wird, dass es sich eben um ein getuntes Fahrzeug handelt und dass die gewählte Originalbezeichnung sich auf das Fahrzeug vor dem Tuning bezieht. Derartige Bezeichnungen dürfen dann nicht nur am konkreten Fahrzeug, sondern etwa auch in der Werbung verwendet werden:
- Eine gemäß § 23 Nr. 2 MarkenG zulässige Angabe liegt vor, wenn ein Fahrzeug (hier: Por- sche) nach seinem Inverkehrbringen von einem Tuning-Unternehmen (hier: TECHART) ver- ändert und das veränderte Fahrzeug von diesem sodann unter der Nennung der Marke des Herstellers und der Bezeichnung des Tuning-Unternehmens zum Kauf angeboten wird (hier: „Porsche … mit TECHART-Umbau“), sofern dem Verkehr durch die Angaben im Kaufange- bot deutlich wird, dass mit der ursprünglichen Herstellerbezeichnung lediglich das Fahrzeug in seinem Ursprungszustand gekennzeichnet ist (im Anschluss an BGH, Urteil vom 14. De- zember 2006 – I ZR 11/04, GRUR 2007, 705 – Aufarbeitung von Fahrzeugkomponenten).
- Bei der Prüfung der Voraussetzungen der Schutzschranke des § 23 Nr. 2 MarkenG ist zu berücksichtigen, dass den Anbietern von Tuningmaßnahmen im Interesse des freien Waren- und Dienstleistungsverkehr grundsätzlich nicht verwehrt werden kann, im Angebot der von ihnen umgebauten Fahrzeuge die Marke des Herstellers des Fahrzeugs zu nennen, das durch die Tuningmaßnahmen verändert worden ist. Dabei muss den Anbietern ein gewisser Spielraum verbleiben, um ihre Leistungen dem Verbraucher gegenüber angemessen zu prä- sentieren. Es ist weder erforderlich, dass jegliche Änderungen im Detail angegeben werden, noch muss der Anbieter ausdrücklich darauf hinweisen, dass die genannte Marke des Her- stellers nur die Herkunft des Ursprungsprodukts bezeichnet und der Hersteller mit den Um- bauten nichts zu tun hat.