Kosten einer objektiv unnützen sachverständigen Begutachtung

Vorsicht bei der Kostenlast wegen Sachverständigen im Technologie-/IT-Prozess: Auch wenn der Beklagte den Rechtsstreit gewinnt, können ihm die Kosten eines objektiv nutzlosen Sachverständigengutachtens auferlegt werden, das er durch seinen wahrheitswidrigen Sachvortrag zur angeblichen Ausstattung und/oder Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform veranlasst hat (§ 96 ZPO, vgl. OLG Düsseldorf, 2 U 14/19):

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 91a, 96, 269 Abs. 3 ZPO, wobei für den erledigten Unterlassungsteil die Kostenquote der streitigen Entscheidung gilt, weil es der Billigkeit entspricht, für die Kostenlast auf den ohne die Erledigungserklärungen zu erwartenden Prozessausgang abzustellen.

Abweichend von der Kostenverteilung nach Maßgabe des Prozesserfolges und –verlustes sind die Kosten der im Berufungsverfahren unternommenen Beweiserhebung, soweit sie im Zusammenhang mit dem zweiten und dritten Ergänzungsgutachten des Sachverständigen entstanden sind, allein von der Beklagten zu tragen, weil die betreffenden sachverständigen Ermittlungen und die damit verbundenen Gutachter- und Parteikosten maßgeblich durch deren in entscheidenden Punkten wahrheitswidrigen Sachvortrag veranlasst sind, der die Klageabweisung nicht trägt.

Der Senat macht insoweit von der in § 96 ZPO vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch, die Kosten eines ohne Erfolg gebliebenen Verteidigungsmittels derjenigen Partei aufzuerlegen, die es geltend gemacht hat, auch wenn sie (wie die Beklagte) in der Hauptsache obsiegt. Damit wird dem Sanktionscharakter von § 96 ZPO sowie dem darin zum Ausdruck kommenden Veranlasserprinzip (BGH, NJW 2019, 2464) Rechnung getragen (vgl. KG, Urteil vom 10. Februar 2021 – 25 U 160/19), welches es hier ganz besonders deshalb verbietet, die unterlegene Klägerin auch mit den unnützen Kosten der beiden letzten Ergänzungsgutachten zu belasten, weil ihre Erkenntnismöglichkeiten zur genauen Ausstattung und Funktionsweise der stationären Repeater wegen der außerordentlichen Komplexität des technischen Sachverhaltes von vornherein begrenzt waren, was der prozessrechtlichen Pflicht der Beklagten zu jederzeit vollständigem und wahrheitsgemäßem Vortrag (§ 138 ZPO) spezielles Gewicht verleiht. Betroffen von der Kostentragungspflicht der Beklagten sind die Kosten für das zweite und dritte Ergänzungsgutachten sowie die Partei- und Sachverständigenkosten für den Verhandlungstermin vom 11.08.2022.

Hinweis: Zu den Kosten von Sachverständigen siehe ausführlich Ferner in AnwZert ITR 16/2023 Anm. 2.

Freistellung von Honorar des beauftragten Sachverständigen

In Zivilprozessen, in denen es um technologiebezogene Streitigkeiten geht, kann es für alle Parteien von Vorteil sein, einen IT-Sachverständigen hinzuzuziehen. Der Grund dafür ist, dass die meisten technologischen Streitigkeiten sehr technisch und komplex sind und es für Richter und Anwälte schwierig sein kann, diese Aspekte vollständig zu verstehen und richtig zu bewerten. Insbesondere für die Vorbereitung der Klage kann es notwendig sein, Sachverständige hinzuzuziehen – aber wie sieht es mit den Kosten aus, hat man Anspruch auf Freistellung?

Nunmehr hat der Bundesgerichtshof (VI ZR 324/21) entschieden, dass, wenn der Geschädigte (hier: eines Verkehrsunfalls) vom Schädiger die Freistellung von der Honorarforderung des von ihm mit der Erstellung eines Schadensgutachtens beauftragten Sachverständigen verlangt, sich sein Anspruch grundsätzlich und bis zur Grenze des Auswahl- und Überwachungsverschuldens danach richtet, ob und in welcher Höhe er durch die gegenüber dem Sachverständigen eingegangene Verpflichtung belastet ist.

Jedenfalls in diesem Fall des Freistellungsanspruchs ist auch für die schadensrechtliche Betrachtung (§ 249 BGB) des Verhältnisses zwischen Geschädigtem und Schädiger das werkvertragliche Verhältnis (§§ 631 ff. BGB) zwischen Geschädigtem und Sachverständigem maßgeblich.

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Unfall: Unwirksame Klausel zur Abtretung an den KFZ-Sachverständigen

Sachverständiger nach Verkehrsunfall: Kfz-Sachverständige lassen sich gerne den Schadenersatzanspruch des Geschädigten abtreten, um ihren Honoraranspruch zu sichern. Die entsprechenden Klauseln sind aber nicht unbedingt belastungssicher. Inzwischen hat der BGH eine verbreitete Klausel für unwirksam erklärt.

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Bestreiten der Schadenshöhe bei unbezahlter Rechnung über Sachverständigenkosten

Der Bundesgerichtshof (VI ZR 185/16) konnte klarstellen, dass ein einfaches Bestreiten der Schadenshöhe durch den Beklagten genügt, wenn der Geschädigte lediglich die unbeglichene Rechnung über die Sachverständigenkosten vorlegt:

Den Geschädigten trifft gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB grundsätzlich die Darlegungslast hinsichtlich des oben beschriebenen erforderlichen Herstellungsaufwandes. Dieser Darlegungslast genügt der Geschädigte regelmäßig durch Vorlage einer – von ihm beglichenen – Rechnung des mit der Begutachtung seines Fahrzeugs beauftragten Sachverständigen.

Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht dann grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen (…) bildet nicht der vom Sachverständigen in Rechnung gestellte Betrag als solcher, sondern allein der von der Geschädigten in Übereinstimmung mit der Rechnung und der ihr zugrundeliegenden – vom Berufungsgericht nicht festgestellten – Preisvereinbarung tatsächlich erbrachte Aufwand einen Anhalt zur Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Der Grund für die Annahme einer Indizwirkung des von einem Geschädigten tatsächlich erbrachten Aufwands bei der Schadensschätzung liegt darin, dass bei der Bestimmung des erforderlichen Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB die besonderen Umstände des Geschädigten, mitunter auch seine mög- licherweise beschränkten Erkenntnismöglichkeiten zu berücksichtigen sind. Diese schlagen sich regelmäßig im tatsächlich aufgewendeten Betrag nieder, nicht hingegen in der Höhe der vom Sachverständigen erstellten Rechnung als solcher (…) Legt der an die Stelle des Geschädigten getretene Zessionar lediglich die unbeglichene Rechnung vor, genügt danach ein einfaches Bestreiten der Schadenshöhe durch den beklagten Schädiger oder Haftpflichtversicherer, wenn nicht der Zessionar andere konkrete Anhaltspunkte für den erforderlichen Herstellungsaufwand unter Berücksichtigung der speziellen Situation des Geschädigten beibringt.

Entgegen einer verbreiteten Rechtsprechung ist damit genau zu prüfen, ob eine Rechnung nun beglichen ist oder nicht – in letzterem Fall genügt dann ein einfaches Bestreiten der Schadenshöhe durch den beklagten Schädiger. Ausnahme: Dies gilt nicht, wenn der Gegner andere konkrete Anhaltspunkte für den erforderlichen Herstellungsaufwand unter Berücksichtigung der speziellen Situation des Geschädigten beibringt.

Landgericht Aachen: Schreib- und Fotokosten eines Sachverständigen sind zu erstatten

Das Landgericht Aachen (5 S 128/15, Vorinstanz Amtsgericht Aachen, 101 C 124/15) hat klargestellt, dass auch heute noch die Schreib- und Fotokosten eines Sachverständigen zu erstatten sind – das Amtsgericht hatte hier noch Bedenken hinsichtlich der technischen Entwicklung angemeldet:

Das Amtsgericht führt zutreffend aus, dass die Sachverständigenkosten zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gem. § 249 I BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen gehören (BGH, NJW 2014, 3151, juris-Rn. 9). Der Geschädigte kann jedoch vom Schädiger nach § 249 II 1 BGB nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zweckmäßig und notwendig erscheinen (BGH, a.a.O., juris-Rn. 15). Sind diese Kosten streitig, ist die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters (BGH, a.a.O. juris-Rn. 12).

Die amtsgerichtliche Schätzung hält – worauf die Berufung zu Recht hinweist – einer Überprüfung jedoch nicht stand, da die Schreib- und Fotokosten vollständig aberkannt wurden. Dem Amtsgericht ist zwar dahingehend zuzustimmen, dass derartige Nebenkosten durch den technischen Fortschritt immer weiter in den Hintergrund rücken, dies ändert aber nichts daran, dass derartige Nebenkosten anfallen. Dem entsprechend billigt das JVEG derartige Nebenkosten auch den gerichtlich bestellten Sachverständigen zu.

Reparaturbestätigung durch Sachverständigen – Kostenersatz?

Wenn jemand nach einem Verkehrsunfall sein Fahrzeug selber repariert und sich danach eine Reparaturbestätigung durch einen Sachverständigen ausstellen lässt – hat er dann einen Anspruch auf Ersatz dieser Kosten durch den Schädiger? Dies ist umstritten:

  • Das Amtsgericht Fulda (33 C 3/15) sieht einen Erstattungsanspruch, denn der Geschädigte hat schliesslich die Wahl wie er repariert. Ausserdem hat er ein Interesse daran, eine Bescheinigung der ordnungsgemäßen Reparatur zur Verfügung stehen zu haben, etwa falls später ein erneuter Unfall auftritt. Da die Versicherer auf ihre Daten („HIS-Daten“) zurückgreifen, würde der Geschädigte hier mit Problemen zu rechnen haben, die zu vermeiden Teil der Herstellung des Zustands vor dem Unfall ist
  • Anders sieht dies das Amtsgericht Ibbenbüren (3 C 91/15), interessanterweise mit dem gleichen Ansatz. Weil nämlich der Geschädigte die Wahl hat wie er repariert. Wenn er aber selber repariert sei dies seine eigene freie Wahl und er habe die Konsequenzen dann selber zu tragen, dies sei nicht das Problem des Schädigers.

Zwei Gerichte, zwei Meinungen – so kennt man es, darum gibt es höhere Instanzen. Die Frage bleibt aber erst einmal offen, es kommt auf die eigene Überzeugungskraft und vor allem den jeweiligen Richter an.

Verkehrsunfall: Zur Bemessung der Kosten des Sachverständigen

Wann spricht man schon über das liebe Geld – jedenfalls selten, wenn nach einem Verkehrsunfall der Sachverständige beauftragt wird und hinterher die Kosten des Sachverständigen vermeintlich zu hoch sind. Das Amtsgericht Bonn (110 C 194/15) hat sich hierzu recht umfassend geäußert und erinnert daran, dass im Zweifelsfall wenn nichts vereinbart ist, beim Werkvertrag die übliche Vergütung heran zu ziehen ist.
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